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Die Schreckenskammer

Titel: Die Schreckenskammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Benson
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die Stimme. »Man spricht sogar von widernatürlicher Unzucht in diesem Haufen.«
    »Genug!«, schrie ich beinahe. »Wie könnt Ihr, die Ihr auf Gerede nicht das Geringste gebt, so etwas sagen, vor allem zu mir?«
    »Ihr vor allen Leuten wisst, wie sehr ich die Wahrheit ehre«, sagte er leise. »Ich würde solche Behauptungen nicht aufstellen, wenn ich mir ihrer Richtigkeit nicht sicher wäre. Meine Nachforschungen waren sehr gründlich. Ich habe viele beunruhigende Dinge erfahren.«
    Der Schmerz übermannte mich, Tränen liefen mir über die Wangen; mit seiner freien Hand wischte Jean de Malestroit sie mir sehr sanft ab.
    »Guillemette«, flüsterte er, »bitte weint nicht.«
    Ich gehorchte ihm nicht.
    »Bitte«, sagte er noch einmal. Er legte die Hand unter mein Kinn und hob mein Gesicht. »Öffnet die Augen. Ihr müsst die Wahrheit erkennen. Ich erzähle Euch diese Dinge, weil ich weiß, dass Ihr diesen Mann liebt wie einen Sohn. Es wäre schrecklich für Euch, würdet Ihr sie von einem Fremden hören. Ich weiß, dass Ihr bereits einen Sohn verloren habt und nicht noch einen verlieren wollt. Aber er ist ein schlechter Mensch geworden, Guillemette. Er ist es nicht wert, Euer Sohn zu sein. Eurer Tränen nicht wert.«
    » Ihr versteht nicht … Ihr könnt es nicht … «
    »Ihr habt ja Recht«, entgegnete er tröstend. »Ich kann es nicht. Ich verstehe nicht, wie ein solches Untier Eure Achtung verdienen kann. Als Ihr diese Aufgabe übernehmen wolltet, versuchte ich, Euch davon abzubringen, Euch zu schützen, damit Euer Schmerz nicht von neuem über Euch komme.« Er seufzte und nahm die Hand von meinem Gesicht. »Ihr seid eine starke und entschlossene Frau, Schwester, Eigenschaften, die ich seit langem in Euch bewundere. Ihr treibt mich an, es Euch gleichzutun, wenn ich in mir selbst keinen Antrieb mehr finde. Sobald ich das Gefühl habe, nichts mehr in mir zu haben, was ich meinen Pflichten widmen kann, dann denke ich daran, dass Ihr schwer gelitten habt und dennoch so viel gebt. Ihr wolltet diesen Menschen helfen, die ihre Söhne verloren haben. Ihr habt nicht wissen können, wohin das führen würde …«
    Natürlich hatte er Unrecht, tief in meinem Herzen hatte ich es schon die ganze Zeit gewusst. Aber die tieferen Begleiterscheinungen dieses Wissens hatten die Macht, mich an einen dunklen Ort zu führen, wohin zu gehen ich nicht ertragen konnte und mich mit aller Kraft weigern würde.
    Jean de Malestroit verstand die wahre Bedeutung meines betrübten Gesichts nicht und versuchte verzweifelt, mich zu trösten. »Es tut mir Leid«, sagte er mitfühlend. »So furchtbar Leid.«
    Ich nahm seine Hand. »Das weiß ich. Und es tut mir gut, dass Ihr es sagt. Aber noch stehen mir viele Martern bevor. Versprecht mir«, flehte ich, »dass Ihr mich im Verlaufe dieser Nachforschungen stets an Eurer Seite und immer auf dem Laufenden haltet.«
    »Es könnte sich erweisen, dass es um Dinge geht, die für die Ohren einer Frau nicht geeignet sind.«
    »Was kann ich denn noch sehen oder hören, das mich noch mehr entsetzen würde?«
    »Guillemette«, flehte er leise, »verlangt das nicht von mir.«
    »Ich habe es verdient, und noch viel mehr.«
    Schließlich stimmte er zu.

12
    Larry Wilders Mutter hatte das Recht, ein ebenso knurrender Köter zu sein, wie Mrs. McKenzie es gewesen war, doch sie erwies sich als freundlich und war gern bereit, mich um 14 Uhr 30 zu empfangen. Auf der Fahrt zu ihrer Adresse knapp südlich von Brentwood hielt ich an der Third Street Promenade in Santa Monica an, um mir ein Mittagessen zu besorgen. Früher kam ich mit den Kindern wirklich gern hierher, weil die Promenade eine Fußgängerzone ist und ziemlich sicher wirkte – aber nur, bis einer der Jungs vom Drogendezernat mit mir einen kurzen Ausflug dorthin machte und mir die ganzen Taugenichtse zeigte, von denen die meisten sich als gesetzestreue Bürger tarnten. Während ich an einem Taco-Stand auf meine Bestellung wartete, beobachtete ich die Jugendlichen, die sich in der Gegend herumtrieben. Es gab eine Horde von Jungs, die alle in derselben Altersgruppe zu sein schienen wie meine Opfer – mit dem Wissen, das ich jetzt habe, neige ich zu der Ansicht, dass sie zu jung sind, um ohne ihre Eltern hier zu sein. Sie zeigten das für junge Teenager so typische Rudelverhalten. Wenn der Anführer sich in Bewegung setzte, folgten ihm die anderen in der genau festgelegten Rangordnung eines Starenschwarms. Auch bin ich der Meinung, dass es ein Hinweis auf

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