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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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hatte sich dies noch gar nicht überlegt. Schnell eine Nummer! »Die Neun!«, erwiderte er hastig. Ja, das würde gut sein. Im Bakk-Spiel war das die Gewinnnummer, wer weiß, vielleicht auch hier? Er übernahm das kleine Kartonblatt und steckte es in seine obere Westentasche.
    Er ging nicht zur Tribüne zurück, denn da wäre er wieder neben Klára geraten, und das durfte nicht sein. Er blieb unten auf dem Rasen. Der Probegalopp zog gerade auf der Bahn vorbei. Über der dichten Menschenmenge war nur der bunte Oberkörper der Jockeys sichtbar, wie sie, über dem Hals der Pferde nach vorne gebeugt, in gedrosseltem Trab am Publikum vorbeiritten. Als schwämmen sie über den Meereswellen der vielen Zylinderhüte. Doch weiter, weiter! Er musste einen Platz mit guter Sicht finden.
    Zum ersten Mal interessierte ihn ein Wettrennen, zum ersten Mal wollte er wissen, welches Pferd gewann. Als er, ausschließlich in diese Gedanken vertieft, so dahinschritt, versperrte ihm plötzlich ein froschgrüner Sonnenschirm den Weg.
    »Halt, halt!«, ertönte eine fröhliche Frauenstimme. »Sie bemerken unsereinen ja gar nicht mehr!« Es war Fanny, die schöne Fanny, die, mitten unter ihren Hofmachern sitzend, László angehalten hatte.
    Begrüßung, Scherze. Gyerőffy erbat sich ein Programm, am Ende musste er doch nachsehen, wer die Nummer neun war.
    »Das interessiert Sie?«, fragte Frau Berényi.
    »Ich habe auf eines der Pferde gewettet.«
    »Mit Wetten befassen Sie sich auch?« Das klang ein wenig nach Tadel, bedeutete etwa: Das haben Sie getan – Sie spielen also nicht nur Karten?
    »Oh, nur dieses eine Mal.«
    »Und auf welches Pferd haben Sie gesetzt, wenn ich fragen darf?«, erkundigte sich d’Orly.
    »Auf die Nummer neun.«
    »Ach, die hat nicht die geringste Chance. Die Festetich-Stute gewinnt, wie sie will.« Warum gab das László einen Stich ins Herz?
    Die schöne Fanny bemerkte vielleicht, dass sich die Miene des Jünglings unwillkürlich verfinstert hatte. Leicht besorgt wandte sie sich an ihn: »Haben Sie viel gesetzt?«
    »Oh, nein. Eine Kleinigkeit. Nur mein Leben.«
    Das war offenkundig ein Scherz, denn László selber lachte darüber, und die anderen schlossen sich ihm an. Auf Anordnung der Frau überließ man ihm indessen einen der Sitze neben ihr, damit er darauf stehend das Wettrennen ebenfalls verfolgen könne. Szelepcsényi lieh ihm seinen Feldstecher.
    Die Startglocke ertönte. Der Lauf ließ sich in der Vergrößerung durch den Feldstecher gut verfolgen. Die Pferde nebeneinander, entlang der dünnen, weißen Linie der Schranke. Als wären es rasch gleitende farbige Körnchen. Dann verschwanden sie in der Kurve, welche die Gruppen anderer stehender Zuschauer verdeckten. Einige Augenblicke, und riesiges Geschrei erhob sich von drüben, von den Tribünen zweiter und dritter Klasse, es schwoll stürmisch an, kam immer näher. Zu verstehen war kaum etwas.
    »Pa-a-a-a! Pa-a-a!«, diese Laute allein erschallten. Da waren sie nun, in rasendem Tempo. Zuvorderst, als flöge sie, »Patience«, die kleine Wunderstute.
    Ihr Reiter, in goldgelbem Dress, beugte sich über ihren Hals, er führte mit mehreren Längen, während die anderen, im Kampf um den zweiten Platz, ihren Pferden tüchtig die Peitsche gaben. Sie stürmten vorbei, es war zu Ende.
    »Schlimm?«, fragte Fanny leise, bevor László ihr half, vom Sitz hinabzusteigen.
    »Ach, wo«, antwortete er. »Es war nur ein Scherz, ich habe bloß zehn Kronen gesetzt.« Fanny schenkte dem vielleicht nicht ganz Glauben, obwohl der junge Mann lächelte. Mag sein, dass sie seine Hand, die er ihr helfend reichte, aus Sympathie länger drückte.
    Oben auf der Tribüne machten sich alle auf den Weg hinunter. Frau Kollonich, die vor dem Lauf auf ihren Platz zurückgekehrt war, trat nun an Klára heran. Sie blieb vor ihr stehen.
    »Schau dorthin!«, sagte sie, und mit dem Kinn deutete sie auf die Gruppe um Frau Berédy. Dies gerade im Augenblick, als László der schönen Frau beide Hände reichte. Gerade da.
    Etwas verkrampfte sich in Kláras Brust. Es dauerte nur einen Augenblick, und dann verscheuchte sie den jähen Verdacht, der sie so hart gepackt hatte. Doch die bisher ihr ganzes Wesen erfüllende, glänzende Freude war verflogen.

    Der Königspreis bildete in der Frühlingssaison den Höhepunkt. Am Abend fand im Park-Klub natürlich ein Ball statt, den jedermann besuchte, nicht nur die Familien der Mädchen, die man in die große Welt ausführte, und nicht einzig die

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