Die Schule der Nacht
zuversichtlich. »Du hast jetzt das A-Team an deiner Seite.«
April wünschte, sie hätte daraus irgendeinen Trost ziehen können.
Vierzigstes Kapitel
D as Haus sah aus wie ein Schloss in einem Wintermärchen. Über Nacht war der erste Schnee gefallen und hatte dem Ball der Osbournes die perfekte Kulisse beschert. Nur zwei Tage zuvor, als April nach der Schule bei Davina zu Besuch gewesen war, hatte das Anwesen noch wie eine bedrohliche Festung gewirkt, aber als das Taxi jetzt durch das weit geöffnete Tor bog, war alles wie von Puderzucker überstäubt und glitzerte im Schein der die Auffahrt säumenden Fackeln, während die hohen Fenster des Hauses in einem warmen orangefarbenen Licht erstrahlten. Am Eingang standen Sicherheitsleute, die die Einladungen prüften, und auf der bekiesten Einfahrt begrüßten sich mit lautem Hallo die gut gelaunten Gäste. Die Herren trugen Smoking, die Damen schneeweiße Pelzmäntel und -stolen über prächtigen Abendkleidern und dazu kostbaren Schmuck, der im Licht des halb vollen Mondes funkelte. Der Winterball schien ein so wichtiges gesellschaftliches Ereignis zu sein, dass April froh war, ihre Mutter an ihrer Seite zu haben. Nachdem sie fast die gesamte vergangene Woche wieder im Bett verbracht und über Kopfschmerzen geklagt hatte, schien die Aussicht auf den Ball sie endlich aus ihrer Lethargie gerissen und ihre Stimmung gehoben zu haben. Als April morgens aufgestanden war, war ihre Mutter schon weg gewesen und hatte ihr auf dem Küchentisch einen Zettel mit der Nachricht »Bin in der Stadt« hinterlassen. Bei ihrer Rückkehr am Nachmittag war sie wie ausgewechselt gewesen – ihr Teint schimmerte wieder rosig, ihre Haare waren von Profis gestylt worden und glänzten, und ihre Augen strahlten. »Ich bin im West End shoppen gewesen«, hatte sie gesagt und ein halbes Dutzend Einkaufstaschen auf Aprils Bett geworfen. »Und dir habe ich auch ein paar Sachen mitgebracht.« Die paar Sachen , die sie mitgebracht hatte, waren der Grund, warum April ein schulterfreies Alexander-McQueen-Ballkleid und Peeptoes von Gucci trug und ihre Mutter ein eng anliegendes Seidenkleid von Ossie Clark und die Diamanten, die sie von ihrer Mutter geerbt hatte. »Keine Widerrede! Ich will, dass meine Tochter heute die Königin des Balls wird«, hatte sie auf Aprils Einwände erwidert und angefangen, ihr die Haare zu frisieren und sie zu schminken. April gab es zwar nicht gerne zu, aber die Stylingaktion hatte stimmungstechnisch auch bei ihr wahre Wunder bewirkt. Milos Tod, die Sache mit Gabriel und ihre neue inoffizielle Rolle als Buffy die Vampirjägerin lasteten ihr zwar immer noch auf der Seele, aber sie hatte sich erlaubt, es zu genießen, sich von ihrer Mutter für den Ball aufhübschen zu lassen und wenigstens einen Moment lang einmal alles andere zu vergessen. Obwohl sie und Caro heute Abend nicht nur zu ihrem Vergnügen hier waren, hatte sie beschlossen, trotzdem so viel Spaß wie möglich zu haben – vielleicht würde sie um Mitternacht ja sogar mit Benjamin in den Whirlpool steigen, falls er sie dazu einladen sollte.
»Dass ihr beiden euch auch ja anständig benehmt, hört ihr?«, sagte Aprils Mutter, als hätte sie die Gedanken ihrer Tochter gelesen.
»Natürlich, Mrs Dunne«, säuselte Caro, die mit ihnen im Taxi hergefahren war. »Wir werden uns nur von unserer allerbesten Seite zeigen.«
»Das beruhigt mich, ich werde nämlich so viel Champagner trinken und wild über die Tanzfläche wirbeln, dass es für uns drei reicht.«
»Mum!«, rief April.
»Keine Sorge, Liebes.« Silvia lächelte sie liebevoll an und drückte ihr Knie. »Das war nur ein Scherz. Selbstverständlich werde ich den ganzen Abend über ein Musterbeispiel für würdevolles Benehmen und Anmut abgeben.«
April gab ihr einen Kuss auf die Wange.
»Womit hab ich das denn verdient?«
»Damit, dass du wieder du bist.«
Nachdem das Taxi sie abgesetzt hatte, bahnten sie sich zwischen den parkenden Bentleys und Porsches hindurch einen Weg zum Eingangsportal, wo man sie freundlich durchwinkte, jedoch nicht, ohne sie vorher höflich darum gebeten zu haben, ihre Kameras und Handys abzugeben.
»Aus Sicherheitsgründen, Miss«, hatte einer der Securitymänner knapp geantwortet, als Caro etwas ungehalten nach dem Grund für diese Maßnahme gefragt hatte. Sie und April wechselten einen enttäuschten Blick, hatten jedoch keine andere Wahl gehabt, als sich zu fügen.
Caro pfiff leise durch die Zähne, als sie die Eingangshalle
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