Die Schrift in Flammen
und half ihm die Treppen hoch. »Servus! Großartig! Vorzüglich, dass du gekommen bist.«
Er schüttelte eifrig die Hand des Gastes, doch als er Zoltánka neben sich erblickte, verzog sich sein Gesicht, und er holte mit der freien Linken in die Richtung seines halbwüchsigen Sohns zu einer raschen Ohrfeige aus. Der Junge wich geschickt von der Stelle, wohin die Maulschelle zielte, aber er lief nicht weg, sondern blieb stehen, als wäre nichts geschehen.
»Siehst du, wie unverschämt sie sind!«, beklagte sich der wieder heiter gewordene Milóth gegenüber Bálint. »Meine gesamte Garderobe haben sie geplündert, um sich wie Narren aufzuführen. Na, aber von morgen an wird das hier nicht mehr so weitergehen!«, rief er erneut drohend seinen Kindern zu, um sich dann gleich an Bálint zu wenden: »Hast du schon etwas zur Jause bekommen, mein Vögelein? Gelt, noch nichts? Gelt?« Dann brüllte er nach hinten: »Miska! Józsi! Wo zum Teufel seid ihr, ihr Rindviecher?« Dann wieder ganz herzlich: »Bitte, was wünschst du, Tee oder Kaffee?«
Der größere Diener zeigte sich in der Türöffnung. »Wo steckst du, du Esel, wo doch ein Gast gekommen ist? Eine Jause her, gleich. Lauf, spring!«
Der Diener ließ sich kein bisschen stören. »Wo soll ich servieren?« fragte er.
»Hier, auf der Veranda, du Ochs! Hast du keine Augen? Siehst du nicht, dass wir hier sind?«
»Hier wird es demnächst dunkel sein«, wandte der Diener ein, »ich bringe alles ins Eckzimmer. Die Lampe brennt dort bereits.«
»Dann halt dorthin, du Maulaffe! Aber rasch, lauf, wird’s gleich!«
Der Diener wandte sich mit vorzüglichen Nerven gemächlich um und ging zurück in die hinteren Räume des Hauses. Egon Wickwitz hatte die drei Pferde in den Paradestall geführt und war mittlerweile zur Gesellschaft zurückgekehrt. Er verabschiedete sich. Er musste zurück nach Marosszilvás, woher er am Nachmittag zum Tennisspiel gekommen war. Das Gut von Marosszilvás, schon im Tal des Maros, gehörte Frau Abonyi, Dinóra Malhuysen, und es lag von da wohl zwanzig Kilometer entfernt. Wickwitz musste aufbrechen, um dort zur Stunde des Nachtmahls einzutreffen.
»Warum isst du nicht mit uns zu Nacht, mein Vögelein?«, suchte ihn Milóth zurückzuhalten. »Der Mond geht gegen elf Uhr auf.«
Wickwitz lehnte ab. Abonyi sei nach Pest gereist und habe seine Rennpferde ihm anvertraut. Er müsse sie schon früh am Morgen im Außengalopp trainieren.
»Bist du demnach allein in Szilvás, mein Vögelein?«
»Nein. Die Frau Gräfin Dinóra ist auch da. Ich kann schon deshalb nicht hierbleiben, nicht wahr? Sie erwartet mich zum Nachtmahl … und … und demnächst ist schon sieben Uhr …«
»Hahaha!«, lachte der alte Zakata breit. »Ein feines Hornvieh ist er, der Abonyi, dass er Ihnen auch die kleine Gräfin anvertraut hat, mein Vögelein!« Und er versetzte dem jungen Mann schelmisch einen Rippenstoß.
Die Frauen lächelten insgeheim. Bálint hingegen ärgerte sich. Denn »der Deutsche« hatte zwar auf die Bemerkung zuerst mit eisigem Gesicht reagiert und seinen athletischen Leib gestrafft, doch dann, als klappte er zusammen, zuckte er die Achseln und wechselte zu einem dümmlichen Gelächter. Ein niederträchtig zynischer Ausdruck zeigte sich unerwartet in dem gewöhnlich gleichgültigen, schön geformten Gesicht und den versonnenen, großen, braunen Augen. Bálint fand den Mann hassenswert.
Abonyis russische Trapper stampften bereits vor der Veranda. Der Kutscher von Varjas und ein Pferdebursche hielten ihr Zaumzeug und führten sie. Wickwitz grüßte militärisch und eilte hinunter.
Einen Augenblick später saß er schon auf dem Bock zwischen den hohen Rädern, und die beiden riesigen Russenpferde zogen gleich an. Als die Damen sich über das Geländer hinauslehnten und winkten, war er bereits bei der Einbiegung angelangt.
»Kommen Sie morgen? Zum Tennisspiel? Morgen!«, riefen sie ihm nach, und Egons Antwort ertönte hinter dem Fliederstrauch: »Ich komme übermorgen!« Und die Radbremse knirschte, er fuhr schon den Hang hinunter. Dann hörte man nur noch das Pferdegetrappel weiter unten, wie es sich im Takt beschleunigte und schließlich erstarb.
»Trinken Sie schnell Ihren Tee, BA, denn wir wollen noch hinaus«, drängte Adrienne den Freund.
»Wie ruhelos du immer bist, Addy«, ließ sich Frau Milóth hinter ihren Stricknadeln säuerlich vernehmen.
Sie glich stark Frau Laczók, ihrer Schwester. Das gleiche Kendy-Profil war ihr eigen und dieselbe
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