Die Schuld
alles Gute zu wünschen. Dann nahm er sich vor, eine scharfe Blondine aufzutreiben und vor ihr damit zu protzen. Vielleicht würde er sie mit zur Hochzeit nehmen, natürlich in einem Minirock über ihren superlangen Beinen. Mit seinem Geld dürfte es kein Problem sein, so eine Frau zu finden. Verdammt, er würde einfach eine mieten, wenn es sein musste.
»Es ist vorbei, alter Knabe«, sagte er immer wieder zu sich selbst. »Reiß dich zusammen.«
Lass sie endlich los.
16
D ie Kleiderordnung der Kanzlei hatte sich rasch gelockert, jeder trug, was ihm am liebsten war. Tonangebend war der Chef, der Jeans und teure T-Shirts bevorzugte, dazu ein sportliches Jackett, wenn er zum Mittagessen ging. Er besaß Designeranzüge für offizielle Besprechungen und Termine bei Gericht, doch im Augenblick konnte er sie nur selten anziehen, da die Kanzlei weder Mandanten noch Fälle hatte. Alle hatten ihre Garderobe aufgebessert, was Clay mit Wohlgefallen zur Kenntnis nahm.
Am späten Montagvormittag trafen sie sich im Konferenzraum: Paulette, Rodney und ein ziemlich verknittert aussehender Jonah. Miss Glick war nach wie vor »nur« Sekretärin und Empfangsdame, obwohl sie in der kurzen Zeit seit Gründung der Kanzlei viel an Einfluss dazugewonnen hatte.
»Leute, es gibt etwas zu tun«, eröffnete Clay das Meeting. Er berichtete von Dyloft und gab ihnen, basierend auf Pace' Kurzzusammenfassung, alle Informationen zu dem Medikament und dessen Geschichte, die sie brauchten. Aus dem Gedächtnis resümierte er kurz die Situation von Ackerman Labs - Absatz, Gewinn, Konkurrenz, rechtliche Probleme. Das »Bonbon« hob er sich bis zum Schluss auf: die schrecklichen Nebenwirkungen von Dyloft. Die Blasentumore, von denen das Unternehmen bereits wusste.
»Bis heute wurde noch keine Klage eingereicht. Das werden wir bald ändern. Am zweiten Juli werden wir die Sache lostreten, indem wir in Washington eine Sammelklage im Namen aller Patienten einreichen, die durch das Medikament geschädigt wurden. Es wird einen Riesenaufruhr geben, und wir werden mittendrin sitzen.«
»Vertreten wir schon welche von diesen Patienten?«, fragte Paulette.
»Noch nicht. Aber wir haben Namen und Adressen. Wir fangen heute an, Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Wir werden einen Plan ausarbeiten, wie wir Mandanten gewinnen, und du und Rodney setzt ihn in die Praxis um.« Obwohl Clay Vorbehalte gegen Fernsehspots hatte, war er sich auf dem Heimflug aus New Orleans darüber klar geworden, dass es keine zuverlässige Alternative gab. Sobald er Klage eingereicht und das Medikament in die Schlagzeilen gebracht hatte, würden die Wölfe, die er gerade beim Juristenzirkel kennen gelernt hatte, ausschwärmen, um Mandanten zu sammeln. TV-Spots waren die effektivste Methode, um möglichst rasch möglichst viele Dyloft-Patienten ausfindig zu machen.
Das erklärte er auch seinen Leuten, dann fügte er hinzu: »Das Ganze wird mindestens zwei Millionen Dollar kosten.«
»Diese Kanzlei hat zwei Millionen Dollar?«, rief Jonah. Er sprach aus, was alle dachten.
»Ja. Mit der Arbeit an den Spots fangen wir auch heute noch an.«
»Du willst das hoffentlich nicht selbst machen, oder?«, fragte Jonah fast flehentlich. »Bitte nicht!« Washington wurde wie jeder andere Ort in den Vereinigten Staaten frühmorgens und spätabends mit Fernsehspots überschwemmt, in denen Geschädigte aufgefordert wurden, einen bestimmten Anwalt anzurufen, der bereit war, sich ihrer Sache anzunehmen, und für den ersten Beratungstermin nichts verlangte. Häufig sprachen die Anwälte selbst in die Kamera, und im Allgemeinen war das eine recht peinliche Vorstellung.
Paulettes Miene drückte ebenfalls Bestürzung aus. Sie deutete ein leichtes Kopfschütteln an.
»Selbstverständlich nicht. Das machen Profis.«
»Wie viele potenzielle Mandanten gibt es?«, wollte Rodney wissen.
»Tausende. Schwer zu sagen.«
Rodney zeigte mit dem Finger nacheinander auf die Anwesenden und zählte durch. »Nach meiner Rechnung sind wir nur zu viert.«
»Wir holen noch ein paar Leute ins Boot. Jonah organisiert die Erweiterung der Kanzlei. Wir werden am Stadtrand Räume anmieten und Anwaltsassistenten hineinsetzen. Sie werden am Telefon sitzen und die Akten füttern.«
»Wo findet man Anwaltsassistenten?«, fragte Jonah. »Im Stellenteil der juristischen Fachzeitschriften. Fang gleich an, die Anzeigen durchzusehen. Heute Nachmittag hast du einen Termin mit einem Immobilienmakler draußen in Manassas. Wir brauchen rund
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