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Die Schuld des Tages an die Nacht

Titel: Die Schuld des Tages an die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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gleich beerdigen lassen! Hast du das kapiert, Gégé, oder muss ich deutlicher werden?«
    »Tu nicht so, als ob du mir Almosen schenkst!«, protestierte Gégé. »Ich lass hier schließlich ’ne Menge Moos, und deine Nutte, die hat gefälligst zu spuren.«
    »Dein Moos, mit dem kannst du dir den Allerwertesten wischen, Gégé. Das hier ist ein Freudenhaus und keine Folterkammer. Wenn dir das Angebot nicht passt, geh woanders hin. Wenn du das, was du dir gerade geleistet hast, noch einmal machst, dann reiß ich dir das Herz persönlich aus der Brust!«
    Gégé, der kaum größer als ein Zwerg war, stellte sich auf die Zehenspitzen, um der Puffmutter ins Auge zu sehen, blies die Backen auf, hielt sich aber zurück; sein puterrotes Gesicht bebte vor Wut. Er fiel wieder auf die Füße, rempelte uns an, wütend, weil eine Frau ihn vor Zeugen zusammengestaucht hatte, und verschwand in der Menge.
    »Geschieht dem Kerl ganz recht«, meinte ein Soldat. »Soll er doch woanders suchen, wenn es ihm hier nicht passt.«
    »Das gilt auch für dich, Sergeant«, erwiderte die Puffmutter. »Du stehst so wenig im Ruch der Heiligkeit wie ein Furz, und das weißt du ganz genau.«
    Der Sergeant zog den Kopf ein und machte sich ganz klein.
    Die Puffmutter hatte schlechte Laune, und André begriff, dassdie Verhandlungen nicht zu seinen Gunsten ausgehen würden. Er schaffte es, Jean-Christophe einzuschleusen, indem er auf seinen kräftigen Wuchs und seine hohe Statur verwies, aber für mich konnte er nichts tun.
    »Der da ist noch ein Kind, Dédé«, verkündete sie. »Dem klebt noch die Muttermilch zwischen den Zähnen. Bei dem Blonden will ich mal nicht so sein, aber bei dem blauäugigen Engelsgesicht, da läuft gar nichts. Den würde man schon im Flur vergewaltigen, der würde es nicht mal bis ins erste Zimmer schaffen.«
    André ließ es gut sein. Die Puffmutter würde ihre Entscheidung nicht rückgängig machen, das war nicht ihre Art. Sie erlaubte mir, hinter dem Tresen auf meine Freunde zu warten und befahl mir, nichts anzufassen und mit niemandem zu reden … Ich war erleichtert. Jetzt, wo ich zum ersten Mal in einem Bordell war, hatte ich überhaupt keine Lust mehr auf irgendwelche Abenteuer. Mir war speiübel.
    Im großen Saal, in dem dichte Rauchschwaden hingen, stauten sich die Freier in Erwartung ihrer Beute. Manche waren angetrunken, nörgelten, schubsten und drängelten ohne Unterlass. Im Gang gegenüber, der zu den Zimmern führte, hockten die Prostituierten auf einer gepolsterten Bank in einer Mauernische. Manche waren knapp bekleidet, andere hatten sich durchscheinende Tücher um den prallen Leib geschlungen. Als hätte Eugène Delacroix in einer depressiven Phase heruntergekommene Odalisken porträtiert. Da gab es ganz Dicke, die Brüste in hängemattengroße Büstenhalter gezwängt, und überall quollen die Fettröllchen hervor. Andere waren völlig ausgezehrt und hatten einen trauerumflorten Blick, als kämen sie geradewegs vom Sterbebett. Es gab Brünette, die ihr dunkles Haar unter billigen blonden Perücken versteckten, und Blondinen, die, angemalt wie Clowns, nachlässig ihren Busen enthüllten. Und alle rauchten sie und musterten stumm den Trupp gegenüber, während sie sich ergeben am Schenkel kratzten.
    Ich saß brav hinter dem Tresen, ließ meinen Blick durch die sesUniversum schweifen und bereute es schon, mich überhaupt hierhergewagt zu haben. Es war die reinste Räuberhöhle, roch nach billigem Wein und den Ausdünstungen geiler Körper. Eine unergründliche Spannung herrschte im Raum, eine unheilvolle Atmosphäre. Ein Funke, ein falsches Wort oder auch nur ein Blick würde genügen, um den Laden in die Luft zu sprengen … Dabei war die Kulisse, bei aller Künstlichkeit und Einfalt, doch auf Zerstreuung angelegt mit den leichten, fast schon duftigen Vorhängen, eingefasst von schweren Samtportieren, den wohlfeilen Gemälden von Nymphen im Evaskostüm, den zierlichen Wandleuchten und Mosaiken an den Wänden, den kleinen Sesseln in Winkeln und Nischen, auf denen indes niemand saß. Die Kundschaft schien für derlei keinen Blick zu haben, sie sah nur die entblößten Mädchen auf der Polsterbank und scharrte vor Ungeduld, endlich zum Zug zu kommen, schier mit den Hufen, während an den Hälsen schon die Adern hervortraten.
    Die Zeit begann mir lang zu werden. Jean-Christophe war mit einer alten Fregatte davongesegelt, Joe mit zwei vor Schminke triefenden Mädchen abgezogen, und André war unauffindbar.
    Die

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