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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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unserem Bruder Simon Loisel ging, um die Kommunion zu empfangen. Er kniete sich hin und erwartete die Hostie mit auf die gefalteten Hände gesenktem Blick.
    Jean de Malestroit wirkte unbewegt und kalt, steif sah er zu, wie Loisel das Heilige Brot auf die Zunge des Marschalls von Frankreich legte. Das Gesicht meines Bischofs zeigte eine Härte, die ich zuvor darin niemals gesehen hatte. Er konnte gerissen sein, wenn es erforderlich war, und oft zeigte er Geringschätzung für die vielen, die er hatte übertölpeln können, aber selten hatte ich auf seinem Gesicht einen so vernichtenden Ausdruck des Abscheus gesehen, wie er ihn jetzt trug. Ich konnte nicht umhin, mich zu fragen, was er in diesem Augenblick wohl dachte.
    Ich beschloss, ihn später danach zu fragen, wenn die Faszination und Aufregung der erstaunlichen Ereignisse dieses Tages sich schließlich gelegt hätten.
    Doch dazu sollte es nie kommen.

8
    Die Steppschuhe meiner Tochter hatte ich brav abgeliefert. Als ich danach an meinen Schreibtisch zurückkehrte, starrte ein Zettel mich an. Darauf stand in Freds kleiner, fahriger Handschrift ein Name, gefolgt von den Worten Ellen Leeds’ Anwalt. Das letzte Wort war unterstrichen.
    Ich warf einen Blick aufs Telefon. Das AB-Licht blinkte nicht. Aus irgendeinem Grund hatte der Anwalt mich übergangen und sich direkt an Fred gewandt.
    Kaum hatte ich sein Büro betreten, sagte er: »Wie’s aussieht, haben Sie ein kleines Problem, Dunbar. Der Typ rief vor einer Weile an und meinte, mit ihr bräuchten wir gar nicht mehr zu reden. Er kreischte etwas von einer Zivilklage, nachdem wir ›den wahren Täter gefangen haben‹. Warum haben Sie mir nicht gesagt, dass Sie die Mutter in Verdacht haben?«
    Auf mein momentanes Schweigen sagte er nur: »Reden Sie.«
    Ich berichtete ihm, was Mrs. Paulsen gesagt hatte, und erläuterte dann die Zwiespältigkeit von Ellen Leeds’ Alibi. »Der Ex hatte ’ne ziemlich rote Birne, als er von hier wegging, um zu ihrer Wohnung zu fahren. Er hat mich runtergeputzt und ist dann rausgestürmt. Die beiden reden noch miteinander, und ich schätze, er hat ihr einfach gesteckt, dass ich klang, als würde ich sie verdächtigen.«
    »Vielleicht hat er sich ja dieselbe Frage gestellt«, meinte Fred.
    »Das glaube ich nicht. Er hat sie ziemlich heftig verteidigt.« Ich setzte mich. »Aber wissen Sie was? Bis vor kurzem war ich fast so weit, ihr die Handschellen anzulegen. Aber jetzt habe ich wieder meine Zweifel. Irgendwas stimmt hier nicht.«
    »Aber was? Sie haben eine Zeugin, die den Jungen in das Auto der Mutter hat einsteigen sehen, und es gibt Probleme mit ihren Angaben, wo sie war, als es passierte.«
    »Ja, ich weiß. Aber für mich ist sie einfach nicht der Typ dafür.«
    »Ach, kommen Sie, Lany. Nüchterne Betrachtung der Beweislage. So treffen wir hier Entscheidungen, wissen Sie noch?«
    »Ich weiß, ich weiß. Aber die alte Dame – ich weiß einfach nicht so recht, was ich mit ihren Angaben anfangen soll.«
    »Ist sie senil?«
    »Nein, eigentlich nicht. Sie führte mit mir ein vernünftiges Gespräch und war in dem Moment sehr klar. Es sind die anderen Momente, die ein Problem werden könnten. Nette ältere Dame, vielleicht ein bisschen neugierig, wirkt aber sehr glaubwürdig. Eine Zeugin, wie man sie sich nur wünschen kann, bis auf das Alter. Vor Gericht könnte sie zum Kanonenfutter für den Verteidiger werden.«
    »Wenn wir je so weit kommen.«
    Ich konnte ihn fast denken hören. Bei dem Tempo, das Sie vorlegen, ist sie bis dahin eh schon tot.
    Er sagte: »Nimmt sie irgendwelche Medikamente?«
    »Ich habe sie nicht gefragt.«
    »Warum nicht?«
    »Ich versuche, eine Vertrauensbeziehung zu ihr aufzubauen. Und so etwas fragt man eine ältere Dame nicht gleich an der Tür. Ich kann mir vorstellen, dass sie das als unhöflich betrachten würde. Sie mag mich, das glaube ich zumindest, aber ich weiß nicht so recht, inwieweit sie mir traut.«
    »Sie haben die Erlaubnis der Leute, gewissermaßen als deren Angestellte, unhöflich zu sein. Genau genommen verlässt der Steuerzahler sich darauf, dass Sie sich in seinem Namen so verhalten. Rufen Sie sie an, und stellen Sie ihr die gleichen Fragen, die ein Verteidiger stellen würde.«
    »Wenn Sie was nimmt, dann habe ich nichts mehr außer der Jacke. In welche Richtung soll ich dann weitermachen?«
    »Keine Ahnung. Ich bin nur Kontrolleur. Ich delegiere die Probleme an Sie, die Detectives.«
    »Dann üben Sie Ihre Kontrollfunktion aus. Sagen

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