Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Rotznase. Mit dem kann man nicht reden. Außerdem isser scharf auf weiße Schnecken. Was wiederum heißt, dass er keine Achtung vor sich selber hat.« Styles warf einen Blick auf seine Uhr. »Sagen Sie mal, Mann, allzu lange sollte ich nicht mehr aus meiner Bar weg sein. Mein Barkeeper schenkt den Mädels gern ein bisschen großzügig ein, wenn Sie wissen, was ich damit sagen will.«
»Schon kapiert«, sagte Dartez und warf erneut einen Blick in sein Notizbuch. »Okay, Sie haben Detective Robicheaux also in keiner Weise angerührt? Sie haben Ihrerseits nichts dazu getan oder irgendetwas gemacht, das man so auslegen könnte, auch keine drohende Handbewegung?«
»Nein, Mann, ich hab’s Ihnen doch gesagt. Das is ’ne kranke, gewalttätige Arschgeige, die hier in der Gegend schon seit Jahren allerhand Leute zusammenschlägt. Er hat sich aufgeführt wie ein Verrückter, der schon seit Ewigkeiten irgendjemand was antun will. Hey, Sie ham mich gefragt, ob ich mir Gedanken wegen dieser Fotze mache – wie heißt Sie gleich? –, dieser Helen Soileau. Egal, was mit der passiert, die hat’s verdient. So, das reicht jetzt, weil ich nämlich einen Laden schmeißen muss.«
»Besten Dank, Jimmy. Ich muss mal kurz zur Toilette. Nur die Ruhe, ich bin gleich wieder da und gehe mit Ihnen noch ein, zwei Einzelheiten durch. Danach können Sie sich auf den Weg machen«, sagte Dartez.
Er nahm die Kassette aus dem Recorder, ging um die Ecke und klopfte an die Tür des Vernehmungszimmers. Als ich sie einen Spalt weit öffnete, wedelte er mit der Kassette herum und zwinkerte mir zu.
Tee Bobby saß vornübergebeugt am Vernehmungstisch, hatte die Unterarme aufgestützt, ballte ständig die Fäuste und hatte ein Zucken im Augenwinkel. Er wickelte einen Schokoriegel aus, den wir ihm vom Automaten am Eingang des Gerichtsgebäudes besorgt hatten, und aß ihn mit versonnenem Blick, war mit Gedanken beschäftigt, die er für sich behielt.
»Möchten Sie noch eine Tasse Kaffee?«, fragte Helen.
»Ich muss mal aufs Klo«, sagte er.
»Sie waren doch grade«, sagte sie.
»Ich fühl mich nicht besonders wohl. Sie ham gesagt, ich soll jemand identifizieren.«
»Nur Geduld, Tee Bobby. Kommen Sie, ich gehe mit Ihnen zur Toilette«, sagte Helen.
Während sie weg waren, ging ich zu meinem Postfach, holte die Kassette heraus, die Kevin Dartez dort hinterlegt hatte, und kehrte in mein Büro zurück, wo Mack Bertrand, der Kriminaltechniker, auf mich wartete.
Dartez’ Aufnahme von dem Gespräch mit Styles war nicht allzu lang. Wir hörten sie uns ein paar Minuten lang an und stellten fest, dass sich mühelos ein paar Stellen verwerten ließen, die meiner Meinung nach für mich und Helen höchst hilfreich sein könnten.
»Können Sie diese paar Sätze auf eine andere Kassette ziehen, ohne dass es allzu viel Aufwand macht?«, sagte ich.
»Kein Problem«, sagte er und klemmte sich die Pfeife zwischen die Zähne.
»Ich gehe wieder ins Vernehmungszimmer. Wenn Sie fertig sind, klopfen Sie einfach an die Tür, okay?«
»Rufen Sie mich später an und berichten Sie mir, wie das Ganze ausgegangen ist«, sagte er.
»Klar«, sagte ich.
»Jedes Mal, wenn ich Amanda Boudreaus Eltern über den Weg laufe, kriege ich ein schlechtes Gewissen. Unsere Zwillinge machen nächstes Jahr ihre Abschlussprüfung. Jeden Tag haben wir unsere helle Freude an ihnen. Die Boudreaus haben all das getan, was man von guten Eltern erwartet, aber ihre Tochter ist tot, und sie wachen vermutlich jeden Morgen auf und fühlen sich elend, und zwar bis an ihr Lebensende. Bloß weil irgendein Mistkerl mal abspritzen wollte.«
»Danke für Ihre Hilfe, Mack. Ich rufe Sie später an«, sagte ich.
Ich ging auf die Toilette, wusch mir Hände und Gesicht und blies den Spiegel an. Ich spürte, wie mein Blut in Wallung geriet, hatte das gleiche Gefühl wie ein Jäger, wenn plötzlich ein großes Tier, eines, das ein Herz, scharfe Sinne und eine ähnlichen Verstand hat wie er, in den Sucher seines Zielfernrohrs tritt.
Ich trocknete mir mit einem Papiertuch die Hände und das Gesicht ab und ging wieder in das Vernehmungszimmer. Tee Bobby trank einen Schluck Kaffee aus einem Pappbecher und tippte mit den Schuhsohlen nervös auf den Boden.
»Werden Sie’s schaffen?«, fragte ich.
»Schaffen? Was soll ich schaffen?«
Ich zog mir einen Stuhl zurecht und setzte mich ihm gegenüber hin. »Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie mir im Streifenwagen erklärt haben, dass Sie niemanden
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