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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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ist einfach nicht zu machen – wir können nicht jeden einsperren, der auf Kinderpornographie fixiert ist, nur weil er irgendwann zur nächsten Stufe übergeht.«
    Er hatte Recht. Wilbur Durand war schon vor langer Zeit zu dieser nächsten Stufe übergegangen und schnappte sich jetzt echte Kinder und tötete sie. Als ich das begriff, verflüchtigte sich bei mir jedes Mitleid. Ich stand auf und ging herum. »Es muss doch irgendwo im Nordatlantik eine öde Insel geben, wo wir sie alle für eine Weile hinschaffen können, um festzustellen, ob das bei der Pädophilie-Quote einen Unterschied macht. Oder auf irgendeinen Archipel vor Sibirien.«
    Doc hörte die tiefe Verbitterung in meiner Stimme. »Sie sind ein bisschen mehr als frustriert bei diesem Fall, nicht?«
    »Mir wird langsam die Zeit knapp. Und ihm nicht.«
     
    Ein Hoch auf den Richter. Ein Hoch auf den Staatsanwalt. Der Suchbefehl nach den Museumsbändern wurde noch an diesem Nachmittag ausgegeben.
    Und Fred Vuska war endlich bereit, mir Unterstützung zu geben. Er hatte eigentlich keine andere Wahl, da der Richter von dem Fall so überzeugt war, dass er offizielle Aktionen gegen den Verdächtigen genehmigte. Und ich allein konnte nicht gleichzeitig zwei Lokalitäten durchsuchen – wichtig an der Sache war, dass wir an beiden Orten gleichzeitig auftauchten, irgendjemandem den Durchsuchungsbefehl unter die Nase hielten und alles auf den Kopf stellten, bevor irgendetwas beiseite geschafft oder versteckt werden konnte.
    Wir würden also simultan vor dem Haus und vor dem Studio aufkreuzen. Ich würde das eine Team leiten, Escobar das andere. Es war zwar nicht vorauszusagen, wo sich Durands Wäscheschublade befand, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass für ihn dies alles ein kreativer Prozess und das Studio sein kreatives Zentrum war. Liebe und Arbeit, nicht? Die beiden Dinge, die die Leute wirklich antreiben. Und wir hatten es mit einem Kerl zu tun, der beides auf eine höchst perverse Art verband.
    Das Studio lag am hintersten Ende einer rückwärtigen Parzelle der Apogee Studios, weit weg also von der Route der Touristentrambahn. Ich hatte unscharfe Fotos des Gebäudes in einigen Boulevardblättern gesehen, die berichteten, dass schwarze Magie und okkulte Rituale zum Alltag des Studios gehörten, neben Besuchen von Außerirdischen, deren spitzköpfige Fotos offensichtlich und mit lachhafter Ungeschicklichkeit einfach hineinkopiert waren.
    Allmählich klang das alles für mich durchaus möglich.
    Das Gebäude war ein großer, rechteckiger Schandfleck mit Flachdach, umgeben von einer Asphaltwüste. Als ich darauf zufuhr, machte meine Aufregung Nervosität Platz. Es war so kahl und öde, völlig abweisend. Es gab kein Grün um diese Festung, Wilburs Königreich, das er mit Sicherheit verteidigen würde. Ich stellte mir Töpfe mit kochendem Wasser vor, die in sechs Metern Abstand am Rand des Daches standen, dahinter Krieger ohne Gesichter, die nur darauf warteten, heißen Tod auf jeden zu kippen, der zufällig vorbeikam.
    Der Empfangsbereich war ähnlich ungastlich – wobei Durand es wohl nicht nötig hatte, irgendjemanden zu beeindrucken, um Aufträge an Land zu ziehen. Wir waren durch eine schwere Glastür hereingekommen, die der einzige Eingang zu sein schien. Das überraschte mich; die meisten dieser Studiogebäude haben große Gleittüren, und oft stehen sie weit offen, damit man hineinsehen kann. Nicht so bei Durands – es war von Metall und Beton förmlich umhüllt.
    Wir marschierten mit unseren Marken und dem Durchsuchungsbefehl in der Hand hinein.
    »Wir suchen Wilbur Durand«, sagte ich.
    Ein kalter Starrblick von einem jungen männlichen Assistenten.
    »Tut mir Leid, aber er ist nicht hier.«
    Wir stürmten einfach an ihm vorbei; Spence kicherte richtig. Der junge Mann griff zum Telefon, während wir durch die Tür in den eigentlichen Arbeitsraum gingen, wo wir unvermittelt stehen blieben.
    »O Mann«, sagte Spence und sah sich um.
    Es war Disney World, ein Museum, eine Szene aus Alice im Wunderland, alles auf einmal. Überall an den Wänden hingen Masken und Körperdoubles für all diese Figuren, die wir alle kennen. Reproduktionen von Köpfen und zerfetzten Halsansätzen von berühmten Schauspielern waren in einem Schaukasten gleich hinter der Tür ausgestellt. Von der Decke hingen Plastik-Aliens, verstümmelte Arme, blutige Bein- und Armstümpfe.
    Es war eine überwältigende Ansammlung von Zeug, und wir mussten uns durch alles durchwühlen.

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