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Die Schuld wird nie vergehen

Die Schuld wird nie vergehen

Titel: Die Schuld wird nie vergehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip Margolin
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Landungssteg den Strand, und der General drehte um. Als sie noch eine halbe Meile vor sich hatten, sprintete Wingate los. Carl hätte den älteren Mann mit Leichtigkeit abhängen können, aber er wollte kein Rennen laufen. Er spürte, dass dies eine Art Test war, und passte sein Tempo einfach nur dem des Generals an. Sie waren noch zweihundert Meter von der Treppe entfernt, als Carl einen Mann in Jeans und einem karierten Hemd sah, der oben am Rand der Klippe spazieren ging. Die Sonne blendete Carl, so dass er den Blick abwenden musste, aber einen Moment lang hatte der Körper des Mannes die Sonne verdeckt, und Carl glaubte, dass der Mann eine automatische Waffe in den Händen gehalten hatte.
    Als sie die Treppe erreichten, keuchte der General, während Carl nach wie vor ruhig atmete.
    Wingate beugte sich vor und stützte die Hände auf die Knie. »Sie sind sehr gut in Form, Carl.«
    »Ich trainiere mehrere Stunden am Tag. Laufen gehört auch dazu.«
    »Laufen Sie in der Leichtathletikmannschaft von St. Martins?« »Nein.«
    »Warum nicht?«
    Carl zuckte mit den Schultern. »Mein Unterricht und mein Karate füllen mich ziemlich aus. Ich habe nicht viel freie Zeit.«
    »Was machen Sie nächstes Jahr?«
    »Ich möchte gern auf das College gehen.«
    »Sie haben sicherlich ausgezeichnete Noten.«
    »Ich bin ganz zufrieden.«
    »Wo bewerben Sie sich?«
    »An der Universität von Kalifornien und an einigen anderen. Dartmouth wäre meine erste Wahl, aber das hängt von dem Stipendium ab. Wenn es sein muss, arbeite ich auch ein oder zwei Jahre.«
    Wingate richtete sich auf. Er atmete wieder normal. »Gehen wir hinauf! Vanessa ist bestimmt schon wach.«
    Carl fühlte sich zu dem General hingezogen. Würde Vanessa ihn fallenlassen, wenn sie glaubte, dass er ihren Vater mochte? Er hoffte, dass sie noch schlief und ihn nicht zusammen mit Wingate sah, aber diese Hoffnung wurde enttäuscht. Sie saß in Tennisshorts und einem hellgrünen, kurzärmeligen Hemd auf der Terrasse, aß ein Croissant und trank Kaffee.
    »Sieh an - macht Ihr auf Männerfreundschaft?« fragte sie, als die beiden näher kamen.
    »Ich habe Carl gebeten, mit mir zu laufen.« Wingate ignorierte die sarkastische Bemerkung seiner Tochter. »Er hat mir erzählt, dass er dir bei den Hausaufgaben hilft.«
    Vanessa starrte Carl so lange an, dass er nervös wurde. Er erwartete schon, dass sie ihrem Vater erzählte, was sie fast die ganze Nacht im Gästezimmer getrieben hatten.
    »Ich habe Schwierigkeiten mit Mathe. Carl ist ein Magier. Ich glaube, ich verstehe den Stoff jetzt.«
    »Gut«, erwiderte ihr Vater. »Ich gehe duschen. Bis später.«
    »Also, was hältst du von dem General?« wollte Vanessa wissen, als ihr Vater außer Hörweite war.
    »Für jemanden in seinem Alter ist er ziemlich gut in Form«, erwiderte Carl ausweichend.
    Vanessa lachte. »Keine Sorge. Ich reiße dir nicht den Kopf ab, wenn du etwas Nettes über ihn sagst. Er hinterlässt einen großartigen ersten Eindruck, vor allem bei Männern. Diese stahlgrauen Augen, das entschlossene Kinn und die militärische Haltung. Er ist ein richtiger Kerl, und ihr Jungs mögt so etwas.«
    »Ich habe Karate geübt. Wir haben über alles Mögliche geredet und sind zusammen gejoggt. Er hat mich gefragt, wo ich lebe und sich nach der Schule erkundigt.«
    Vanessa beugte sich vor und nahm Carls Kinn zwischen ihre Finger. Die Berührung elektrisierte ihn.
    »Du bist rot wie eine Möhre, und ich wette, ich weiß genau, was du denkst.« Carls Röte vertiefte sich. »Warum gehst du nicht nach oben und duschst? Ich seife dir den Rücken ein.«
    »Während dein Vater im Haus ist?« fragte Carl nervös
    »Gerade weil mein Vater da ist«, antwortete sie und starrte boshaft ins Innere ihres Hauses.
    Als sie aufstand, bog ein Mann um die Ecke. Es war nicht derselbe, den Carl auf dem Rand der Klippe hatte patrouillieren sehen. Diesmal bestand aber kein Zweifel daran, dass der Mann bewaffnet war.
    »Mach dir über die keine Gedanken«, sagte Vanessa, als sie bemerkte, wie Carl den Mann anstarrte. »Mein Vater reist immer mit einer Leibwache. Er ist eine wichtige Persönlichkeit. Selbst Enrique ist ein Ex-Militär, aus irgendeinem südamerikanischen Land, mit dem mein Vater zu tun hatte. Vermutlich war er bei einem Todesschwadron, das mein Vater ausgebildet hat.« Carl wusste nicht, ob sie das scherzhaft meinte. »Er selbst ist auch immer bewaffnet.«
    Carl runzelte die Stirn. Dass bewaffnete Männer dieses Grundstück

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