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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Hier und dort glänzte eine Lichtung weiß, und wo der Schnee an den Hängen ins Rutschen gekommen war, traten gelblichgrüne Grasflecken zutage und trugen zur Buntheit des Bildes bei.
    Sie hielten an. Bálint entnahm der Satteltasche die Militärkarte. Bandi Mézes erklärte ihm die Landschaft: »Rechts vor uns, das ist der Gyalu Boti. Unterhalb beschreibt der Szamos eine Kurve. Der Sand drüben, der liegt schon am Fuß des Humpleu, aber den Gipfel sieht man von hier nicht, der ist weiter hinten; unsere Grenze verläuft auf dem Berggrat, und dort in der Ferne, dort steigt sie zum Wasser hinab, dahinter beginnt das Gut des Bistums, dort, ja, eins, zwei, drei, beim vierten Grat, das ist der Intreapa, bei der Krümmung steigt sie links nach oben und reicht bis zum Gipfel, dort ist die Dreiergrenze. Unser Gutsbesitz, das Gut von Valkó und das Staatsgut treffen dort beim Piatra Talharuluj aufeinander. Das Gestein dort, ja, ja!« Er zeigte auf drei flache Felsen, die in der Ferne auf einem kahlen Gipfel zum Himmel ragten; drei flache Blöcke, als wären sie Sarkophage von Riesen.
    Blendendes Licht. Selbst der Schatten war hier heller als alles Weiße in geschlossenen Räumen. Bálint vermochte den Erklärungen des Vizeförsters nur mit zugekniffenen Augen zu folgen. Jede Linie zeichnete sich in der klaren Luft scharf ab, obwohl alles so leicht und durchsichtig wirkte wie ein japanisches Aquarell. In der Tiefe des Tals des Szamos – ein stahlblauer Streifen zwischen den sperrigen Eisblöcken; Wolkenfetzen verdeckten, unterbrachen hier und dort den Blick auf den Lauf des Flusses. Und Weiß auf allen Seiten, der Nebel war schneeweiß, und weiß waren die Hausdächer in der Ferne, wo entlang der sieben bis acht Kilometer messenden Bergflanke verstreut Gehöfte standen.
    »Das dort, ist das die Kirche von Gyurkuca?«, fragte Bálint, während er auf einen winzigen grauen Punkt zeigte, der jenseits eines Nebelfetzens lag und aus dem seitlich etwas – einem schmalen Bleistift gleich – schwarz emporragte.
    »Ja, das ist sie«, sagte Mézes.
    »Nun, dort will ich morgen auf dem Rückweg vorbei«, fuhr Abády fort, »ich will sie mir ansehen.«
    »Das lässt sich machen«, sagte der Vizeförster, und dann zogen sie wieder los – steil bergwärts. Der Weg, auf dem man Holz aus dem Forst zu transportieren pflegte, war spiegelglatt. Ein wahres Wunder, dass die Pferde ihn ohne jeden Zwischenfall erklettern konnten. Nun trafen sie auf den einen oder anderen Bauernwagen, der ihnen entgegenkam. Es waren Bundschuhe tragende Motzen, die mit ihren kleinen, roten Rindern frisch behauene Balken abwärts schleppten. Bei solchen Zusammentreffen eilte Gheorghe Crișan den anderen stets entgegen und traf dienstbeflissen seine Anordnungen, er schrie sogar – der junge Mariasa sollte doch sehen können, welch harter und strenger Mann er war. Er trumpfte mit seiner Macht dermaßen auf, dass einige Male nur Bálint ihn davon abhalten konnte, in seinem großen Eifer mit seinen riesigen Händen eine Ohrfeige auszuteilen. Mézes sprach wenig. Er erbat sich von den Leuten nur das Papier, kontrollierte, ob sie nicht mehr transportierten, als in der Bewilligung vermerkt, und ritt wortlos weiter.
    Sie langten auf dem Grat an, wo der geschlossene Waldbesitz begann. Eine sich sanft senkende, schneebedeckte Wiese, unregelmäßig gewölbt. Hier und dort – Heuhaufen ähnlich – schichteten sich Holundersträucher, als säßen eingeschneite Bären in der Runde. Sie rasteten. Bálint stieg vom Pferd. Er wollte, bevor sie den Hochwald betraten, die Landschaft noch einmal bewundern und setzte sich an den Rand eines Felsblocks. Vier Forsthüter machten sich gleich auf, um das Nachtlager zu erstellen. Mit ihren langen, gleichmäßigen Schritten entschwanden sie in wenigen Augenblicken im Tannenwald. Abády folgte ihnen nach einer kurzen Weile; er ging zu Fuß. Der Marsch tat ihm wohl, denn der hohe Holzsattel war ihm fremd, und seine Beine fühlten sich nach dem steilen Aufstieg steif an. Nur drei waren bei ihm geblieben: Mézes, der, solche Ritte im Gebirge offensichtlich gewohnt, leicht dahinschritt, der kleine Knecht, der wegen der gemieteten Pferde mitgekommen war, und natürlich Gheorghe Crișan; er sah sich als Leibgardisten und musste den Mariasa vor jeder Gefahr beschützen.
    Sie kamen auf dem zu Eis gestampften Pfad nur langsam voran. Der Wald aber war wunderbar, voller Ahnung und geheimnisvoll stumm. Die Sonne stand schon tiefer, sie drang da nicht

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