Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
durch den Fliegendraht wehte uns ein Geruch entgegen, als hätte er sich schon lange nicht mehr gewaschen.
»Wen suchen Sie denn?«, sagte er.
»Hier kann man so etwas schlecht bereden. Rufen Sie Mr. Perry an und fragen Sie ihn, was Sie seiner Meinung nach tun sollen«, sagte ich mit ausdrucksloser Miene.
»Ich brauch Perry LaSalle wegen gar nix um Erlaubnis fragen. Ich bin bald wieder da, Oma. Stimmt’s? Ihr fahrt mich doch zurück?«, sagte Tee Bobby.
»Klar doch«, sagte Helen.
Manchmal muss man es auf diese Weise machen. Hinterher versucht man dann zu vergessen, zu wie viel Lug und Trug man fähig ist.
Auf dem Weg zur Dienststelle lehnte Tee Bobby mit halb geschlossenen Augen auf dem Rücksitz und betrachtete die vorüberstreichende Landschaft. Plötzlich fuhr er hoch und schaute sich um, als wüsste er nicht genau, wo er war. Dann grinste er ohne jeden Grund und starrte ins Leere.
»Ist dahinten alles in Ordnung?«, sagte Helen und schaute in den Rückspiegel.
»Klar«, sagte er. »Liegt’s an dem Lügendetektortest, dass ihr jetzt jemand andern sucht?«
»An allerhand Sachen, Tee Bobby«, sagte sie.
»Weil ich nämlich niemand vergewaltigt oder erschossen hab«, sagte er.
Ich drehte mich um und musterte sein Gesicht.
»Warum glotzen Sie mich so an?«, fragte er.
»Ich bin ein bisschen verblüfft über Ihre Wortwahl.«
»Was reden Sie da, Mann? Das sind die einzigen Wörter, die ich kenn.« Er runzelte die Stirn, als hätte seine Feststellung eine bestimmte Bedeutung, die er noch nicht erfasst hatte. »Ihr müsst mal irgendwo anhalten und mich aufs Klo lassen. Außerdem muss ich mich waschen. Mir vielleicht ein paar Schokoriegel besorgen.«
»Wir holen Ihnen ein paar aus dem Automaten in der Dienststelle«, sagte Helen.
Fortan starrte Tee Bobby schweigend aus dem Fenster, zuckte mit dem Gesicht, als die Wirkung von dem Dope und dem Schnaps, die er letzte Nacht zu sich genommen hatte, allmählich nachließ und ihm klar wurde, dass der Tag auf ihn wartete wie ein hungriger Tiger.
Wir parkten den Streifenwagen, brachten ihn sofort in ein Vernehmungszimmer und schlössen die Tür hinter uns.
Kevin Dartez saß in seinem anheimelnden Büro um die Ecke und redete mit Jimmy Dean Styles. Styles saß auf einem Stuhl, hatte die Knie leicht gespreizt, knetete sich den Schritt und genoss seine Rolle als Mitwirkender bei dem Verfahren. Dartez hatte einen kleinen Kassettenrecorder auf seinem Schreibtisch angestellt und zog sein Notizbuch zurate, während Styles redete, nickte höflich und machte sich gelegentlich ein paar kurze Notizen.
»Dave Robicheaux von der Sheriff-Dienststelle des Bezirks Iberia hat Sie also ohne jeden Grund an Ihrem Arbeitsplatz angegriffen, im Carousel?«, sagte Dartez.
»Sie ham’s kapiert, Mann«, sagte Styles. Er sah durch die Jalousien zu, wie eine Frau in einem orangen Overall in Handschellen den Korridor entlanggeführt wurde. Er grinste, betastete einen Speicheltropfen an seinem Mundwinkel, zog ein Kleenex aus der Schachtel auf Dartez’ Schreibtisch und wischte sich die Finger ab.
»Und Sie sagen, Detective Helen Soileau hat Sie mit dem Schlagstock traktiert?«
»Genau so isses. Das Miststück hat Scheiße im Blut.«
»Das ist eine schwere Anschuldigung, die Sie da gegen Detective Soileau vorbringen. Sind Sie sicher, dass es so gewesen ist? Sie haben einen lockeren Spruch gemacht, und sie hat Ihnen den Schlagstock übers Gesicht gezogen? So was könnte ihr beruflich sehr schaden, Jimmy. Sind Sie sich auch völlig sicher, dass das, was Sie mir erzählen, auch stimmt?«
»Ich sag’s nicht noch mal. Nehmen Sie’s in Ihren Bericht auf oder lassen Sie’s meinetwegen bleiben. Mir is das wurscht. Aber ihr habt’s hier mit ’ner wild gewordenen Lesbe zu tun.«
Dartez nickte beifällig und schrieb etwas in sein Notizbuch.
»Spielt Tee Bobby Hulin nicht ab und zu im Carousel?«, fragte er.
»Ich versuch ihm ’n bisschen Arbeit zuzuschanzen. Aber Tee Bobby kann man schwer helfen, wenn Sie wissen, was ich meine«, sagte Styles.
»Schauen Sie, das hat zwar nichts mit dieser Sache zu tun, aber wissen Sie, was hier in der Gegend niemand begreift?«, sagte Dartez. »Weshalb ein Junge, der so viel Talent hat, in so einen Schlamassel reingerät? Wieso ist der nicht längst in New York oder Los Angeles groß rausgekommen? Ich verstehe nichts von Musik, aber –«
»Ich will nicht schlecht über jemand reden, der nicht dabei is, okay? Aber Tee Bobby is ’n Junkie und ’ne
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