Die Schrift in Flammen
finden, auf andere Mittel sinnen. Um für weitere Überlegungen Zeit zu gewinnen, riet er der auf Antwort wartenden Frau, möglichst bald und sehr ernsthaft mit Wickwitz zu sprechen, ihn, so weit es geht, unter Druck zu setzen, damit er die Angelegenheit regelt. Und dann kamen sie überein, sich demnächst einmal zu treffen und alles Weitere zu prüfen. Nachdem sie sich auf solche Art geeinigt hatten, machten sie sich auf zum Tanz. Als sie sich im Takt des glatt dahinfließenden Walzers drehte, hatte Dinóra bereits alle Sorgen vergessen; weich sank sie in Bálint Abádys Arme, und ihre schwellenden Lippen öffneten sich zu einem selbstvergessen genießerischen Lächeln.
Bálint trug die Empörung noch lange in sich. Sie schwand nur allmählich; Tanz und Champagner und erneut Tanz und erneut Champagner – sie löschten die Mitteilungen Dinóras viel gründlicher aus als den in ihm steckenden Zorn, dessen Ursache, wie er sie nannte, Adriennes Gemeinheit war, an die er wider Willen immer wieder denken musste.
11 Die Sätze des Obersten deutsch im Original; den Namen Gyalakuthy spricht er mit offenen »a« aus, daher die von Bánffy verwendete Schreibweise mit »á« (A.d.Ü.)
12 Deutsch im Original (A.d.Ü.)
13 »Ein Schwein, ein miserables Schwein« deutsch im Original (A.d.Ü.)
VIII.
Man tanzte hernach noch viel. Die Mütter indessen, matt geworden nach den zwei schlaflosen Nächten, redeten den Töchtern zu, nach Hause zu fahren. Die Damen verzogen sich deshalb gegen sechs Uhr. Der größte Teil der Männer harrte noch aus. Jetzt, am Ende des Faschings, zogen manche wieder auf ihr Landgut oder hinaus ins Komitat, wo der eine oder andere eine Praktikantenstelle versah. Für sie war dies nun die letzte Nacht des Vergnügens.
Auf Stühlen und Kanapees, die man herangezogen hatte, lagerten sie um das kahl zurückgelassene Buffet. Sie ließen sich nochmals Champagner bringen, und Laji Pongrácz begann erst jetzt so richtig zu musizieren. Zu solchen Stunden spielte er am schönsten. Nicht nur dass er das Leiblied eines jeden kannte – das war noch gar nichts! Darüber hinaus wusste er auch ganz genau, wer jetzt oder früher wem den Hof gemacht, wem er mit welchen Liedern Serenaden dargebracht hatte. Was er bei solchen Gelegenheiten vorzuspielen pflegte, war eine richtige Liebeschronik vergangener Jahre. Mit dem Ausdruck von schelmischer Anspielung in den vorquellenden Augen blickte er denjenigen an, dem die Weise galt, und wer sich seiner Gunst erfreute, zu dem trat er nahe heran und spielte ihm ein Pianissimo ins Ohr – so leise, als summte eine Mücke. Natürlich, bei dieser Vergnügung, die unter Zigeunermusik vor sich ging, bildete wieder Onkel Ambrus den Mittelpunkt. Er saß mit gespreizten Beinen in einem der Lehnstühle, seine Jacke war aufgeknöpft, denn er hatte begonnen, allmählich an Gewicht zuzulegen. Viele Champagnerflaschen und Gläser reihten sich auf den Serviertischchen neben ihm. Seine Getreuen unter den jungen Herren hatten sich im Kreis um ihn herumgesetzt, und auch der alte Dani gesellte sich zu ihnen; er, der für teure Getränke kein Geld hatte, pflegte gern dort Platz zu nehmen, wo sich sein Glas füllen ließ. Er war schon sehr benebelt. Auf dem Kanapee hinter ihm saßen Jóska Kendy und Istike Kamuthy. Die Pfeife ragte unter der Wirkung des Alkohols noch steifer aus Jóskas Mund heraus als gewöhnlich, während Istike eingeschlummert war. In verschiedenem Ausmaß waren auch alle anderen beduselt.
Auch Bálint hatte diese Nacht mehr getrunken als gewöhnlich. Er hätte sich gern berauscht, brachte es aber nicht fertig. Der Champagner hatte auch nicht ausgereicht, den abendlichen Ärger auszulöschen. Schlechtgelaunt saß er an der Schmalseite des Buffettisches, vor der linken Ecke. Rechts ihm gegenüber goss Pityu Kendy den Champagner aus einem riesigen Literglas in sich hinein. Dies tat er wieder und wieder. Auch er wirkte schlechtgelaunt. Ein Lied nach dem anderen erklang, Volksweisen, Liebeslieder. Um die Leute zu wecken, gab es dazwischen ab und zu eine langsame, knisternde Melodie; da sprang Baron Gazsi jedes Mal auf, und hemdsärmelig tanzte er den Csárdás, er klatschte in die Hände, bog sich nach vorn und stieß manchmal auch einen Schrei aus. Betrunken war er stets im Glauben, er sei in das ältere Laczók-Mädchen verliebt, und beim Tanzen blickte er darum aus seinen schräg stehenden Augen neben der Spechtnase noch wehmütiger als sonst, und er schaute zumeist auf
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