Die Schule der Magier 3 - Die Rückkehr des Bösen
sich dann in eine Krähe, die durchs Fenster davonflog. Es war ein grauer, trüber Morgen, und ich fürchte, dass alle Schlafenden unten in der Stadt von dem Schrei des Dämons geweckt wurden. Ich bete, dass kein Neugeborenes diesen Schrei hören musste, denn es war kein passendes Willkommen in dieser Welt.
»Hallo!«, sagte eine Stimme hinter Max.
Max schrie erschrocken auf, warf das gruselige Grimoire beiseite und sprang aus seinem Sessel auf. Als er herumwirbelte, sah er David Menlo auf der untersten Stufe des Observatoriums stehen.
»Oh nein!«, lachte David. »Tut mir leid, dass ich dich überrascht habe.« Er bückte sich nach dem Grimoire.
»Schon gut, schon gut«, wehrte Max ihn ab. »Du hast mich nur erschreckt.«
»Du hast über Prusias gelesen?«, erkundigte sich David.
»Ja«, antwortete Max, der langsam wieder zu Atem kam. »Es hat mir irgendwie Angst gemacht.«
»Verständlich«, meinte David. »Aber ich freue mich, dass du anfängst, über Alte Magie und Geis zu lesen, Max. Ich bin sicher, dass du verstehst, wie wichtig das ist.«
»Dass ich ein Geis habe? Ja, daran habe ich auch schon gedacht«, sagte Max.
»Ich wollte nie neugierig sein und dich über deine Zeit in Rodrubân ausfragen«, begann David vorsichtig, »aber haben Scathach oder Lugh je etwas gesagt, was danach klang, als könne es ein Geis sein?«
Max ging zu seiner Kommode und durchsuchte die
oberste Schublade nach der Brosche, die Scathach ihm gegeben hatte, als er das seltsame Schloss in den Sidh verlassen hatte. Er fuhr mit dem Finger über die Schließe und die glatte Elfenbeinsonne auf der Vorderseite und versuchte, sich an die Zeit zu erinnern, die er dort verbracht hatte.
»Ich glaube nicht«, sagte er schließlich. »Lugh habe ich nur einmal gesehen und da hat er kaum mit mir gesprochen. Mit Scathach habe ich viel Zeit verbracht, aber ein Geis hat sie nie erwähnt. Das Einzige, an was ich mich erinnere, sind ihre Worte bei meinem Abschied.«
»Was hat sie gesagt?«
» Vergiss niemals, dass du der Sohn eines Königs bist «, zitierte Max und erinnerte sich an die unerklärliche Traurigkeit Scathachs bei diesen Worten.
»Hmm«, überlegte David, legte das Grimoire auf den Tisch und setzte sich auf den anderen Stuhl.
»Man sollte doch meinen, dass sie sich etwas klarer ausdrücken, wenn es bei der Niederschlagung eines Geis um Leben und Tod geht«, lachte Max. David runzelte nur die Stirn und stocherte im Feuer herum. »Wie spät ist es eigentlich?«
»Kurz nach vier«, erwiderte David und erhob sich, um die Treppe wieder hinaufzugehen.
»Ich muss mich fertig machen«, murmelte Max. Er drehte sich zum Spiegel an seinem Schrank und betrachtete sein Gesicht und die wirren Haare. Dabei fiel sein Blick auf Davids Spiegelbild. Der kleine Junge bückte sich gerade, um Nick zu streicheln. Davids normalerweise blasse Erscheinung wirkte jetzt geradezu leichenhaft. Was auch immer Max’ Zimmergenosse tat, es forderte einen hohen Preis.
»Kommst du auch zum Fest?«, fragte Max und bemühte
sich um einen beiläufigen Tonfall. »Wir könnten Prusias zusammen gegenübertreten.«
David seufzte und ging zu seinem Bett. Max hörte seine Stimme über das Geländer.
»Ich habe Prusias schon gesehen, er mich aber nicht. Und so soll es auch bleiben. Grüß deinen Vater und die anderen von mir. Ich werde im Geiste bei euch sein.«
Wieder hörte Max, wie David die Vorhänge schloss. Er konnte nur raten, ob sein Zimmergenosse im Bett lag und den Himmel entschlüsselte oder sich nach Nimmerland davonschlich.
Zwanzig Minuten später hatte sich Max das Gesicht gewaschen, seine Haare gekämmt und seine Rowan-Jacke gebürstet, bis sie glatt und dunkelblau glänzte. Geschickt band er sich die Krawatte, warf einen letzten Blick in den Spiegel und schlüpfte mit Nick im Schlepptau aus der Tür.
Auf den Gängen herrschte ein großes Durcheinander. Aufgrund der Wiedereröffnung der Schule und der bevorstehenden Festivitäten waren die Schüler in heller Aufregung. Doch es waren auch Erwachsene anwesend, Eltern, die ihre Söhne in den offiziellen Uniformen bewunderten, oder Großeltern, die nach den Kameras griffen. Es hätte auch eine Abschlussfeier sein können, und Max fragte sich, ob die strahlenden Eltern – oder auch seine Mitschüler – wussten, wie seltsam dieser Abend ausgehen könnte. Eine Abordnung von Dämonen würde nach Rowan kommen, und dennoch hakte man einander unter und stellte sich in Pose, während die Kameras
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