Die schottische Rose
festgesteckt hatte. Sie schimmerten feucht und hingen ihm über die Schultern und wirr in die Stirn, als er sich auf einen Arm neben sie abstützte und sanft mit einem Finger ihren Kopf zu sich drehte. Juliet schlug die Augen auf und erschrak vor der Intensität seines Blickes. Sie wollte nicht reden, sie wollte keine Fragen stellen, und sie wollte auch keine beantworten. Sie wusste, dass dieser Moment, diese Intensität, diese Intimität nicht anhalten würde und auch nicht anhalten durfte. Aber sie wollte ihn so lange genießen, wie sie konnte. Sie wollte sich so lange genießen, wie sie konnte. Sich selbst und Connor. Der Mann von allen Männern, der so unberührbar schien und doch der Einzige war, der sie hatte berühren können.
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12. Kapitel
H örst du mir eigentlich zu, Juliet?« Nanette DeFleurilles musterte ihre Freundin mürrisch und schüttelte den Kopf, als Juliet diese alberne Melodie weitersummte, die dieser Ollave gestern Abend bei der Tafel gesungen hatte. Im selben Moment stöhnte sie schmerzerfüllt auf und tastete nach der Lehne des Stuhls, neben dem sie stand. Ihr schwindelte und ihr Kopf fühlte sich an, als wäre ein Hufschmied dabei, die Eisen für ein ganzes Schwadron schwerer Kavallerie zu beschlagen. Sie seufzte und ließ sich vorsichtig auf den Stuhl sinken.
Juliet stand am Fenster des Gemachs ihrer Freundin, dessen Läden sie weit aufgerissen hatte, um die, wie Nanette fand, unerträglich helle Morgensonne hereinzulassen. Jetzt breitete sie die Arme aus und wirbelte herum. »Was für ein herrlicher Morgen!«, sang sie und lachte. »Findest du nicht, Nanette?«
Nanette blinzelte in Richtung Fenster. Wenigstens schaukelte es nicht mehr so heftig hin und her. Aber die Sonne schien ihr durch die Pupillen bis ins Hirn zu stechen, und sie hob die Hand vor ihr Gesicht, um sie auszublenden.
»Merde!«, fluchte sie höchst undamenhaft und gestikulierte mit der anderen Hand in Richtung ihrer Freundin. »Mach das wieder zu, bitte!«, krächzte sie. »Oder willst du mich umbringen?«
Jetzt endlich bemerkte Juliet den kläglichen Tonfall ihrer Freundin und drehte sich ganz zu ihr herum. »Was ist denn mit dir los?« Ihr Blick fiel auf das kleine Tischchen und die Karaffe, in der Nanette gestern von einer Magd eine gehörige Portion Whisky gebracht worden war. Sie war leer, und der kleine, zierliche Kelch lag auf dem Boden darunter.
Juliet lachte, als sie den Grund für den Zustand ihrer Freundin begriff, aber dann überwog das Mitleid. Sie trat von dem kleinen Podest vor dem Fenster herunter und eilte an die Seite Nanettes.
»Ich verstehe. Das Wasser des Lebens, richtig? Du solltest eigentlich wissen, dass zu viel des Guten auch schädlich sein kann.« Noch während sie das sagte, errötete sie, als sie an die letzte Nacht dachte. Connor und sie hatten sich noch zweimal geliebt, bis er im Morgengrauen wie ein Dieb aus ihrem Gemach geschlichen war, den blutbefleckten Quilt unter dem Arm.
Sie war nicht sofort eingeschlafen, sondern hatte bis zum ersten Hahnenschrei wach gelegen und ausgekostet, wie sich ihr Körper angefühlt hatte. Sie war wund, die intime Stelle zwischen ihren Beinen schmerzte, ihr Busen reagierte gereizt selbst auf die Seide ihres Untergewands, und ihre Lippen brannten immer noch von seinen Küssen. Und dennoch … wäre Connor noch einmal aufgetaucht und hätte sie begehrt, hätte sie sich ihm augenblicklich wieder hingegeben.
Nanettes Seufzen unterbrach Juliets wohlige Erinnerungen. »Verdammt! Ich trinke nie wieder einen Schluck von diesem Teufelszeug«, stieß sie hervor. »Wasser des Lebens. Dass ich nicht lache! Dieses Zeug taugt nicht einmal zu medizinischen Zwecken. Man sollte es nur äußerlich anwenden! Oder es seinen Feinden servieren, um sie zu foltern!«
Juliet lachte und trat an eine Truhe, auf der eine Karaffe mit Wasser und einige Becher standen. »Hier, trink einen Schluck von dem wahren Wasser des Lebens«, meinte sie, füllte einen Becher und brachte ihn ihrer Freundin. »Und dann lass uns frühstücken«, fuhr sie fort, als Nanette den Becher nahm und gierig trank. »Danach wirst du dich besser …«
»Niemals!« Nanette wurde leichenblass und starrte ihre Freundin entsetzt an. »Ich kriege keinen Bissen herunter!«
Juliet musterte sie forschend. »Du solltest wirklich mit hinunterkommen. Ich bin sicher, dass eine Schüssel Haferschleim …«
»Genug!« Nanette hielt sich die Hand vor den Mund und sah sie böse an. »Hör sofort auf damit, und
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