Die Schreckenskammer
Schließlich bemerkte Spence: »Der Kerl ist anscheinend in seine eigene Arbeit verliebt.«
»Ich glaube, genau darum geht’s in diesem Fall.«
Überall waren falsche Gesichter, Masken mit Haarteilen an Stirn und Schläfen, die sich perfekt in die echten Haare des Schauspielers einfügen sollten. Der Traum eines jeden Kopfjägers. Unter einer langen Theke Kisten voller Sachen, die kein normaler Mensch je aufheben würde. Schuhbänder, Handschuhe, Gürtel und Schinne, alles penibel sortiert, sogar nach meinem zwanghaften Maßstab – Körbe voller Perücken und Haarteile, Harpo-Haare, Marylin-Haare, Moe-Haare. Ich nahm einen dieser Mopps zur Hand und schnupperte daran – es roch nicht wie echtes Haar, aber es war auf jeden Fall nicht dieses glänzende Vinyl-Zeug, das man bei Puppen verwendet. Es gab Reihen um Reihen von Regalen, die mich ein wenig an riesige Gewürzregale erinnerten, doch diese enthielten Make-up, Hunderte von kleinen Flaschen, jede mit einer anderen Tönung. Und große Klumpen Ton – ich vermute, es war Ton, zumindest sah es so aus – auf jedem der Tische. Es hätte auch eine Art Plastilin sein können, dem Geruch nach. Es gab jede Hautfarbe, die man sich vorstellen konnte, in unterschiedlichen Schattierungen.
Wir fotografierten alles. Der Durchsuchungsbefehl gestattete das Fotografieren zwar nicht ausdrücklich, und es hatte in jüngster Zeit Fälle gegeben, in denen Fotos, die ohne ausdrückliche Anordnung gemacht worden waren, vor Gericht nicht zugelassen wurden, aber das war mir egal. Wenn wir die Fotos vor Gericht verwenden konnten, toll, wenn nicht, dann eben nicht. Wenigstens hatten wir so Material zur Stützung unserer eigenen Erinnerungen.
Stapel um Stapel von Kisten, so viel Zeug, dass man hindurchwaten musste – ich fragte mich langsam, ob wir alles durchsuchen konnten, bevor Durands Anwalt es schaffte, uns von hier zu verscheuchen. Es gab so viel zu sehen; ich musste mich selbst und die anderen daran erinnern, dass wir speziell wegen der Bänder hier waren. Wir konnten natürlich auch anderes eindeutig belastendes Material mitnehmen, aber an diesen Wänden hingen keine wirklichen Verbrechen, nur deren Nachbildungen. Von den Videos abgesehen, wussten wir nicht, wonach wir suchen sollten.
Ungefähr dreißig Minuten nach Beginn unserer Suche rief einer der Jungs mich zu einem Karton, den er in einem Wandschrank an der Rückwand des Studios entdeckt hatte. Er war fest mit Klebeband verschlossen, aber als er ihn öffnete, fand er ihn gesteckt voll mit Bändern, die den Namen von einem von Durands Filmen trugen, viel mehr Kassetten, als man für einen einzigen Film erwarten würde. Ich nahm eine heraus und las das Etikett – es war beschriftet mit einem Datum vom Beginn der Ausstellung. Dann nahm ich einige andere zur Hand, die ich willkürlich aus verschiedenen Ecken des Kartons herausfischte – sie alle passten in den Zeitraum der Ausstellung.
Mein Herz klopfte, als würde es mir gleich aus der Brust springen.
Ich fing an, sie zu zählen, weil wir ein Verzeichnis aller beschlagnahmten Gegenstände aufstellen müssen und ich einfach nicht wusste, was ich sonst mit der Energie anfangen sollte, die mich durchströmte. Bei Nummer neunundzwanzig wurde mir bewusst, dass ein neuer Mitspieler die Bühne betreten hatte: ein Anwalt in karierter Bundhose und mit höchst aufgebrachter Miene, den man offensichtlich vom Golfplatz geholt hatte.
Er fing sofort zu toben an, dass er eine einstweilige Verfügung bezüglich allem, was wir beschlagnahmten, erwirken werde.
Ich ging zu ihm und sagte sehr höflich: »Lassen Sie sich nicht aufhalten.« Ich zeigte ihm den Durchsuchungsbefehl. »Wir haben die eindeutige Befugnis, diese Überwachungsbänder und alles andere, was Ihren Mandanten in einer Reihe von Kindsentführungsfällen belasten könnte, zu beschlagnahmen.«
Er ließ sich davon nicht beeindrucken. »Das sind doch keine Überwachungsbänder«, höhnte er. »Sehen Sie sich die Beschriftung an.«
»Ich bin der Ansicht, dass sie mit Absicht falsch beschriftet wurden. Ihr Mandant kann sie zurückbekommen, wenn wir mit ihnen fertig sind, und wir werden sehr darauf achten, sie in keiner Weise zu beschädigen, aber sie sind gerichtlich angeforderte Beweismittel, und wir werden sie mitnehmen, ob es Ihnen passt oder nicht.«
Die Antwort war ein kalter, böser Blick. Ein Handy kam zum Vorschein. Der Anwalt wandte sich ab und wählte im Gehen.
Es hätte mich sehr gefreut, wenn Wilbur Durand
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