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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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eine gelbe Kappe und neue Tennisschuhe. Er hatte eine billige Angelrute in der Hand, an der noch das Preisschild hing.
    »Auf dem Schild steht Angeltouren mit Führer«, sagte er.
    Zwanzig Minuten später drehte ich den Benzinhahn des Außenborders zu und ließ uns aus einem Flussarm in eine Bucht inmitten der moosbehangenen Zypressen treiben, die frisches, spitzenartiges Laub trugen. Die Sonne wirkte durch das Blätterdach wie glühende Schlacke, und es war völlig windstill; das Wasser lag so ruhig im Schutz der Bäume, dass man die Brassen und die glubschäugigen Barsche hören konnte, die am Rand der Wasserhyazinthenfelder nach Luft schnappten. Joe warf seine Angel aus, genau auf einen Baumstamm, in dessen Borke der Drillingshaken hängen blieb.
    »Ich rudere uns rüber«, sagte ich.
    »Pfeif drauf«, sagte er und riss die Schnur ab. »Wie viele Jungs habe ich Ihrer Meinung nach umgelegt?«
    »Neun?«
    »Drei, vier kommt eher hin. Und ich hab’s auch nie im Auftrag gemacht. Die waren alle hinter mir, einem Freund von mir oder hinter dem Mann her, für den ich anfangs gearbeitet habe. Nehmen Sie mir das ab?«
    Ich warf einen Rappala-Blinker zwischen den Bäumen aus, zog die Schnur straff und reichte Joe die Rute.
    »Holen Sie sie ruckweise ein, damit der Köder wie eine verletzte Ellritze schwimmt«, sagte ich.
    »Als Sie noch gesoffen haben, konnte man leichter mit Ihnen reden. Hören Sie mir überhaupt zu? Hören Sie, ich war draußen bei Mr. Boudreau und habe mit ihm geredet.«
    »Mit Amanda Boudreaus Vater?«
    »Ganz recht. Er ist ein netter Mann. Dem muss man nicht erklären, wie man sich fühlt, wenn einem ein Abartiger die Tochter umgebracht hat. Er sagt, Sie haben das auch erlebt.«
    »Was?«
    »Er hat gesagt, ein paar Scheißkerle haben Ihre Mutter und Ihre Frau umgebracht. Das hab ich nicht gewusst.«
    »Jetzt wissen Sie es.«
    »Dann verstehen Sie es doch.«
    »Dadurch ändert sich gar nichts, Joe.«
    »Doch. Ich weiß nicht, was los ist. Ich krieg einen Hinweis, dass Sie einen alten Knacker, einen gewissen Legion Guidry, vielleicht wegen dem Mord an Linda auf dem Kieker haben. Jetzt liegen zwei meiner besten Leute im Krankenhaus. Sind Sie hinter dem Kerl her oder nicht? Was läuft hier eigentlich?«
    »Sie müssen sich zurückhalten, Joe.«
    »Kommen Sie mir nicht damit.«
    »Ich entschuldige mich für alles, was Ihnen in New Iberia widerfahren ist. Ich glaube, Sie haben etwas Besseres verdient.«
    In diesem Augenblick schnappte sich ein großer Breitmaulbarsch Joes Köder, pflügte davon und zog den Drillingshaken mit, bis sich die Schnur spannte, tauchte dann auf, schnellte mit rasselndem Blinker aus dem Wasser, das in der Sonne aufspritzte, als berste eine Schale aus grüngoldenem Glas, und schleuderte glitzernde Kristalle in die Luft.
    Joe schlug die Rute an und versuchte die Schnur zu straffen, aber seine Finger waren wie taub. Die Rolle prallte an die Bordwand, dann bog sich die Rute oben durch, und der Korkgriff rutschte ihm aus der Hand.
    Er sah zu, wie die Angel langsam in der Dunkelheit versank, starrte dann verständnislos auf seinen Schwimmer, der träge auf dem Wasser trieb.
    »Was war das? Ich habe doch alles im Griff gehabt. Hier, mit zwei Händen hab ich sie gehalten. Wieso ist sie weg? Ich begreife überhaupt nichts mehr«, sagte er.
    Er schaute mich mit fragendem Blick an und wartete auf eine Antwort.

19
    Clete Purcel war im Irish Channel aufgewachsen, als weiße Banden noch mit Ketten um jede Straßenecke kämpften. Sein Vater war ein trunksüchtiger, abergläubischer und rührseliger Mann, der im Garden District Milch ausliefert, seine Kinder auf Reiskörnern knien ließ, wenn sie gegenüber einer Nonne aufsässig gewesen waren, und Clete mit dem Streichriemen vertrimmte, wenn er eine Schlägerei verlor. Einmal fiel eine Bande Halbstarker aus der Sozialsiedlung Iberville beim St. Louis Cemetery über Clete her und schlug ihm mit einem Stahlrohr die Augenbraue auf. Clete packte sich Werg auf die Wunde, klammerte sie mit Klebeband und fuhr die ganze Nacht lang mit einem gestohlenen Auto herum, bis er den Schläger, der ihm das Rohr übergezogen hatte, allein erwischte.
    Nach New Orleans war die Marineinfanterie ein Kinderspiel. Selbst Vietnam war keine große Herausforderung. Bei Frauen sah die Sache anders aus.
    Lois, seine zweite Frau, war in ein buddhistisches Kloster in Colorado geflüchtet, sei es aufgrund ihrer Neurosen oder weil sie das Zusammenleben mit Clete den letzten

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