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Die Schrift in Flammen

Titel: Die Schrift in Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miklós Bánffy
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berichten und zu erklären«, setzte Ambrus zornig auseinander, »sondern er macht sich genau jetzt auf den Weg nach Szamoskozárd, und vorläufig wird er auch dort bleiben. Das ist fast schon eine Beleidigung, diese Geringschätzung!«
    Als Kadacsay zurückkehrte, bestürmte man ihn mit Fragen, aber Baron Gazsi wurde beinahe grob, sodass man von ihm abließ. Enttäuscht sagten die Leute zueinander: »Gazsi ist auch schon Österreicher geworden! Ein Lakai des Kaisers! Darum, siehst du, brauchen wir die eigene Kommandosprache und die Degenquaste. In dem Fall wäre alles anders, jetzt aber zieht einer die Parademontur an, und schon braucht er uns nicht mehr!«
    Jóska Kendy saß inmitten der Menge. Gazsi vermochte also nicht zur eigenen Rettung zu seinem Ideal vorzustoßen, und so gesellte er sich wieder zu Abády, der ihm seit seinem Besuch in Dénestornya lieb geworden war. Er brauchte jemanden, mit dem er sich unterhalten konnte, als geschehe in jenem Hotelzimmer gar nichts. Neben welchem er warten durfte, bis das Telefon klingeln würde. Sie ließen sich im Lesezimmer nieder. Die Zeit verging. Gazsi wurde immer wortkarger. Nach einer der langen Schweigepausen sagte dann Abády etwas. Er stellte eine einzige Frage: »Dinóras Wechsel, nicht wahr?« Baron Gazsi antwortete nicht, er nickte bloß stumm mit dem Kopf. Und hernach warteten sie weiter. Gegen halb sieben gingen sie schließlich zum Telefon. Sie riefen beim Hotelportier an.
    »Jemand soll zu Oberleutnant Wickwitz hinaufgehen«, sagte Kadacsay. »Was? Ech ist abgecheist? … Wann? … Voch einech Stunde? … Wichklich?«
    »Komm mit«, sagte nun Gazsi. »Ich halte das allein nicht aus, mein Fcheund!« Und sie eilten zu zweit ins Hotel.
    »Er hatte bei der Abreise nur seine kleine Tasche bei sich. Wohin, das hat er nicht gesagt, bitte sehr. So gegen sechs Uhr. Zu der Stunde gibt es sogar drei Züge in verschiedene Richtungen. Nein, die Rechnung hat er nicht beglichen. Er hat gesagt, er komme in einigen Tagen zurück«, meldete der Hotelportier. Sie baten um den Zimmerschlüssel und stiegen hinauf.
    Vollkommene Ordnung herrschte im Zimmer. Gazsi schaute sich um – der Revolver lag nicht mehr auf dem Tisch –, er trat rasch zum Schrank und öffnete ihn. Alles Militärische befand sich darin, die Waffenröcke, die Attila mit den Verschnürungen, die Paradehose und die Offiziersmütze, zwei Paar Kavalleriestiefel, in denen Spanner steckten, und der Säbel, selbst er fehlte nicht, dagegen fanden sich weder Zivilkleider noch Unterwäsche oder Schuhe. Die Farbe wich aus Gazsis Gesicht, und er rief, wie von Ekel gepackt: »Weg, weg von da! Lass uns weggehen!«
    Sie wanderten zuerst durch die engen Gassen der Altstadt, und dabei erzählte Baron Gazsi Bálint alles. Es lag auf der Hand, »Bikfic« war geflüchtet. »Wir müssen trotzdem völlige Gewissheit haben, bevor du irgendetwas unternimmst«, meinte Abády, »denn vielleicht hat er nur den Leuten im Hotel gesagt, er verreise, und vielleicht hat er doch …«
    Sie begaben sich zum Bahnhof. Dort befragten sie die Gepäckträger, unter denen einer bezeugte, dass er Wickwitz’ Tasche auf den nach Tövis fahrenden Zug geladen habe. »Mit diesem Zug ist er verreist, bitte sehr. Ich kenne den Herrn Oberleutnant gut … ich habe ihn oft bedient …«
    Kadacsay wandte sich an den Bahnhofvorstand. Dieser bestätigte, dass gleichen Tags auf den Personenzug am Nachmittag eine Halbpreis-Offiziersfahrkarte der zweiten Klasse nach Predeal verkauft worden sei. Kadacsay und Bálint kehrten zu Fuß in die Stadt zurück. Lange berieten sie, was nun zu tun war. Die Flucht von Wickwitz musste sofort gemeldet werden. Aber wem? Dem Husarenobersten ginge es gewiss gegen den Strich, wenn Kadacsay das örtliche Kommando hier in die Sache hineinzöge. Dem Regiment ein Telegramm schicken? Von solchen Dingen darf nichts an die Öffentlichkeit dringen, und ein Brief ist langsam … Gazsi beschloss zuletzt, mit dem Nachtschnellzug nach Kronstadt zurückzufahren. »Mögen sie dann dort entscheiden, was sie tun wollen.«

    28 »Diese magyarische Rebellen-Bagage!« deutsch im Original (A.d.Ü.)

    29 »Na endlich!«, »Auf und davon!« und »Ewig Dein!« deutsch im Original (A.d.Ü.)

    30 Einzelne Sätze von Wickwitz, ferner weiter unten der Text des »offiziellen Schreibens« deutsch im Original. (A.d.Ü.)

VII.
    Als Bálint sich nach dem langen Spaziergang von Gazsi getrennt hatte, ging er nach Hause und ließ Adrienne, die er über die

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