Die Schuld der Väter (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Sowohl Mr. Julian als auch seine Frau sind tot«, sagte ich.
Batists Schwester schwieg einen Moment lang.
»Er ist immer noch da draußen. Womöglich im Bezirk St. Mary. Vielleicht auch unten in New Orleans. Ein paar alte Leute sagen, er hat in Morgan City einen Mann umgebracht«, sagte sie.
»Wer?«, sagte ich.
»Legion. Er geht da draußen um, im Dunkeln. Er kann die Sonne nicht leiden. Sein Gesicht is bleich, wie wenn er kein Blut im Leib hat. Ich hab ihn einmal gesehen. Das war Legion«, sagte sie.
Sie schaute auf ihre gefalteten Hände hinab und wollte nicht mehr zu mir aufblicken.
Es war schon spät, als ich nach Hause kam, und Bootsie schlief bereits. Ich aß in der Küche ein Sandwich mit Schinken und Zwiebeln, putzte mir dann die Zähne, legte mich neben sie und starrte in der Dunkelheit an die Decke. Ich hörte die Nutrias draußen im Sumpf schreien, einen Alligator, der zwischen den überfluteten Bäumen mit dem Schwanz ausschlug, ein fernes Donnergrollen, das keinen Regen brachte.
Der Mond stand am Himmel und schien auf ihr Kopfkissen und das honiggelbe Haar. Sie war die einzige Frau die ich kannte, die einen natürlichen Duft verströmte – wie Gardenienblüten in der Nacht. Sie schlug die Augen auf, lächelte und drehte sich zu mir um, legte mir den Arm über die Brust und schob ihr Knie über mein Bein. Ihr anmutig geschwungener Leib mit seinen wogenden Formen wirkte wie eine Statue aus Griechenlands klassischer Zeit, doch ihre Haut fühlte sich stets weich und glatt an, war praktisch ohne jede Runzel, als ob das Alter spurlos an ihr vorbeigehen wollte.
»Ist irgendwas?«, sagte sie.
»Nein.«
»Kannst du nicht schlafen?«
»Mir geht’s bestens. Ich wollte dich nicht wecken.«
Sie tastete unter der Zudecke nach mir. »Ist schon gut«, sagte sie.
Ich wachte in der Morgendämmerung auf und machte mir auf dem Herd eine Kanne Kaffee. Das Tageslicht zwischen den Bäumen war grau, und das Virginiamoos hing reglos in der windstillen Luft.
»Hast du schon mal was von einem Aufseher auf Poinciana Island gehört, der Legion hieß?«, fragte ich Bootsie.
»Nein, warum?«
»Als ich zwölf war, hatten mein Bruder Jimmie und ich im City Park eine unangenehme Begegnung mit ein paar heruntergekommenen Leuten. Ein Mann hat uns mit dem offenen Messer bedroht. Eine der Frauen, die er bei sich hatte, nannte ihn Legion.«
»Wieso erkundigst du dich jetzt nach ihm?«
»Sein Name fiel, als ich ein paar Erkundigungen über Tee Bobbys Herkunft einholen wollte. Möglicherweise ist es nicht weiter wichtig.«
»Übrigens, Perry LaSalle ist gestern Abend hier vorbeigekommen«, sagte sie.
»Perry LaSalle wird allmählich zu einer Nervensäge«, sagte ich.
»Er hat mir gegenüber angedeutet, dass du das sagen würdest.«
Bevor ich ins Büro ging, fuhr ich hinaus zu Ladice Hulins Haus auf Poinciana Island und fragte sie nach einem Aufseher namens Legion und dem Brand, bei dem Mrs. LaSalle umgekommen war.
»Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram. Nein, das nehm ich zurück. Lassen Sie mich ein für alle Mal in Ruhe«, sagte sie und schlug mir die Tür vor der Nase zu.
Am nächsten Tag stand Perry in der Tür zu meinem Büro. »Warum waren Sie vorgestern Abend bei mir zu Hause?«, fragte ich, bevor er etwas sagen konnte.
»Einer von Barbara Shanahans Kollegen hat sich im Country Club betrunken und anschließend den Mund aufgerissen. Barbara und der Bezirksstaatsanwalt sind der Meinung, dass Sie nicht mitziehen wollen. Ich möchte Sie als Zeuge der Verteidigung benennen, Dave. Ich dachte, ich sollte Sie vorher darauf hinweisen«, erwiderte er.
Ich widmete mich wieder dem Papierkram auf meinem Schreibtisch und versuchte so zu tun, als wäre er nicht da.
»Noch etwas anderes. Könnten Sie mir vielleicht erklären, weshalb Sie Ladice Hulin wegen meines Großvaters behelligen?«, fragte er.
Ich steckte die Kappe auf meinen Füller und blickte zu ihm auf. »Sie hat mir erklärt, dass Amanda Boudreaus Tod etwas mit gewissen Ereignissen zu tun hätte, die sich vor Tee Bobbys Geburt zutrugen. Was könnte sie Ihrer Ansicht nach damit gemeint haben?«, sagte ich.
»Keine Ahnung. Aber halten Sie sich aus dem Privatleben meiner Familie heraus«, erwiderte er.
»In Ihrem Buch über die Todesstrafe sind Sie nicht gerade schonend mit den Leuten von der Staatsanwaltschaft Iberia umgesprungen. Warum sind die LaSalles unantastbar? Bloß, weil euch ein paar Konservenfabriken gehören?«
Er schüttelte den Kopf und ging
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