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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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verteilte Speck, Brot und Zwiebeln unter den Begleitern, die sich anstandsbewusst auf der anderen Seite des Feuers niedergelassen hatten. Dort gab er ihnen auch den Schnaps, er reichte ihn in einem tüchtig bemessenen Blechbecher, den der Reihe nach jeder leerte, und jeder räusperte sich hernach laut. Auch das gehörte zu den guten Sitten, es galt als Zeichen der Anerkennung dafür, dass man beim Getränk, als es mit Wasser verdünnt worden war, mit dem Gebrannten nicht gespart hatte.

    Bálint schlüpfte schon früh in seinen Schlafsack. Rasch schlief er tief ein. Er war müde, und auch die scharfe Bergluft macht schläfrig. Gegen elf Uhr erwachte er. Die Gesellschaft jenseits des Feuers hatte sich inzwischen vermehrt.
    Drei Gäste hatten sich ihr angeschlossen, gewiss Holzfäller. Denn die Leute vom Gebirge schlafen gewöhnlich wenig, wenn sie sich im Wald aufhalten, und sie lieben die Geselligkeit. Zu Fuß marschieren sie manchmal zwei bis drei Stunden, wenn sie irgendwo ein größeres Feuer erblicken; sie gehen hin, um zu plaudern, Nachrichten zu vernehmen, über die eigenen Angelegenheiten und Sorgen zu diskutieren. Die drei waren also von irgendwoher aufgetaucht. Und da jeder glaubte, dass der Herr Mariasa schlafe, redeten sie frei von der Leber weg.
    Sie alle sprachen natürlich auf Rumänisch. Einer der Ankömmlinge war der Wortführer, ein zusammengeschrumpfter, ältlicher Mann, der genau Bálint gegenüber auf den Absätzen kauerte. Er erzählte irgendeine Geschichte voller Klagen – von Geld und Schafen, einem Haus und einem Prozess, von einem Anwalt, von Zinsen und von Käse sowie vom »domnul notar«, dem Herrn Notar, und vom Popen in Gyurkuca. Am häufigsten aber kam ein anderer Name vor, ein gewisser Pantelimon Rus, bei dessen Erwähnung er jedes Mal einen Fluch ausstieß.
    Bálint, das Kopfkissen unter dem Ellbogen, stützte sich auf. Er hörte zu. Er sprach wenig Rumänisch, kannte einige Worte nur, die er als Kind aufgelesen hatte. So verstand er nicht, was der Alte berichtete, er sah allein, dass die anderen ihm zumeist zustimmten, ihn bedauerten oder sich über seine Erzählung entsetzten. Dies tat mit einigen wenigen Worten auch Bandi Mézes, der rechts vom alten Mann saß und seine kurze Pfeife rauchte, und ähnlich, doch recht üppig äußerte sich Ioan Omolui, der zur Linken auf einem hohen Baumstrunk Platz genommen hatte, wie sich das für einen angesehenen Mann ziemte. Der Bursche von Albák, der großgewachsene Pavel Teodor, bellte das eine oder andere zornige Wort dazwischen, ebenso der andere Ankömmling, den sie Cula nannten, dann wieder warf der ärmliche, schmächtige Kerl eine Unanständigkeit ein, die jenem Rus zugedacht war. Darüber lachten dann alle herzhaft und ergänzten den Spruch mit dem einen oder anderen harten Wort, bevor der Alte seine Jammergeschichte wiederaufnahm.
    Das Feuer verlor ein wenig an Kraft. Schukuzo erhob sich. Er stocherte mit der Axt im Haufen. Tausend Funken flogen auf, und ein Tannenscheit, das er jetzt zurechtrückte, flammte mächtig auf. Er mochte, als er sich über das Feuer beugte, bemerkt haben, dass Abády wachlag. Vielleicht sagte er seinen Begleitern etwas, als er sich umwandte, denn diese verstummten sogleich und unterhielten sich nun nicht mehr. Das Feuer aber breitete sich aus. Es war wunderbar.
    Die dicken Balken, deren runden Leib die Hitze von unten versengt hatte, lagen schon halb verbrannt da. Viele glühend weiße Flämmchen tanzten über der Glut, leckten sie ihrer ganzen Länge nach, unzählige kleine Flammen schossen hintereinander aus den Ritzen heraus; drinnen schien sie etwas seitwärts zu blasen wie beim Spirituskocher. Als lebte der ganze Holzhaufen ein stürmisch tosendes Leben, das letzte, in letzter Wonne. An den Seiten der schweren Holzklötze begann sich manchmal eine Karmesin-Arabeske abzuzeichnen und schrieb sich blendend rot fort, breitete sich in vielen glühenden Krümmungen aus und zog von Ruß gesäumte Linien, die jede Sekunde neue und neue Zeichnungen ergaben; wie Raketen entzündete sie unterwegs die vielen herausstehenden Splitter, und die trockene Rinde zerfaserte oft in lange Streifen, sie rollte sich rückwärts von einem Ende bis zum anderen auf, als entblößte eine prächtige Sinnesfreude das blasse Scheit. Und funkelnd explodierte sie, wenn sie auf einen Astknoten traf. Verkohlte Zweige bröckelten weich und schwarz, zerfielen in kleine Würfel und stürzten in die Glut, wo sie das Volk der

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