Die Schule der Nacht
vor wie zwei Katzen, die sich zufällig in einem fremden Garten über den Weg liefen. Sie fauchten sich zwar nicht an, aber die Stimmung zwischen ihnen war spürbar gereizt.
»Hallo, Caro«, sagte Layla kühl, bevor sie sich wieder April zuwandte. »Wir sehen uns dann morgen. Ich glaube, wir haben Englisch zusammen.«
Davina zog ihr piepsendes Handy aus der Tasche. »Mein Fahrer ist da. Ich bin dann auch weg. Kommst du, Chess?«
»Na? Neue Freundinnen gefunden?«, fragte Caro ironisch, sobald Davina und die beiden anderen Mädchen weg waren.
»Nein. Oder ja, vielleicht. Ich hab sie eben erst kennengelernt. Ich hatte mich im Schulgebäude verlaufen und…«
Caro fuhr herum und stürmte so schnell aufs Tor zu, dass April kaum hinterherkam.
»Hey, was ist denn auf einmal los, Caro?«
»Gar nichts. Geht mich schließlich nichts an, mit wem du deine Zeit verbringst«, sagte sie, ohne sie anzusehen.
»Wer redet denn hier davon, dass ich Zeit mit ihnen verbringe? Ich bin ihnen bloß zufällig in die Arme gelaufen, und wir haben uns ein bisschen unterhalten.«
Caro blieb ruckartig stehen und sah April an. »Und, bist du jetzt glücklich?«
»Wie bitte? Sag mal, was hast du denn?«, fragte April verwirrt. Allmählich gewann sie den Eindruck, dass an der Ravenwood School alle ein bisschen gestört waren.
Caros grüne Augen funkelten wütend. »Das sind miese Hexen. Sie nehmen dich mit Haut und Haar in Besitz, krempeln dich komplett um und dann… Ach, vergiss es einfach!«, rief sie und wollte weitergehen.
»Caro! Bitte!« April hielt sie am Arm fest. »Rede mit mir.«
Caro sah sie einen Moment lang prüfend an, dann entspannten sich ihre Gesichtszüge, und sie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Tut mir leid. Es hat nichts mit dir zu tun, sondern mit ihr.«
»Das hab ich mir schon gedacht«, sagte April und lächelte zaghaft. »Aber was habt ihr für ein Problem miteinander?«
Caro setzte zu einer Antwort an, schüttelte dann aber bloß den Kopf. »Glaub mir, April, diese Mädchen sind richtig böse. Das sind hinterhältige, grausame Hexen.«
April betrachtete Caro einen Moment lang mit hochgezogenen Brauen, dann brach sie in lautes Lachen aus. Caro verzog gequält das Gesicht, dann lachte sie auch.
»Tut mir leid.« Sie grinste betreten. »Aber wenn es um die ›Schlangen‹ geht, schieße ich mit meinem Hass immer ein bisschen übers Ziel hinaus. Sie sind vielleicht nicht die Töchter des Satans, aber du solltest dich vor ihnen in Acht nehmen. Das meine ich ganz ernst.«
»Mach ich.« April lächelte. Sie zögerte einen Moment und sagte dann: »Kann ich dich was fragen, Caro?«
»Klar.«
»Hast du ›Sakrileg‹ gelesen?«
»Ja, warum?«
»Und kann es sein, dass du auch ›24‹ schaust? Und ›Prison Break‹?
Beide begannen, prustend zu lachen.
»Okay, ich geb’s zu. Ich hab eine Schwäche für Verschwörungstheorien«, sagte Caro. »Aber dass ich paranoid bin, bedeutet nicht, dass sie nicht hinter mir her sind.«
Nachdem sie das Schulgelände verlassen hatten und die Straße entlangschlenderten, versuchte Caro, April ihren Hass auf die »Schlangen« zu erklären. Sie und Layla hatten früher jede freie Minute miteinander verbracht, sich gegenseitig anvertraut, für welche Jungs sie schwärmten, beieinander übernachtet – kurz: Sie waren beste Freundinnen gewesen. Und dann war eines Tages Davina aufgetaucht, und alles hatte sich geändert. Layla war ihrem Glamour-Faktor sofort erlegen, und auf einmal hatte sich alles nur noch um Davina gedreht. Nachdem die Osbournes sie in den Sommerferien auch noch in ihre Villa am Schwarzen Meer eingeladen hatten, war sie nach ihrer Rückkehr wie verwandelt gewesen: Sie hatte abgenommen, sah aus, als hätte sie täglich mehrere Stunden im Kosmetiksalon verbracht, und trug nur noch die edelsten Designerklamotten.
»Das wäre ja alles kein Problem gewesen, wenn sie sich nicht auch sonst komplett verändert hätte«, erzählte Caro weiter. »Wir hatten früher so viel Spaß miteinander, aber plötzlich war sie total humorlos und biestig. Sie ist ein völlig anderer Mensch geworden. Ein Klon. Im Ernst, April, halt dich von denen fern, sonst endest du ganz genauso.«
»Vielen Dank für die Warnung, aber so schlimm fand ich sie ehrlich gesagt gar nicht«, sagte April vorsichtig. »Okay, ich kann mir schon vorstellen, dass sie ziemlich gehässig sein können und sich für was Besseres halten, und dass Davina echten Pelz trägt, finde ich extrem geschmacklos,
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