Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
Vom Netzwerk:
kleines Lächeln auf ihr Gesicht.
    »Worüber tuscheln die jungen Damen denn so angeregt?«, sagte plötzlich eine Stimme hinter ihr.
    April drehte sich um und stand einem hochgewachsenen Mann gegenüber, der etwa im Alter ihres Vaters war. Sie erinnerte sich vage, sein Gesicht auf einem der Fotos im Haus ihres Großvaters gesehen zu haben. Auch er besaß die klassische Hamilton-Statur, allerdings bewahrten ihn seine leicht schiefe Nase, die aussah, als sei sie schon mal gebrochen worden, und seine tief liegenden Augen davor, die gleiche unterkühlte Attraktivität zu verströmen wie die anderen. In seinem engen schwarzen Anzug und mit dem bulligen Nacken hatte er sogar fast etwas von einem Gangsterboss. Außerdem sah eine seiner Augenbrauen aus, als würde er sie ständig leicht amüsiert nach oben ziehen, was April sofort für ihn einnahm.
    »Ich bin dein Onkel Luke«, stellte er sich vor und streckte seine Hand aus. »April erinnert sich bestimmt nicht an mich«, fügte er an Fiona und Caro gewandt hinzu, »aber ich habe sie sofort wiedererkannt. Du hast sehr viel Ähnlichkeit mit deiner Mutter, April.«
    »Hoffentlich nicht zu viel.«
    Er lachte. »Ich weiß, was du meinst. Deine Mutter ist eine fantastische Frau, trotzdem tut man besser daran, nicht ihren Unmut auf sich zu ziehen. Aber ganz egal, wie sehr sie dich manchmal in den Wahnsinn treibt – sei froh, dass du nicht als ihr kleiner Bruder groß geworden bist.«
    »Hat sie Sie gefoltert?«, fragte Caro mit einem Augenzwinkern.
    »Nicht direkt.« Luke lächelte. »Obwohl… die eine oder andere Narbe habe ich schon davongetragen.« Er schob die Manschette seines Hemds ein Stück nach oben und zeigte den Mädchen eine gekrümmte weiße Linie auf der Innenseite seines Handgelenks.
    »War es so schlimm, dass Sie versucht haben, sich das Leben zu nehmen?«, fragte Fiona entsetzt.
    »Herrgott, Fee!«, zischte April und warf ihrem Onkel einen peinlich berührten Blick zu. »Tut mir leid, sie ist sonst nicht so.«
    Aber Luke lachte nur. »Kein Problem… Der Gedanke liegt ja nahe«, scherzte er. »Nein, tatsächlich ist es eine Bisswunde. Ich wollte Silvia nicht mit meinem Pogostick – das waren so Springstöcke, die damals groß in Mode waren – spielen lassen, also hat sie kurzerhand ihre Zähne in meinem Handgelenk versenkt. Tja, ich hab dann ziemlich schnell nachgegeben.«
    Die drei Mädchen blickten ehrfürchtig zu Aprils Mutter hinüber. Sie saß auf der anderen Seite des Raums und nippte an einer klaren Flüssigkeit, die garantiert kein Wasser war, während sie sich mit einem grauhaarigen Mann unterhielt, den April als einen alten Freund ihres Vaters von der Zeitung wiedererkannte.
    »Ist das der Grund, warum Sie April so lange nicht gesehen haben? Weil Sie sich von Ihrer beißwütigen Schwester fernhalten wollten?«, fragte Caro.
    April warf ihrer Freundin einen mahnenden Blick zu, den diese mit Unschuldsmiene und einem stummen »Was denn?« erwiderte.
    »Ist schon okay«, sagte Luke amüsiert. »Ich fürchte, eine echte Entschuldigung habe ich nicht, außer dass ich die letzten zehn Jahre im Ausland gearbeitet habe und nur selten zu Hause war. Seit Kurzem lebe ich aber wieder in London, sodass wir uns in Zukunft bestimmt öfter sehen werden. Jedenfalls habe ich all die Jahre über immer gewusst, dass dein Vater gut auf euch aufpasste. Deine Mutter hat mir regelmäßig geschrieben und Bilder von dir mitgeschickt.«
    »Wirklich?« April sah überrascht noch einmal zu ihrer Mutter hinüber, die sich gerade mit einem Spitzentaschentuch die Nase abtupfte. Sie konnte sich nicht daran erinnern, als Kind viel fotografiert worden zu sein, und war sich nicht einmal sicher, ob ihre Eltern überhaupt eine Kamera besaßen.
    »Onkel Luke?«, fragte sie. »Heißt du eigentlich Hamilton oder Vladescu?«
    Ihr Onkel lächelte. »Wir sind immer schon Hamiltons gewesen«, antwortete er. »Unser Vater hat seinen Nachnamen geändert, bevor deine Mum und ich geboren wurden. Muss ziemlich seltsam für dich gewesen sein, als du den alten Namen auf der Gruft gelesen hast, oder?«
    April nickte. »Es ist irgendwie komisch, dass mein Vater jetzt zusammen mit diesen ganzen Fremden da drin liegen soll.«
    »Ach, darüber würde ich mir an deiner Stelle keine Sorgen machen«, entgegnete Luke und zog seine geschwungene Augenbraue noch ein Stückchen höher. »So, und jetzt schaue ich mal wieder nach deiner Mutter. Wir sehen uns bestimmt nachher noch mal, ja?«
    »Er scheint nett zu

Weitere Kostenlose Bücher