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Die Schuldlosen (German Edition)

Die Schuldlosen (German Edition)

Titel: Die Schuldlosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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erkennen, weil sie mit gesenktem Kopf hantierte. Lothar zog noch einmal seine Geldbörse aus einer Hosentasche, legte mit mürrischer Miene einen Zwanzig-Euro-Schein auf die Theke und erwiderte – jetzt war es ihm deutlich von den Lippen abzulesen –: «Ich hab’s nicht mehr kleiner, aber ich hätte das bis morgen schon nicht vergessen. Und an deiner Stelle würde ich mir mehr Gedanken über unser lasches Justizwesen machen als um einen Euro zu wenig in der Kasse.»
    Daraus schloss Alex, dass es vorher bloß um die Bezahlung des Saftpäckchens gegangen war. Das brauchte ihn nicht zu interessieren. Viel wichtiger war, dass er jetzt trotz seiner Angespanntheit Ruhe bewahrte.

    Heike Jentsch war alles andere als ein schreckhafter oder ängstlicher Typ. Mit ihren achtunddreißig Jahren und einigen Kilo Übergewicht war sie eher das, was man sich allgemein unter einer starken Frau vorstellt. Sie war tüchtig und unabhängig, aber finanziell nicht auf Rosen gebettet und zurzeit auf jeden Euro angewiesen. Sie beabsichtigte nämlich, am kommenden Donnerstag nach Holland zu fahren, um dort tags darauf unbürokratisch und ohne viel Fragerei ein Problemchen beseitigen zu lassen, ehe es sich zu einem Problem auswuchs.
    Wenn ihre Mutter nach Affären, Liebhabern oder etwas ordinär nach Kerlen fragte, behauptete Heike immer, keine Zeit für Männer zu haben. Hatte sie im Prinzip auch nicht. Ihr Tag begann um vier in der Frühe. Um halb fünf war sie schon in Garsdorf, um die ersten Brötchen abzuholen. Mittags brachte ihre Schwägerin Gerhild die zweite Lieferung und das Kleingebäck, das reißenden Absatz fand, wenn die Halbtagskräfte von der Arbeit kamen.
    Und wenn Heike am Nachmittag die Eingangstür ihres Kaffeebüdchens schloss, hatte sie noch lange nicht Feierabend. Es musste ja auch sauber gemacht werden, eine Putzfrau war ihr zu teuer.
    Meist ging Heike erst gegen halb sechs mit den Tageseinnahmen zu ihrem Honda, den sie immer auf dem Parkplatz direkt hinter dem Blockhaus abstellte. Dann fuhr sie zum Discounter. Danach kam die tägliche Abrechnung, die machte sie in ihrer Wohnung, aß anschließend zu Abend, meist nur ein Fertiggericht. Um neun ging sie ins Bad, fiel kurz darauf wie ein Stein ins Bett. Und am nächsten Morgen klingelte der Wecker wieder um vier.
    Trotzdem konnte Heike hin und wieder ein Stündchen fürs andere Geschlecht erübrigen. Nach einer bitteren Enttäuschung in früheren Jahren wollte sie allerdings keine feste Beziehung mehr. Wer sich mit ihr einließ, durfte keine Besitzansprüche anmelden und sollte den Mund halten können, so wie sie den ihren hielt.
    Dem Verursacher ihres kleinen Problems hatte sie natürlich mitgeteilt, dass es vor schätzungsweise sechs Wochen eine Panne gegeben hatte, die aber leicht zu beheben war. In ihrer Familie wollte sie das nicht zur Diskussion stellen. Dabei brauchte sie die Unterstützung ihrer Schwägerin Gerhild.
    Das Kaffeebüdchen für die gesamte Dauer ihres Aufenthalts im Nachbarland zu schließen, konnte sie sich nicht leisten. Sie hatte eine Vertretung engagiert, die schon gelegentlich für ein paar Stunden ausgeholfen hatte und sich auskannte. Leider besaß die Frau kein Auto, konnte also morgens nicht die Brötchen holen. Aber wenn Gerhild bereit war, die Tour zu übernehmen, ohne die Sache großartig zu hinterfragen …
    Am Donnerstagabend wollte Heike aufbrechen. Sie hatte ein Hotelzimmer in der Nähe der Klinik gebucht. Für Freitagmorgen waren Beratungsgespräch, Voruntersuchung und der kleine Routineeingriff angesetzt. Danach Erholung im Hotel. Sonntags die Rückfahrt. Vielleicht müsste sie sich montags noch ein wenig schonen, was sie allerdings nicht glaubte. Dienstags war sie garantiert wieder voll einsatzfähig. Für Gerhild wären es somit zwei, höchstens drei zusätzliche Fahrten.
    Um die Hilfsbereitschaft ihrer Schwägerin zu aktivieren, hatte Heike schon letzte Woche die Erschöpfte gemimt, die dringend mal für ein paar Tage ausspannen musste. Gerhild hatte vollstes Verständnis gehabt und war auf der Stelle bereit gewesen, die morgendliche Tour für zwei oder drei Tage zu übernehmen.
    Es war alles geklärt und geregelt. Und dann kam Lothar mit der Hiobsbotschaft. Heike hatte einen gewaltigen Schrecken bekommen, als sie hörte, wen er am Samstagnachmittag mit Silvie im Wohnzimmer angetroffen und vor die Haustür gesetzt hatte.
    Alex wieder in Freiheit! Wie oft hatte sie in den letzten Jahren an ihn gedacht, immer mit diesem

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