Die Schrift in Flammen
hätschelte, wirkte auf den verzweifelten Mann beruhigend. Als sich Fanny zuletzt neben ihm niederlegte, vermochte er die furchtbare Geschichte der letzten Nacht schon zusammenhängender vorzutragen.
Es hatte damit begonnen, dass er nach dem Nachtessen Poker spielte. Er verlor etwa dreitausend Kronen – nicht viel, aber es ärgerte ihn. Umso mehr, als die Pokerpartie nach etwa einer Stunde auseinanderging. Da hörte er, dass man oben Bakk spiele. Lauter kleine Spieler. Er ging hinauf und setzte sich dazu. Seine Pechsträhne riss nicht ab. Nach kleinen, einige Hundert betragenden Einsätzen waren wieder viertausend hin. Nun hatte er als Bankier doch einige Stiche gemacht, und so sagte er sich, er werde jetzt eine größere Bank geben. Und da geschah etwas Unerwartetes: Gedeon Pray, der offensichtlich am Gewinnen war, schoss sich eigens auf ihn ein. Bei Einsätzen, die mehrere Tausend betrugen, sagte er »Bank!« Und er gewann immer. Bis zum Morgen hatte sich das Kräftemessen zwischen ihnen beiden bereits zu einem richtigen Duell gesteigert. Sein Kredit war natürlich schon längst erschöpft, die Summen wurden nur noch auf Zetteln notiert. Er selber lief seinem Geld nach, da er wusste, dass sein Verlust sich jetzt schon nicht mehr unverzüglich begleichen ließ. Er hielt mehrmals hintereinander die Bank Prays, der mit unheimlicher Sicherheit spielte, und obwohl er einmal schon halbiert hatte, feilschte er, nur so und so viel wolle er herausgeben – und László ging darauf ein, um etwas von seinem Geld zurückzuholen. Gegen Morgen saßen sie am großen Bakk-Tisch nur noch zu viert, als der Butler meldete, es sei sechs Uhr, das Spiel müsse beendet werden. Sie erhoben sich. Pray wollte forteilen, doch er hielt ihn auf der Treppe zurück.
»Nicht wahr, du erlaubst mir, dass ich meine Schulden, die auf dem Papier stehen, erst in einigen Wochen begleiche. Es fiele mir schwer, eine so große Summe sofort …«
Gedeon blickte ihn kühl an. László sah auch jetzt, wo er davon erzählte, seinen Haifischmund im aufgedunsenen, blutleeren Gesicht immer noch vor sich.
»Bitte, ich kann darauf nicht eingehen, ich bin Mitglied der Spielkommission, ich darf keine Regelwidrigkeit begünstigen.«
»So?«, sagte Gyerőffy. »Das heißt also in achtundvierzig Stunden?«
»Ja, von heute zwölf Uhr an gerechnet.« Und Pray eilte fort.
Dies war Lászlós Bericht, den er mit nicht viel mehr Worten vortrug, und dann fügte er hinzu: »Vom Casino bin ich hierhergekommen. Ich habe mich nicht getraut, nach Hause zu gehen. Dort bewahre ich meine Gewehre …«
Fanny hörte ihm aufmerksam zu. Dann, ins Nachdenken versunken, bemerkte sie: »Wir haben also zwei Tage, um die Schuld zu begleichen.«
»Aber woraus? Da ist es!« Er griff nach dem zerknitterten Papier und las die Zahlen vor. »Die Bons könnte ich noch bezahlen, aber Gida Pray – ausgeschlossen. Bei den Wucherern habe ich meinen Kredit erschöpft, neuerdings machen sie auch schon Umstände. Nichts ist mehr da, es gibt keinen Weg, alles ist aus … ganz aus!«
Nun übermannte ihn die Verzweiflung, seine Nerven versagten. Er begann zu weinen und barg das Gesicht an der Schulter der Frau. Fanny streichelte ihn sachte und schmiegte sich dann mit ihrem langen, warmen Körper an ihn. »Liebster, Liebster«, sagte sie, und ihre wohlgeübten Hände setzten sich an ihm unter Küssen in Bewegung, bis das Weinen aufhörte und der junge Mann von Begehren erfüllt wurde, als suchte er darin Trost und Zuflucht. Danach schlief er tief ein. Die Frau neben ihm erhob sich. Unbeweglich saß sie da und betrachtete den schlafenden Mann. Ihre Augen verengten sich katzenhaft in den gedehnten, engen Schlitzen, während sich ihre Hand zum prächtigen Perlenkollier an ihrem Hals verirrte. Lange saß sie da, während sie nachdachte und ihre Finger mit den Perlen spielten. Schließlich brachte sie ihre Frisur in Ordnung und zog sich an. Sie nahm den Zettel mit den Verlusten an sich. Sie ging zum Tisch am Fenster, wo es auch Briefpapier gab, und schrieb hastig ein paar Worte.
»Ich versuche etwas. Bleib da, bis ich komme. Ich glaube, gegen drei oder vier Uhr bin ich bereits wieder zurück. Warte unbedingt auf mich. Unbedingt!« So viel stand da. Sie kehrte zum Diwan zurück und legte eine Ecke des Blattes unter das Lämpchen, damit László es beim Erwachen gleich wahrnahm. Und nun schlich sie sich mit lautlosen Schritten aus dem Zimmer.
Nach kaum zwanzig Minuten war Fanny schon in der
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