Die Schule der Nacht
aber…«
»Schon gut, reden wir nicht mehr davon«, sagte Caro beleidigt.
April nagte betreten an ihrer Unterlippe. Sie hatte Caro nicht verletzen wollen – schließlich war sie die Einzige, die sich wirklich für sie zu interessieren schien und die sich an ihrem ersten Tag total nett um sie gekümmert hatte. Warum nahm sie ihr gegenüber Leute in Schutz, von denen sie nicht das Geringste wusste?
»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich hastig. »Ich bin gerade mal fünf Minuten hier und tue schon so, als wüsste ich über alles bestens Bescheid. Hör einfach nicht auf das, was ich sage, okay?«
Caro zuckte die Achseln. »Okay.«
»Hast du Lust, noch mit zu mir zu kommen?«, fragte April.
»Eigentlich hab ich keine Zeit, aber… Ist dein Vater auch zu Hause?«
»Ich glaube nicht. Heute ist sein erster Arbeitstag bei der neuen Zeitung.«
Eine Weile sagte keine von ihnen ein Wort, bis April das Schweigen nicht mehr länger aushielt und das Thema wechselte.
»Erzähl doch mal. Worum geht es denn bei deiner Verschwörungstheorie?«
Doch Caro ging einfach stumm weiter, ohne darauf zu antworten. April blies die Backen auf. Puh. Ihre neue Freundin war anscheinend ganz schön kompliziert. Irgendwann blieb Caro abrupt stehen und sah sie an.
»Okay… Ich hab noch keine konkreten Beweise, aber an der Schule ist irgendetwas im Gang. Ich hab ein total ungutes Gefühl. Mir ist klar, dass das heute dein erster Schultag ist – wahrscheinlich willst du das alles gar nicht hören, aber ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn ich es dir nicht erzählen und dir womöglich irgendwas passieren würde.«
»Wie meinst du das?«
»Die Ravenwood School ist noch gar nicht so alt – es gibt sie erst seit zehn Jahren. Anscheinend wird sie durch Gelder aus irgendeiner Stiftung finanziert, aber niemand weiß, wer hinter dieser Stiftung steht. Bis auf den Falken gibt es niemanden, der öffentlich in Erscheinung tritt. Über die Leute, die die Schule verwalten, ist nichts bekannt.«
»Wer ist der Falke?«
Caro lächelte. »Mr Sheldon, unser Schulleiter. Das ist sein Spitzname. Den hat er wegen dieses Raubvogelblicks bekommen, mit dem er einen manchmal anschaut – so als wolle er sich jeden Moment auf dich stürzen und dich verschlingen.«
»Mit dem Blick hab ich auch schon Bekanntschaft gemacht. Aber woher weißt du das alles?«
»Ich hab ein bisschen nachgeforscht. Genau genommen, hab ich sogar ziemlich gründlich nachgeforscht, aber es gibt keinerlei Informationen darüber, woher die Stiftungsgelder kommen. Und merkwürdigerweise scheint sich auch niemand sonderlich dafür zu interessieren.«
»Das muss aber noch lange nicht heißen, dass hier irgendetwas vertuscht werden soll, oder?«
»Ich weiß schon, dass ich mich wie eine durchgeknallte Irre anhöre, aber ich bin davon überzeugt, dass hier irgendwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Ich meine, hast du dir mal die Lehrer angeschaut? Sie sehen vielleicht wie ganz gewöhnliche Loser in schlecht sitzenden Jacketts mit Ellbogenflicken aus, aber die meisten von ihnen sind absolute Überflieger. Ich hab gegoogelt und festgestellt, dass die meisten von Eliteuniversitäten kommen und Koryphäen ihres Fachs sind. Und das müssen sie auch sein, um mit manchen der Schüler hier mithalten zu können. Als ich ein paar von ihnen angesprochen und gefragt hab, warum sie sich entschieden haben, ausgerechnet an der Ravenwood School zu unterrichten, haben mir alle mehr oder weniger zu verstehen gegeben, dass man ihnen ein Angebot gemacht hat, das sie unmöglich ausschlagen konnten. Klar, die meisten Privatschulen verlangen hohe Schulgebühren und verfügen über entsprechend viel Geld, aber in der Ravenwood School steckt ein Vermögen. Ich meine, schau dir mal allein die Computer- und Laboranlagen an, die im Keller rumstehen. So eine hochmoderne technische Ausstattung findest du sonst nur noch bei der NASA !«
April schwieg verunsichert. »Okay… aber das muss doch nicht zwangsläufig bedeuten, dass eine Verschwörung dahintersteckt. Vielleicht wird die Schule von irgendeinem exzentrischen Milliardär finanziert – so jemandem wie Bill Gates –, der seinen Namen aus der Sache raushalten will.«
Caro schlug April so fest auf die Schulter, dass sie ein paar Schritte vorwärts stolperte. »Ha! Ich sehe, dass du verstehst.« Sie lachte. »Daran hab ich natürlich auch schon gedacht – vielleicht steckt auch ein Riesenkonzern wie Coca-Cola dahinter, der aus den spektakulären
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