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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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Grund für die Annahme, dass es passiert ist. Der Onkel ist tot, ich kann ihn also nicht mehr damit konfrontieren. Wirklich schade. Na ja, vielleicht ist es gar nicht so schade – das Totsein meine ich –, nach allem, was er getan hat.«
    »Vorsicht, Detective. Sie müssen Ihre Gefühle außen vor halten. Ich kenne Fälle von Polizisten, die sich mit Verbrechensopfern identifiziert haben, und das ist schlimm genug. Aber es ist absolut kontraproduktiv, wenn Ihnen das mit einem Verbrecher passiert.«
    Ich antwortete nicht sofort, weil ich erst überlegen musste – was empfand ich wirklich für Wilbur Durand? Eine komische Mischung aus Widersprüchlichkeiten – ich verabscheute ihn und war fasziniert von ihm, und manchmal beides in einem Gedanken.
    »Sie haben Recht«, sagte ich, »und ich weiß es. Ich hasse es – einerseits tut mir der Kerl Leid wegen all der schlimmen Dinge, die ihm als kleinem Jungen passiert sind, und andererseits bin ich mir fast hundertprozentig sicher, dass er ein Monster der schlimmsten Sorte ist. Wie erbärmlich mir das alles vorkommt.«
    »Es ist absolut nicht erbärmlich, sondern nur natürlich, Mitleid mit jemandem zu haben, der so viel durchgemacht hat wie dieser Kerl. Wenn er nicht zum Pädophilen geworden wäre, wenn er Klempner oder sonst was geworden wäre, dann würden Sie ihm auf den Rücken klopfen, weil er sein Leben so gut in den Griff bekommen hat. Dass er überhaupt überlebt hat. Die Ironie dabei ist allerdings, wenn er sich zu einem normalen Mann entwickelt hätte, zumindest an der Oberfläche, dann hätten wir wahrscheinlich nie erfahren, was er als Kind durchgemacht hat.«
    »Wie kann man das alles durchmachen und nicht durchdrehen? «
    »Manche schaffen das. Sie entwickeln die erstaunlichsten Bewältigungsmechanismen.«
    »Warum dann Durand nicht?«
    »Hat er vielleicht sogar. Vielleicht hätte er noch ein viel schlimmeres Monster werden können. Sehen Sie, ich verstehe, was Sie empfinden. Wenn ich mir solche Leute betrachte, denke ich mir immer, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass mein Leben nicht so verlaufen ist. Aber diese Typen sind Mörder, kaltblütige Mörder. Was ihnen passiert ist, ist tragisch, aber ihre Taten sind trotzdem unentschuldbar.«
    Ich wusste, in dem Augenblick, da ein Anwalt aufstand und von all dem zu reden anfing, würde ich ihm am liebsten die Kehle herausreißen. Eine gute Jury würde einen solchen Anwalt ignorieren, falls genügend Beweise vorlagen; in diesem Fall war es aber nicht so, zumindest jetzt noch nicht.
    »Sheila Carmichael wird einen psychologischen Gutachter für die Verteidigung finden, der aussagen wird, dass jemand es hätte kommen sehen und etwas dagegen unternehmen müssen, und dass man ihn für sein Verhalten nicht verantwortlich machen kann, weil keiner ihm geholfen hatte, als es noch etwas bewirkt hätte«, sagte Doc.
    »Nicht, wenn ich sie zuerst erschieße.«
    »Lany. Das ist neu.«
    »Ich weiß, Entschuldigung. Ich hab’s nicht so gemeint.«
    Er wirkte nicht sehr überzeugt.
    Ich sagte: »Warum hat sie es nicht bemerkt? Sie ist doch seine Schwester.«
    »Sie wird sagen, dass sie damals bereits aus dem Haus war.«
    »Na ja, das dürfte auch stimmen – bei ihnen besteht ein Altersunterschied von zehn Jahren.«
    »Und außerdem ist es ja nicht so, als hätten wir das nicht alles schon gehört«, sagte er. »Wissen Sie, die Psychologie bezieht ja immer noch Prügel, weil sie angeblich eine unexakte Wissenschaft ist. Einige Leute halten sie überhaupt nicht für eine Wissenschaft, sondern nur für einen Haufen manipulatives Gewäsch.«
    »Lassen Sie mich raten – die Paranoiker.«
    Er lachte, zumindest klang es so ähnlich. »Und die Schizophrenen. Aber die Gesellschaft verlangt noch immer von uns, dass wir voraussagen, wer irgendwann durchdrehen wird.« Er klopfte mit der Hand auf den Aktenorder mit Notizen, den er im Verlauf unserer Gespräche angesammelt hatte. »Alles, von dem wir glauben, dass es einen Serienpädophilen produziert, ist hier drinnen. Wir hätten vielen Menschen viel Leid ersparen können, wenn wir Wilbur Durand schon als Jugendlichen analysieren und dann die eindeutige Aussage hätten treffen können, dass man ihn aus Gründen der öffentlichen Sicherheit für den Rest seines Lebens wegsperren muss. Aber stellen Sie sich mal den Aufwand und die Kosten vor, jedes Kind auf Prädikatoren für spätere Pädophilie hin untersuchen zu lassen, und den empörten Aufschrei von Bürgerrechtlern. Das

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