Die Schule der Magier 3 - Die Rückkehr des Bösen
in dem sich die Machtverhältnisse verschoben wie Treibsand.
Nix und Valya zählten ihm Namen von Grafschaften und anderen Ländereien auf, doch das waren nur zufällige Schnipsel, die sie von den Kobolden oder von anderen auf den florierenden Handelsstraßen aufgeschnappt hatten. Es ergab sich kein System, nichts, was so wertvoll gewesen wäre wie eine Landkarte des Königreichs oder eine Liste der großen Herzogtümer und ihrer Herrscher. Max hatte etwas Gutes bewirkt, seit er in Blys angekommen war, aber seiner Rache war er nicht nähergekommen, und jedes Mal, wenn er den Rasierer seines Vaters in der Hand hatte, gärte es in ihm.
»Du hast öfters von Vyndra gesprochen«, sagte Valya
und sah ihn nachdenklich an. »Und in deiner Stimme klingt Hass. Hat dir dieser Dämon Unrecht getan?«
»Er hat meinen Vater ermordet«, antwortete Max mit einer Stimme, die so angespannt klang wie eine Klaviersaite.
»Ah«, machte Nix. »Also willst du den Dämon aufsuchen und dich an ihm rächen, stimmt’s?«
Max nickte und die Vyes wurden sehr ernst.
»Max«, begann Nix vorsichtig, »das ist ziemlich dumm. Du steckst damit den Hals in die Schlinge.«
»Vielleicht«, gab Max ruhig zurück. »Aber es ist schließlich mein Hals, den ich riskiere.«
»Würde Mina dir zustimmen?«, fragte Valya. »Oder Isabella? Sie verlassen sich auf dich.«
»Ich werde nicht gehen, bevor hier nicht alles sicher ist«, sagte Max. »Aber der Tag wird kommen.«
»Die Welt hat sich verändert«, meinte Nix und goss Valya Tee nach. »In dieser Welt sind wir alle Waisen, Max. Wir haben alle jemanden verloren. Du hast deinen Vater verloren. Aber diese Kinder … haben sie nicht alles verloren?«
Unter dem nachdenklichen Blick des Vye wandte sich Max ab.
»Rowan hat unsere Familien ermordet«, fuhr Nix sanft fort. »Sie haben uns fast alles genommen. Sollten wir noch mehr von uns dieser Tragödie opfern? Sollten Zorn und Hass uns für den Rest unseres Lebens beherrschen? Ist das weise?«
»Ich bewundere euch, dass ihr damit so umgehen könnt«, sagte Max, steckte die Hände in die Hosentaschen und starrte aus einem Fenster an der Ostseite. »Aber ich kann das nicht, Nix. Ich kann es einfach nicht.«
»Dann betrachte mal die praktischen Gesichtspunkte«, verlangte Valya und wedelte mit einem ihrer dicken Finger.
»Dämonen sind nicht von dieser Welt. Sie sind unsterblich und – verzeih mir meine Direktheit – kein Junge geht einfach zu ihnen und vernichtet so einen Dämon. Wenn dieser Vyndra hinter Prusias’ Krone her ist, dann muss er ziemlich mächtig sein. Vielleicht einer der Herzöge. Er ist Feuer, Tod und Pest. Er würde dich so sicher vernichten, wie die Sonne aufgeht.«
Max betrachtete die dunkle Landschaft und den Lichtstreifen, der die Dämmerung ankündigte. »Ich bitte nicht um Begleiter«, sagte er und wandte sich zu ihnen, »nur um Informationen.«
Valyas Wolfsgesicht war ruhig und gefasst und entsprach so gar nicht der wilden Fratze tierischer Schlauheit, die Max mit ihrer Art immer in Verbindung gebracht hatte. Sie zupfte an ihrer Kette und betrachtete den kleinen Glücksbringer aus getriebenem Gold.
»Er hat Vertrauen zu uns, Nix«, seufzte sie. »Wir müssen ihm auch vertrauen.«
»Das müssen wir wohl, Valya.«
Damit stiegen die Vyes müde die Treppe hinauf, um noch ein oder zwei Stunden zu schlafen, bevor der Haushalt erwachte.
Sie blieben noch zwei Tage auf dem Bauernhof. Wenn die Kinder sie nicht belästigten, weil sie mit ihnen spielen wollten oder sie nach Süßigkeiten oder Geschichten verlangten, stellten die Vyes ihre Erfahrung den vielen Berechnungen zur Verfügung, die Max und Isabella beschäftigten.
Sie berechneten die Zahl der zu fütternden Münder, die Produktion der Eier, Pflanzzyklen, Ernteerträge und Nahrungsvorräte. Max bemerkte, dass die Vyes sich selbst stets bei der Zählung mit einschlossen und behaupteten, dass sie bei den Schätzungen »konservativ« sein mussten. Er sagte nichts dazu, aber insgeheim hoffte er, dass sie für immer
einziehen und sich um Isabella und die Kinder kümmern würden.
Als die Vyes schließlich abreisten, belud Max ihren Wagen, während sie sich von den Kindern verabschiedeten und Gianna streichelten. Valya kletterte auf den Fahrersitz und versprach Max, dass sie ihr Bestes tun würden, um Informationen zu sammeln, mit denen sie in ein oder zwei Monaten wiederkommen wollten. Nix schnalzte mit der Zunge, schwang die Zügel und schnaubend trotteten die Pferde die
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