Die Schrift in Flammen
nach Gyerőffys Sekundanten. Man führte sie durch den Rauchsalon, und sie begaben sich in die Bibliothek. »Was soll das? Was kann das bedeuten? Warum wollen sie dort hinein?«
Und noch eine Überraschung: Gazsi Kadacsay stand im Vorzimmer! Er trat nicht ein, sondern blieb vor der Tür, wo er, auch er mit dem Tschako, auf und ab spazierte. Er trug eine mit Schnüren besetzte Attila und rote Hosen. »Das an Gazsi! Der sonst so schlampig herumgeht! Und er ist sogar rasiert!« Die Leute stürzten hinaus, umstellten Gazsi und drangen mit Fragen in ihn: »Warum kommst du nicht herein? Hast du dich in Paradeuniform geworfen? Warum? Kommt etwa der König zu Besuch?« So scherzten sie mit ihm. »Wann bist du angekommen? Woher? Vom Regiment? Aus Kronstadt? Bist also im Dienst?« Gazsi riss nun, anders als gewöhnlich, keine Possen. Er ließ die spechtartige Nase nicht auf die Seite kippen, zog die Brauen nicht merkwürdig klagend hoch, er lächelte nicht, und entgegen seiner Gewohnheit erzählte er nichts, was andere zum Lachen brachte. Er stand ernst da und gab knappe Antworten. Als ihn jemand fragte, ob man darauf dränge, dass das Duell endlich stattfinde, ob er in der Angelegenheit des »Bikfic« hergeschickt worden sei, da drehte er den Leuten den Rücken. Und als er Abádys ansichtig wurde, trat er zu ihm und zog ihn ins Treppenhaus zur Seite: »Ich bitte dich, mein Fcheund, diskutieche mit ihnen übech ichgendetwas, damit ich mich von diesen Ochsen befcheien kann!«
Doch da kamen die beiden Offiziere schon zurück. Baron Gazsi nahm Haltung an, mit strammen Schritten schloss er sich links vom Hauptmann den beiden an, alle drei grüßten militärisch, wandten sich um und gingen ihres Wegs.
Die neugierigen Leute strömten zurück in den Rauchsalon. Doch die jetzt eintretenden Mitglieder des Gerichts wurden von ihnen vergeblich bestürmt. Der alte Kajsza antwortete bloß mit kurzen, aber abweisenden Worten, der greise Alvinczy begnügte sich damit, immer wieder die Schultern hochzuziehen. Onkel Ambrus war ebenso wortkarg. »Geht zum Teufel«, fertigte er die Fragenden ab, und dann ging er selber, zusammen mit Jóska Kendy; sie machten sich wohl auf den Weg zu Gyerőffy. Abonyi allein antwortete: »Das Duell ist verschoben.« Und damit sie ihn nicht weiter bedrängten, eilte auch er fort.
Die beiden Offiziere und Baron Gazsi begaben sich ins Hotel, wo Wickwitz abgestiegen war. Dieser erwartete sie schon im Korridor. »Serwas, Kadacsay! Bist auch hier? Also was ist?«, fragte er, während er seine Sekundanten in sein Zimmer führte. »So nehmt’s doch Platz!« 30 , sagte er, setzte sich selber rasch und bot ihnen Stühle an. Als er aber auf seine drei Besucher hinaufblickte, blieben ihm die Worte im Hals stecken. Alle drei machten finstere, Unheil verkündende Miene. Steif standen sie da, den Tschako auf dem Kopf, und starrten ihm wortlos entgegen. Wickwitz lief es kalt über den Rücken, und er stand wieder auf.
»Oberleutnant Baron Wickwitz«, sagte nun der Hauptmann auf Deutsch, »da gegen Sie ein ehrengerichtliches Verfahren in Gang gesetzt worden ist, geben wir unseren Auftrag hiermit zurück. Leutnant Kadacsay wird Ihnen das Weitere mitteilen.«
Sie grüßten stramm und verließen den Raum ohne Handschlag. Baron Egon sank aufs Kanapee. Gazsi legte nun seinen Tschako ab und rückte einen Stuhl heran. Die ihm anvertraute Aufgabe fiel ihm sichtlich schwer. Er strich einige Male seine kurzgeschorenen Haare zurück, und mit schräg gehaltenem Kopf, wie dies Raben tun, musterte er den anderen.
»Na also, was hast du mir zu sagen?«, sprach Egon sehr leise.
Kadacsay löste an seinem Dolman eine Verschnürung und entnahm der inneren Tasche ein offizielles Schreiben. Er überreichte es wortlos.
»… Auf Anzeige der Privatbank Blau & Comp. Großwardein ist gegen Oberleutnant Baron Egon von Wickwitz das ehrengerichtliche Verfahren eingeleitet worden. Genannter Oberleutnant hat …«
Die Buchstaben zerflossen vor seinen Augen, aber er vermochte trotzdem in ruhigem Ton zu lügen: »Da muss irgendein Irrtum vorliegen …«
Gazsi ließ die Nase noch schräger kippen, als zweifle er. Während einiger Minuten schwiegen beide. »Hast du noch etwas zu sagen?«, fragte Wickwitz endlich. Kadacsay antwortete nun sogleich, er sprach langsam und mit besonderem Nachdruck: »Ich muss noch eine mündliche Mitteilung des Obechsten übechmitteln. Dech Chegimentskommandant lässt diech sagen, dass wenn auf den Wechseln von Fchau
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