Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
nadelspitzen Cowboystiefeln, dem dünnen Schnurrbart und dem breiten roten Schlips, an dem eine Krawattennadel mit einem kleinen Paar silberner Handschellen steckte, erinnerte er mich an einen Ordnungshüter aus dem frühen zwanzigsten Jahrhundert, vielleicht auch an einen Kartenspieler in Las Vegas, den man lieber nicht beschummeln sollte.
»Geht’s dir gut, Dave?«, fragte er.
»Ich möchte Tee Bobby Hulin dazu bringen, dass er auspackt, und könnte dabei deine Hilfe gebrauchen«, sagte ich.
»Ich bin zurzeit ziemlich eingedeckt«, erwiderte er.
»Jimmy Dean Styles hatte im Bezirk St. Martin Anzeige wegen Körperverletzung gegen mich erstattet, aber dort verfolgen sie die Sache nicht weiter. Ich möchte, dass du ihn herbringst und ihm erklärst, dass du ein paar Auskünfte für eine interne Untersuchung brauchst. Mit anderen Worten: Die Dienststelle will mich deswegen trotzdem zur Rechenschaft ziehen.«
»Wieder mal Jimmy Sty, was? Der steht nicht auf mich. Vielleicht solltest du lieber jemand nehmen, dem er traut«, sagte Dartez.
»Du bist offen und direkt, Kev. Das Straßengesindel achtet dich.«
»Du willst mich doch nicht etwa aufziehen, oder?«
»Auf keinen Fall.« Ich schlug ein Notizbuch auf, blätterte zu der Seite, auf die ich ein paar unverfängliche Fragen geschrieben hatte, die Kevin Dartez Styles stellen sollte, und legte es auf Dartez’ Schreibtisch. »Im Grunde spielt es keine Rolle, was du zu Styles sagst. Lass ihn einfach über mich reden und sorge dafür, dass alles mitgeschnitten wird. Und sprich ihn auch auf Helen Soileau an.«
»Warum auf Helen?«, fragte Dartez.
»Styles hat sie in ihrem Beisein als Lesbe bezeichnet. Ich glaube, die Quittung, die er dafür gekriegt hat, hat er noch nicht vergessen«, sagte ich.
Dartez drückte seinen Handtrainer zusammen. »Wann soll ich ihn herschaffen?«, fragte er.
»So bald wie möglich«, erwiderte ich.
Ein paar Minuten später stiegen Helen Soileau und ich in einen Streifenwagen und fuhren nach Poinciana Island.
»Da braut sich ein schweres Unwetter zusammen«, sagte sie und schaute über das Lenkrad auf den schwarzen Himmel und das vom Wind gepeitschte Zuckerrohr auf den Feldern. Als ich nicht antwortete, blickte sie mich an. »Hörst du überhaupt zu?«
»Ich habe Tee Bobbys Großmutter an der Nase rumgeführt«, sagte ich.
»Sie hat ihn aufgezogen. Vielleicht sollte sie zur Abwechslung mal ihren eigenen Mist ausbaden.«
»Das ist hart«, sagte ich.
»Nein, als Amanda Boudreau in den Lauf einer Schrotflinte starren musste, das war hart. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Opfern und Tätern, Streak. Das Opfer ist das Opfer. Ich würde das nicht durcheinander bringen.«
Helen achtete immer auf klare Verhältnisse.
Wir überquerten die Süßwasserbucht. Die Wellen hatten weiße Schaumkronen und schlugen an die Pfeiler unter der Brücke, klatschten ans Ufer und schwappten zwischen den Elefantenohren hindurch. Wir rollten die Fenster des Streifenwagens herunter und fuhren durch die kühle Luft und das grüne Licht unter den Bäumen zu Ladice Hulins Haus. Über uns brach ein Ast, als hätte jemand ein Gewehr abgeschossen, wirbelte durch die Luft und landete vor uns auf der Straße. Helen wich ihm aus.
»Mir hat es hier noch nie gefallen«, sagte sie.
»Warum nicht?«, fragte ich.
Helen schaute aus dem Fenster auf einen Schwarzen, der ein Pferd einzufangen versuchte, das durch ein Feld voller PfefferStauden galoppierte, während ein Blitz über den Bäumen zuckte.
»Wenn die Vorfahren der LaSalles den Bürgerkrieg gewonnen hätten, müssten wir meiner Meinung nach alle unser Geld mit Baumwollpfücken verdienen«, sagte sie.
Wir parkten auf Ladices Hof und klopften an die Tür. Blätter wurden aus den Bäumen gewirbelt, über die Galerie gefegt und an die Fliegengitter gedrückt. Drinnen sah ich Tee Bobby mit offenem Mund, eingesunkener Brust und stoppeligem Kinn in einem Polstersessel vor dem Fernseher sitzen. Seine Großmutter kam aus der Küche und blieb hinter seinem Sessel stehen.
»Was wollen Sie?«, fragte sie.
»Wir müssen Tee Bobby in die Stadt mitnehmen und ein paar Sachen klären«, sagte ich.
»Was für Sachen?«
»Wir suchen inzwischen jemand anders wegen dem Mord an Amanda Boudreau. Vielleicht wird’s Zeit, dass sich Tee Bobby mal einen Gefallen tut und uns weiterhilft«, sagte ich.
Tee Bobby stand von dem Polstersessel auf und kam an die Tür. Sein langärmliges Hemd war bis zum Bauch aufgeknöpft, und
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