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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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nebeneinander saßen. Welch dümmliche Schläue, als würde dergleichen niemand bemerken! Als sie nach Montorios Abgang in den Ballsaal hinaufgestiegen war, hatte sie die beiden vor der Zigeunerkapelle beim Csárdás gefunden. Und welch verzaubertes Gesicht Klára zeigte!
    Frau Kollonich hatte sich bei der Wand hingesetzt und den Tanzenden zugeschaut. Und dabei musste sie lächeln, freundlich sein, mit Müttern und älteren Herren Konversation machen, damit an ihr niemandem etwas auffiel. Ihre Schwester Élise, Frau Szent-Györgyi, saß in ihrer gutmütigen Ruhe neben ihr, aber auch sie bemerkte ihre Aufregung nicht. Nein, sie durfte auch nichts bemerken, denn sie würde ja nicht begreifen. Élise war vom Glück verwöhnter. Auch sie hatte eine glänzende Partie gemacht, dies aber aus Liebe, und das machte sie glücklich. Szent-Györgyi war anders als »der gute Louis«, wie Fürstin Ágnes ihren Mann ein wenig geringschätzig nannte. Jenem war ein herrschaftliches Auftreten eigen, er sprach verächtlich selbstbewusst, weshalb ihn alle fürchteten. Seine Frau war wegen der turmhoch erhabenen Position ihres Gatten gleich allerseits akzeptiert worden, während sie, Frau Ágnes, seinerzeit in Ungarn um die Aufnahme in die Gesellschaft selber hatte kämpfen müssen. Der gute Louis war dabei in keiner Weise behilflich. Wie viel hatte sie hierfür arbeiten müssen. Und jetzt begeht dieses Mädchen eine solche Torheit … Ihr Ärger kehrte immer wieder zurück. Sie musste sich Gewalt antun, um die gnadenvolle, einer Königin würdige Miene zu bewahren, die sie jederzeit zur Schau trug, wenn auch nur irgendjemand Gelegenheit hatte, sie zu sehen. Ihr gingen, wenn auch verschwommen, immer mehr Umstände durch den Kopf, die ihren Zorn entfachten. Klára hatte sich an ihr Kleid wieder eine gelbe Nelke gesteckt. Lacis Blume. Er trug sie immer, und auch sein Extra-Bouquet war immer so. Klára hatte ihm eine Nelke entnommen. Und das demonstriert sie erst noch! Einfältig, wie sie ist!
    Dann fielen ihr die leicht zweideutigen Briefe ein, die sie Mama Montorio geschrieben und in denen sie im Plural den jungen Principe gepriesen, aber im Ungewissen gelassen hatte, ob sie nun unter »wir alle« sich und ihre Familie oder Klára im Besonderen verstand. Ja! Dem mochten sie eine falsche Bedeutung beigelegt haben. Er, dieser Montorio, hätte sich aber deswegen noch nicht so dämlich aufführen müssen, wie er es getan hat. Am Morgen kommt er an, und am Abend hält er Hals über Kopf um die Hand des Mädchens an, ohne ihr den Hof zu machen, ohne jede Vorbereitung. Statt dass er sich an sie gewandt und sie gefragt hätte. Was für ein Esel! Und nun ist der Schaden geschehen, und Montorio meint sicher, sie sei schuld, sie habe ihn irregeführt. Dumm, wie er ist, wäre er dazu imstande! Und die weiteren Folgen. Morgen reist er zu seiner Mutter zurück, und nach seinem Bericht wird sie mit ihm gleicher Meinung sein und sie, Fürstin Ágnes, auf gleiche Weise sehen. Und wenn die Kollonichs nächstes Mal nach Wien reisen würden, wird sie die Nase wieder rümpfen, da sie eine geborene Bourbon-Modena ist, und sie wird sich benehmen wie damals, als sie von der Höhe des »Olymps« herab sie kaum grüßte. Dieser Gedanke schmerzte sie. Er schmerzte, denn sie wusste, dass ein Kern von Wahrheit in der Vorhaltung lag, sie habe den Montorios etwas vorgemacht; und dass sie zur Verstimmung einigen Grund hatten. Wo sie aber doch gute Absichten gehegt und geglaubt hatte, sie würde sie verwirklichen können. Und es wäre auch gelungen, vielleicht etwas später, aber bestimmt wäre es gelungen, wenn sich dieser junge Dummkopf nicht dermaßen stumpfsinnig benommen hätte. Wie ein Kanonier, sagte sie bei sich. Warum sie gerade Artilleristen für solch überstürzte Hofmacher hielt, blieb unklar. Doch in ihren Gedanken gebrauchte sie diesen Ausdruck: »wie ein Kanonier«. Ja, er hatte alles verdorben, nur er, er allein!
    Der Csárdás nach dem Souper ging in einen Walzer über. László und Klára, einander umfangend, tanzten an ihr vorbei. Die Taille des Mädchens lag hingegeben im Arm des Mannes, beide hatten, Nachtwandlern gleich, die Augen beinahe ganz geschlossen. Fast schon unanständig! … Ein unerträglicher Anblick!
    Fürstin Ágnes wartete, bis sie stehen blieben, dann winkte sie ihre Stieftochter zu sich: »Meine Liebe, lass uns nach Hause gehen, ich bin heute sehr müde.«
    Meine Liebe? Klára kannte dieses Wort. Frau Kollonich benutzte es immer

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