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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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Gebäck und allerlei Süßigkeiten fanden sich auf dem Tisch, und natürlich Champagner sowie zweierlei Wein. Am Tischende sodann hatte man, dieses Jahr zum ersten Mal, einen großen Kupfersamowar aufgestellt, und die Laczók-Mädchen servierten dort Tee. Das war eine Neuerung, da man doch mit der anglomanischen Mode Schritt halten musste.
    Nachdem sich alle an den feinen Speisen gütlich getan und auch manches Gläschen gekippt hatten, ging die Saaltür auf, und die Musikanten nahmen ihre Plätze ein. Die jungen Leute ergriffen Besitz von den Stühlen und den Kanapees, die man an die Wand geschoben hatte, und Laji Pongrácz begann seine Darbietung von Liedern, denen man nur zuzuhören pflegte. Der berühmte Laji spielte bei solchen Gelegenheiten der Reihe nach die Lieblingslieder der Mädchen. Er kannte das Lied einer jeden von den winterlichen Ständchen her genau. Und jedem der Mädchen, deren Lieblingsweise er gerade anstimmte, warf er mit allwissend diskretem Gesicht einen vielsagenden Blick zu.
    Bálint suchte sich einen Platz. Alle saßen schon zu zweien, überall war alles bereits besetzt. Einzig am Ende der Reihe beim Eingang, neben Dodó Gyalakuthy, fand sich noch ein leerer Stuhl. »Sie wagen es, sich zu mir zu setzen, Abády?«, wandte sich Dodó an Bálint, als dieser sich an ihrer Seite niederließ.
    »Ist das so gefährlich?«, erwiderte er scherzhaft.
    »Oh, sehr sogar. Niemand hat den Mut, sich neben mich zu setzen, denn ich bin eine sogenannte gute Partie. Jeder hat Angst vor mir. Es soll ja kein Gerücht aufkommen, er mache mir den Hof. Doch, doch, so ist es!« Und sie lachte mit ihrem ein klein wenig runden Gesicht und den langgezogenen Augen. »Niemand will in den Ruf eines Mitgiftjägers kommen. Doch, so ist es. Sie wissen das nicht, denn Sie sind erst jetzt zurückgekehrt, aber ich weiß es schon lange, schon seit zwei Jahren, seit man mich in die Gesellschaft eingeführt hat. Sehen Sie, zur Quadrille und zum Kottilon treibt mir immer der Organisator einen Tänzer auf, sonst säße ich da und könnte statt Rosen Petersilie pflücken. Und beachten Sie: Zum Csárdás und zum Walzer fordern mich nur solche Knaben auf, denen man bei ihrem Alter Heiratsabsichten noch nicht nachsagen kann.«
    Es liebenswerter Humor lag in dem, wie Dodó das erzählte. Bálint erinnerte sich jetzt, als er ihr zuhörte, dass er das Gyalakuthy-Mädchen bei Walzern im Saal tatsächlich kaum gesehen hatte; zumeist blieb sie an der Wand sitzen. Nun betrachtete er sie eingehender. Sie war wirklich hübsch mit ihrer Stupsnase, die trotzdem intelligent wirkte, und dem roten Mund, gefärbt einzig durch ihre zum gutmütigen Lächeln bereite Natur. Der mollige, weiße Hals, die vollen und daher glatten Schultern erschienen begehrenswert, wie eine fürs Pflücken reife Frucht. Wunderbare kleine Hände, schön geformte Füßchen. Ein gefälliges Mädchen, in der Tat.
    »Und es gibt nur den einen Grund, darüber habe ich oft gegrübelt. Dabei tanze ich nicht schlechter als die anderen. Im Übrigen haben Sie mit mir auch noch nie einen Versuch gemacht«, fügte sie mit scherzhaftem Vorwurf hinzu.
    »Und niemand unterhält sich mit mir. Das ist so, Sie können das nicht wissen. Die Mädchen tun es nicht, denn sie sehen es als illoyal an, dass ich eine Mitgift habe, die Männer wiederum halten sich darum zurück, weil sie auf ihren Ruf bedacht sind. Sie sind der Einzige, der ungestraft hier neben mir sitzen kann. Als der künftige Herr von Dénestornya sind Sie über den schrecklichen Verdacht erhaben.«
    Sie lachte ein wenig spöttisch und fuhr ernsthafter fort: »Mit mir befasst sich nur der ›Bikfic‹, denn der ist ja kein Siebenbürger, sondern ein österreichischer Offizier.«
    »Ich habe gesehen, dass Sie mit ihm soupiert haben«, bemerkte Bálint, um etwas zu sagen.
    »Ja. Er ist der Einzige, der mir den Hof macht. Am Ende entschließe ich mich womöglich und heirate ihn. Dabei gefällt er mir nicht so richtig … Wissen Sie«, und hier beugte sie sich mit anmutiger Vertraulichkeit zu Abády, »Leute, die dumm sind, mag ich irgendwie nicht. Dabei ist er ein ganz liebenswürdiger und sehr hübscher Mann, aber man kann mit ihm keine fünf Worte reden.«
    Bálint suchte mit den Augen unwillkürlich Egon Wickwitz. Er stand in einer Fensternische. Neben ihm eine Frau, vom Vorhang größtenteils verdeckt. Doch nicht etwa Adrienne?
    Die Frage durchzuckte Bálint. Nein, doch nicht. Denn die Frau beugte sich jetzt vor … Es war die

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