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Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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kleinen Vogels.
    »Was hat Marvin Oates mit diesem ›im Himmel gibt’s keine Umleitungen‹ gemeint?«, fragte Clete, als er am nächsten Tag mit mir vom Büro zu Victor’s Cafeteria ging.
    »Wer weiß? Ich glaube, es ist eine Zeile aus einem Bluegrass-Song«, erwiderte ich.
    »Zerelda Calucci sagt, ich wär ein Kotzbrocken.«
    »Wie läuft’s mit Barbara?«, sagte ich und versuchte das Thema zu wechseln.
    »Marvin hat mich bei ihr ebenfalls angeschwärzt. Meinst du, der Spanner war Legion Guidry?«
    »Yeah, na klar.«
    Clete kaute an einem Niednagel herum und spie ihn aus. Wir gingen jetzt an den bröckelnden, ziegelbraunen und weiß getünchten Grüften auf dem St. Peter’s Cemetery vorbei.
    »Ich habe Blumen auf das Grab von meinem alten Herrn gelegt, als ich in New Orleans war«, sagte er. »War ein komisches Gefühl da draußen auf dem Friedhof – bloß wir zwei beide«, sagte er.
    »Yeah?«, sagte ich.
    »Das ist alles. Er hatte ein elendes Leben. Hat nicht viel davon gehabt«, sagte er. Er nahm seinen Porkpie-Hut ab, setzte ihn wieder auf und wandte das Gesicht ab, damit ich seinen Blick nicht sehen konnte.
    An diesem Nachmittag bat mich Perry LaSalle um einen Besuch in seiner Kanzlei. Er schloss gerade die Tür ab, als ich hinkam. Die Galerie, der Rasen und die Blumenbeete lagen tief im Schatten, und sein Gesicht wirkte im schwindenden Licht beinahe melancholisch.
    »Oh, hallo, Dave«, sagte er. Er setzte sich auf die oberste Stufe der Galerie und wartete, dass ich mich zu ihm gesellte. Durch das Fenster hinter ihm konnte ich die in einem Glaskasten aufgehängte konföderierte Kriegsflagge des 8. Louisiana-Freiwilligenregiments sehen, die einer seiner Vorfahren auf den Schlachtfeldern von Nord-Virginia getragen hatte, und ich fragte mich, ob es sich bei Perry tatsächlich um einen jener Menschen handelte, die in eine andere Zeit gehörten, oder ob er sich einer Selbsttäuschung hingab und den unseligen Nachkommen spielte, der für die Sünden seiner Vorfahren büßen musste, obwohl er im Grunde genommen der Nutznießer eines Reichtums war, den man auf Kosten anderer angehäuft hatte.
    »Schöner Abend«, sagte ich und schaute zu dem Plantagenhaus der Shadows auf der anderen Straßenseite, dem Bambusrohr, das sich im Wind wiegte, und den prachtvollen, mit Flechten überwucherten Stämmen der immergrünen Eichen, aus deren Blattwerk lange Moosbärte hingen.
    »Ich muss Ihnen den Laufpass geben«, sagte Perry.
    »Sie wollen mein Mandat niederlegen?«
    »Legion Guidry ist ebenfalls mein Mandant. Sie haben ihn wegen Körperverletzung angezeigt. Ich kann Sie nicht beide vertreten.«
    Ich nickte und schob mir einen Streifen Kaugummi in den Mund.
    »Keine Vorhaltungen?«, sagte er.
    »Nein.«
    »Freut mich, dass Sie es einsehen.«
    »Was hat dieser Kerl gegen Sie in der Hand?«, fragte ich.
    Er stand auf und knöpfte seine Jacke zu, nahm seine Sonnenbrille aus dem Futteral und blies den Staub von den Gläsern. Er setzte zu einer Antwort an, ging dann einfach zu seinem Auto und fuhr im Sonnenschein davon, der nach wie vor auf die Straßen des Geschäftsviertels fiel.
    Ich parkte meinen Pickup hinter dem Haus und ging in die Küche, wo Bootsie gerade das Abendbrot zubereitete. Ich setzte mich mit einem Glas Eistee an den Tisch.
    »Bist du von Perry enttäuscht?«, sagte sie.
    »Er hat den Wanderarbeitern im Südwesten dabei geholfen, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Er war freiwilliger Mitarbeiter in einer Dorothy-Day-Mission in der Bowery. Aber sein jetziges Verhalten kann ich kaum nachvollziehen, geschweige denn respektieren.«
    Sie wandte sich vom Herd ab und brachte eine Schüssel Étouffée zum Tisch, stellte sie auf einen Untersetzer und tupfte sich mit dem Ärmel das Gesicht ab. Ich dachte, sie wollte mir widersprechen.
    »Du bist ohne ihn besser dran«, sagte sie.
    »Inwiefern?«
    »Perry mag sich in seiner Jugend vielleicht eine kurze Auszeit von seinem eigentlichen Lebensweg gegönnt haben, aber in erster Linie ist er immer ein LaSalle, und danach kommt lange nichts.«
    »Ganz schön gnadenlos, Boots.«
    »Fällt dir das erst jetzt auf?«
    Sie stellte sich hinter mich, zauste in meinen Haaren und schmiegte sich mit dem Bauch an meinen Rücken. Ich spürte, wie ihre Hände über meine Schulter strichen, spürte ihre Brüste an meinem Kopf.
    »Wir können das Essen in den Backofen stellen«, sagte ich.
    Ich spürte, wie sie sich aufrichtete, wie sich ihre Hände von meiner Schulter lösten, dann

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