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Die schottische Rose

Die schottische Rose

Titel: Die schottische Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo MacDoherty
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wahrhaftig. Und zwar so verlockend wie die Schlange im Paradies oder wie eine der Sirenen, die einst Odysseus und seine Mannen beinahe in den Untergang gerissen hätten. Sie war sanft, klug und fraglos sehr gerissen.
    Connor hatte sie nicht nur ständig angesehen, sondern ihr auch sehr genau zugehört. Er hatte gemerkt, wie sie die anderen Chieftains mit ihrer Freundlichkeit, ihrer Schlagfertigkeit und ihrem Charme bezirzte. Sie wusste genau, wie man mit Männern umgehen musste, auch mit so rauhen Gesellen wie diesen Highlandern, die um seine Tafel saßen und einer nach dem anderen dem Charme dieser Teufelin verfielen. So wie du selbst!, höhnte eine Stimme in seinem Hinterkopf, die er jedoch augenblicklich zum Schweigen brachte.
    Der Letzte, der fiel, war William MacKenzie gewesen.
    Connor knirschte mit den Zähnen. Selbst dieser störrische, jähzornige, unduldsame Mann hatte sich in ein schnurrendes Kätzchen verwandelt, als sich Juliet an ihn gewendet und ihn mit einem koketten Augenaufschlag und einem unwiderstehlichen Lächeln darauf hingewiesen hatte, dass es nur Ausdruck seiner Souveränität und seines Edelmuts sei, wenn er die Güte hätte, sich die Vorschläge anzuhören, die der Kronprinz seinen geliebten schottischen Highlandern zu unterbreiten hätte. Und, hatte sie hinzugefügt, nichts, aber auch gar nichts mache einen Mann so anziehend wie die Kombination aus Stärke und Großzügigkeit.
    Aber nicht mit ihm. Niemals! Und das hatte nichts mit Eifersucht zu tun oder der Lust, die ihn jedes Mal heiß durchströmte, wenn er diese Frau ansah. O nein! Es war eine Frage der Ehre. Jawohl, der Ehre, verdammt! Dabei spielte es keine Rolle, dass Juliets Vorschläge durchaus vernünftig klangen. Oder dass sie, wie sie zugegeben hatte, im Auftrag ihrer Kusine handelte, Joan Beaufort, der Gemahlin des Kronprinzen!
    Mit diesem Eingeständnis hatte sie alle an der Tafel überrascht, alle, bis auf Connor. Jedenfalls redete er sich das ein. Er hatte schließlich von Anfang an gemutmaßt, dass diese Frau etwas verbarg, und jetzt hatte sie es selbst zugegeben! Leider hatten ihre Worte nicht die Wirkung auf seine Freunde, wie Connor sich das gewünscht hätte. Im Gegenteil. Offenbar stieg Juliet noch in der Achtung der Männer und …
    »Connor?«
    »Hm?« Connor fuhr hoch und begegnete Sir Angus’ fragendem Blick. Im nächsten Moment war ihm klar, dass alle auf seine Antwort warteten. Und ebenso klar war, dass er sich kaum gegen Juliets Argumente stellen konnte, ohne das Unverständnis seiner Freunde zu ernten.
    Reiß dich zusammen!, befahl er sich. Benimm dich wie ein Clanführer! Connor atmete einmal tief durch und legte die Hände flach auf den Tisch. Langsam stand er auf, sah die Chieftains der Reihe nach an und vermied es geflissentlich, Juliet eines Blickes zu würdigen. Schließlich blieb sein Blick an Sir Rupert und Aylinn hängen. Großartig! Seine düstere Miene hellte sich auf. Der Stewart und die Tochter des Herzogs würden ihm den Vorwand liefern, den er brauchte, um sein Gesicht zu wahren und Juliet eine Lektion in Diplomatie zu erteilen!

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9. Kapitel
    Z iemlich beeindruckend, meine kleine Ballade von der Nymphe und dem Kentauren, findest du nicht?«
    Buffon O’Dermick hatte es sich nicht verkneifen können, an der Tafel in der Großen Halle eine von ihm selbst verfasste, höchst anzügliche Ballade über die Begegnung eines Kentauren mit einer Nymphe an einem verwunschenen Elfenteich zum Besten zu geben. Natürlich hatten Connor und auch Juliet sofort begriffen, auf wen er anspielte. Doch er hatte geflissentlich die drohenden Blicke Connors und den entgeisterten Gesichtsausdruck Juliet de Germonts ignoriert und stattdessen den begeisterten Beifall der anderen Gäste genossen. Jetzt verzog er jedoch missbilligend das Gesicht, als er keine Antwort erhielt. »Den meisten Zuhörern hat sie jedenfalls gefallen, wenn ich das bemerken darf. Vor allem die Stelle, an der die hübsche Nymphe sich schmachtend in die muskulösen Arme des lüsternen Ken…«
    »Es reicht, Buff!«
    Buffon O’Dermick ließ sich in den Lehnstuhl vor dem Kamin sinken, in dem ein munteres Feuerchen prasselte und die Kälte vertrieb, die zur einbrechenden Nacht aus den kahlen Felssteinen des achteckigen Zimmers im Nordturm sickerte.
    »Wirklich eine Schande«, sagte er dann. »Da bemüht man sich, euch barbarischen Schotten etwas Kultur nahezubringen, und was man als Dank dafür zu hören bekommt, ist nur eine rüde Beschimpfung.«

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