Die Schule der Nacht
war zwar eindeutig ein Blutsauger, aber nur im übertragenen Sinn.
Einen Moment lang saß sie wie erstarrt da, dann löste sich die Anspannung und sie brach in Lachen aus.
Zwischen der Menge hindurch sah sie, wie Caro und Simon über die Tanzfläche fegten, als wäre ihnen nicht bewusst, wie gefährlich nah sie sich alle am Abgrund bewegten. April wurde wieder ernst.
Jetzt hängt alles von mir ab, dachte sie. Irgendjemand muss herausfinden, wer meinen Vater umgebracht hat. Nicholas Osbourne war es anscheinend nicht, aber wer bleibt dann noch übrig? Benjamin und Davina rekrutieren Spender, aber soweit ich weiß, hatten sie keinerlei Verbindung zu meinem Vater. April spürte, wie erneut Angst in ihr aufstieg. Konnte es sein, dass das, was sie bis jetzt herausgefunden hatte, gar nicht miteinander in Zusammenhang stand? Dass hier mehr als nur eine Verschwörung im Gang war? Oh Gott, bitte lass es nicht noch komplizierter werden, stöhnte sie stumm. Obwohl der Gedanke nicht uninteressant war, zwang April sich, sich nur auf das zu konzentrieren, was sie wusste, und sich nicht in Spekulationen zu verlieren. Was war mit Isabelle Davis? Davina hatte sie persönlich gekannt, aber April hatte keine Ahnung, wie eng ihr Verhältnis gewesen war. Und Alix Graves? Alix! Und wieder fiel ein Puzzleteilchen an seinen Platz. Vor ihrem inneren Auge stieg das Bild auf, das in Benjamins Zimmer hing, und sie erinnerte sich, dass er ihr erzählt hatte, er sammle gerade in einem der Unternehmen seines Vaters Erfahrung. Handelte es sich bei diesem Unternehmen vielleicht um Transparent Media, die Firma, mit der auch Alix geschäftlich zu tun gehabt hatte? Es gab nur eine Möglichkeit, das herauszufinden.
April öffnete vorsichtig die Tür zu Benjamins Zimmer und spähte hinein. Kurz überlegte sie, das Deckenlicht anzumachen, beschloss dann aber, kein Risiko einzugehen, und benutzte stattdessen die Hintergrundbeleuchtung ihres Handydisplays als Taschenlampe. Sie ging zu Benjamins unordentlichem Schreibtisch hinüber und fing an, die Schubladen zu durchsuchen, aber das Licht des Displays war viel zu schwach, um irgendetwas zu erkennen. Mist! Sie tastete nach dem Schalter der Schreibtischlampe und knipste sie an. Plötzlich hörte sie ein Lachen – oder nein, es klang eher wie ein heiseres Kichern –, drehte sich um und bekam einen solchen Schlag ins Gesicht, dass sie zur Seite taumelte.
»Du!«, sagte eine männliche Stimme, die voller Schadenfreude war, während sich gleichzeitig eine kräftige Hand um ihr Kinn schloss und brutal ihren Kopf herumriss. Panische Angst durchzuckte sie. Marcus! Wie durch einen Nebel hindurch erinnerte sie sich an Gabriels Worte über Jäger, die auf der Lauer lagen und sich stets eine Beute suchten, die schwächer war als sie. Das kann nicht sein! , dachte sie. Er kann nicht… oder doch? Aber sie bekam keine Gelegenheit, den Gedanken zu Ende zu denken, denn schon im nächsten Moment wurde sie mit einem heftigen Ruck zur Seite gezogen.
»Ich wusste, dass du kommen würdest.« Marcus schubste sie gegen den Schreibtisch und drückte ihr Gesicht dicht an die Lampe. Sie öffnete den Mund, um zu schreien, aber er stieß ihren Kopf mit solcher Gewalt nach unten, dass ihr Wangenknochen schmerzhaft auf der Schreibtischkante aufschlug.
»Na, na, na.« Er schnalzte missbilligend mit der Zunge. »Wir wollen doch nicht, dass dich irgendjemand hört, nicht wahr? Erst unterhalten wir uns ein bisschen. Also, wonach hast du hier drin gesucht?«
Als April nicht sofort antwortete, packte er sie an den Haaren und schleuderte sie gegen das Bücherregal.
»Rede endlich!«, zischte er. »Wonach. Hast. Du. Gesucht?« Mit jedem einzelnen Wort zerrte er sie wieder näher und näher an die Schreibtischlampe heran, bis sie die glühende Hitze der Glühbirne an ihrer Wange spürte. Verzweifelt versuchte sie, sich loszureißen, aber Marcus hielt sie mit eisernem Griff fest.
»Du wolltest wohl noch ein paar von deinen hübschen kleinen Fotos schießen, was?« Er hielt ihr das Handy vor die Nase und schmetterte es dann gegen die Wand. »An deiner Stelle würde ich jetzt langsam den Mund aufmachen, wenn du willst, dass der Schmerz aufhört. Glaub mir, du wirst dir wünschen, es so schnell wie möglich hinter dir zu haben.«
»Hilfe!«, schrie sie, verstummte aber sofort wieder, als Marcus sie gegen die Wand knallte. Ihr wurde kurz schwarz vor Augen, und sie spürte, wie warmes Blut an ihrer Schläfe hinunterrann.
»Du solltest
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