Die schottische Rose
Aylinn kalt an. »Nun, danke für Euer Mitgefühl, Milady. Aber …«
»Ich bin hier, um Euch zu warnen.«
»Mich warnen?« Sir Archibald hob verblüfft die Brauen. »Die Warnung kommt ein wenig spät, meint Ihr nicht?«
Aylinn ließ sich nicht beirren. »Eigentlich wollte ich Connor warnen. Mein Vater …« Sie zögerte.
»Was?«, fuhr Sir Archibald sie an. »Was ist mit Eurem Vater! Nun redet schon!«
»Er … er hat ein Kopfgeld auf Connor McPherson ausgesetzt. Wegen dieses Überfalls auf dem Carn Glaschoire. Er … er behauptet, dieser Hinterhalt wäre von Connor und seinem Bruder Hamish ausgeheckt worden. Er hat Boten zu allen Clans geschickt, und er hat auch Leute hierher entsendet, um Connor zu suchen und Euch mitzuteilen, dass jeder Chieftain ihn ausliefern muss, falls er bei ihm Unterschlupf sucht. Connor McPherson gilt als vogelfrei.«
»Vogelfrei?« Juliet wurde blass. »Aber … aber das kann er nicht …«
»Doch, das kann er«, unterbrach Sir Archibald sie.
Aylinn nickte. »Er … hat Robert Stewart verständigt. Der Statthalter hat das Ersuchen meines Vaters bestätigt. Connor ist vogelfrei. Seine Burg und seine Güter werden ihm weggenommen und fallen an die Krone.«
»Was?« Juliets helle Stimme mischte sich in den Bass von Sir Archibald.
»Das ist ungeheuerlich!«, dröhnte Sir Archibald. »Ohne Prozess vor dem Rat …«
»Robert Stewart hat ein entsprechendes Dekret erlassen. Seine Leute sind bereits nach Mandrake Manor unterwegs, um alle Clanmitglieder zu verhaften, die sich dort aufhalten.«
Juliet spürte, wie eine eisige Hand nach ihrem Herzen griff. »Aber Lady Elizabeth … Rianna …«
Sir Archibald presste die Lippen aufeinander. »Euer Vater hat mir einen Brief geschrieben, in dem er mich vor diesem Überfall gewarnt hat«, sagte er grollend. »Leider war der Bote, der mir den Brief überbrachte, der Anführer der Leute, die den Überfall begangen haben! Wisst Ihr vielleicht, was ich davon halten soll?«
Aylinn schluckte. »Ich … ich weiß nur, dass Hamish auf Campbell House war und mein Vater ihm den Brief übergeben hat. Er ist …« Sie erinnerte sich an die Soldaten, die Hamish gefolgt waren. Ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Als Sir Rupert ihr an diesem Morgen seine bösen Vorahnungen mitgeteilt hatte, hatte sie ihm nicht geglaubt. Aber jetzt … Wie konnte ihr Vater so etwas tun? Oder war es doch Hamishs Idee gewesen? Sie kannte Connors jüngeren Bruder nicht gut, aber sie bezweifelte, dass er zu einer solchen Tücke fähig war.
Sir Archibald nickte, und seine Miene wurde sanfter. »Verstehe. Ich verlange von Euch nicht, dass Ihr schlecht über Euren Vater redet. Aber Hamish McPherson …«
Juliet erinnerte sich an Hamishs entsetztes Gesicht, als er die Pfeile kommen sah. Furcht hatte in seiner Miene gelegen, Furcht und … eine grenzenlose Überraschung.
»Ich glaube nicht, dass Hamish der Schuldige ist«, sagte sie. »Ich habe ihn gesehen, wie ich Euch ja schon sagte. Er …«
»Wenn nicht er, wer dann?« Sir Archibald wandte sich an Aylinn. »Ihr solltet uns verlassen, bevor die Leute Eures Vaters eintreffen, Milady.« Er zögerte einen Moment, dann neigte er kurz den Kopf. »Ich … danke Euch für Euer Kommen. Es scheint so, als hätte wenigstens einer aus dem Haus Albany noch einen Funken Ehre im Leib. Von den Stewarts ganz zu schweigen.«
»Oh, was die Stewarts angeht …« Aylinn errötete, als sie Sir Archibalds Blick auf sich spürte. »Sir Rupert …«
»Ja, was ist mit ihm?«
»Sir Rupert von Atholl ist heute Morgen in aller Frühe nach Mandrake Manor geritten.«
Sir Archibald lachte trocken. »Zweifellos, um Lady Elizabeths Gesicht zu sehen, wenn sie erfährt, dass sie im Auftrag des Herzogs unter Arrest gestellt wird, dass ihr jüngster Sohn ein Verräter und tot ist, ihr Ältester zum Vogelfreien und Gesetzlosen erklärt wurde und sie alles verliert, was sie besitzt, und es dann seinem Onkel brühwarm zu schildern.«
Aylinn schüttelte heftig den Kopf, und ihre grünen Augen funkelten, als sie Sir Archibald ansah. »Nein, Sire«, widersprach sie. »Das glaube ich nicht. Das glaube ich ganz und gar nicht. Als mein Vater den Boten mit seinem Ersuchen an Robert Stewart losschickte, habe ich mit Sir Rupert gesprochen. Die Leute von Robert Stewart treffen frühestens heute Abend auf Mandrake Manor ein.« Sie lächelte kühl. »Es sollte mich nicht wundern, wenn sie niemanden mehr vorfinden, den sie vertreiben oder in
Weitere Kostenlose Bücher