Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
Vom Netzwerk:
geht’s dir überhaupt?«
    »Ich versuche mich zusammenzureißen, auch wenn ich ganz schön fertig bin. Als Zeichen meiner Trauer hab ich mir heute in der Schule ein schwarzes Schultertuch umgelegt, aber Miss Batty ist total ausgeflippt deswegen.«
    »Musstest du nachsitzen?«
    Fiona lachte. »Nein, im Gegenteil. Miss Batty kennt sich in der Musikszene anscheinend nicht sonderlich gut aus. Als ich ihr gesagt hab, dass ich um Alix Graves trauere, hat sie gedacht, das sei irgendein Verwandter von mir, und hat mir ihr Beileid ausgesprochen. Ich könnte jederzeit zu ihr kommen, wenn ich das Bedürfnis hätte, mich auszuweinen.«
    »Oh Mann!« April kannte Fionas Faible für Dramatik und konnte sich lebhaft vorstellen, dass sie der Verlockung nicht hatte widerstehen können, eine kleine Vorstellung ihrer schauspielerischen Fähigkeiten abzugeben. »Fee? Du bist doch hoffentlich nicht auf ihr Angebot eingegangen?«
    Fiona schnitt eine Grimasse. »Für wie dämlich hältst du mich? Früher oder später wird sie rausfinden, wer Alix wirklich ist, und würde komplett an die Decke gehen, wenn ich ihre Gutmütigkeit so schamlos ausgenutzt hätte.«
    April schüttelte lachend den Kopf. Sie vermisste Fiona und ihr begnadetes Talent, sich immer wieder Ärger einzuhandeln, aber jedes Mal mit einem blauen Auge davonzukommen. Mit ihr war es nie langweilig.
    »Machst du heute Abend noch was?«
    »Ich treffe mich gleich mit Sophie«, erzählte Fiona. »Wir wollen zu Juliet und einen Masterplan aushecken. Sie will Ian zurückerobern.«
    April spürte einen eifersüchtigen Stich. Sie wäre so gern dabei gewesen, wenn ihre Freundinnen stundenlang über dem Text der perfekten Versöhnungs- SMS brüteten und über jedes einzelne Wort diskutierten, das Juliet am Telefon sagen sollte. Eben ganz normale, alltägliche Dinge tun, statt einsam in Highgate zu hocken und… Plötzlich blitzten wieder Gabriels dunkle Augen vor ihr auf. Sie erschauerte.
    »April? Hörst du mir überhaupt noch zu?«
    »Ich, äh… ja, tut mir leid.« Ihr wurde erst in diesem Moment bewusst, dass sie den letzten Satz ihrer Freundin gar nicht mitbekommen hatte.
    »Wie es aussieht, hast du noch jede Menge zu tun«, sagte Fiona und deutete auf die Kartons, die in einer Ecke von Aprils Zimmers standen und darauf warteten, endlich ausgepackt zu werden. »Dann lass ich dich lieber mal wieder. Und hey, du fehlst mir…«
    »Du mir auch«, sagte April traurig. »Viel Spaß bei Juliet. Aber amüsier dich ohne mich bloß nicht zu gut, ja?«
    Fiona lachte. »Versprochen.«
    April klappte den Laptop zu und sah sich in ihrem Zimmer um. Es war klein und wirkte beengt, was nicht nur an den vielen noch unausgepackten Kisten lag, die überall herumstanden. Jedenfalls war es alles andere als gemütlich. Sie stand auf, stellte sich ans Fenster und sah hinaus, weil sie die leise Hoffnung hegte, eine einsame Gestalt mit schwarzen Haaren in dem kleinen Park stehen zu sehen – aber der Platz lag völlig verwaist da. Zumindest war sie ziemlich sicher, dass niemand dort war, es sei denn… er stünde in einem der dunklen Schatten verborgen. Nein, Unsinn. Was sie auf dem Friedhof zu sehen geglaubt hatte, musste eine Art Sinnestäuschung gewesen sein. Seufzend ging sie hinunter in die Küche, wo ihr Vater am Tisch saß und gerade in einen Käsetoast biss.
    »Seit wann bist du zu Hause?«, fragte sie erstaunt.
    »Bin grade erst gekommen«, erwiderte er und schenkte ihr eine Tasse Tee ein. »Hunger?«, fragte er und zeigte auf seinen Toast.
    April schüttelte den Kopf.
    »Wie war’s in der Schule?«
    »Interessant«, antwortete sie. »Und wie war dein erster Tag bei der neuen Zeitung?«
    »Auch interessant.« Er lächelte. »Wo ist deine Mutter?«
    April zuckte mit den Achseln. »Sie hat mir einen Zettel geschrieben, dass sie sich mit Freundinnen trifft.«
    Ihr Vater griff nach den beiden Büchern, die vor ihm auf dem Tisch lagen, und stand auf. »Gut. Dann mach ich mich mal wieder an die Arbeit.«
    »Kannst du nicht wenigstens noch eine Minute ruhig sitzen bleiben?«, fragte April lachend und drückte ihn wieder auf den Stuhl hinunter. »Du bist wirklich ein unverbesserliches Arbeitstier.«
    Als sie nach Hause gekommen war, hatte sie bemerkt, dass er sich in dem Raum gegenüber vom Wohnzimmer bereits sein Arbeitszimmer eingerichtet hatte. Wohin man blickte, stapelten sich Bücher, Unterlagen und Ordner. April fragte sich, warum er immer so getrieben war. Vielleicht war es der Wunsch, endlich

Weitere Kostenlose Bücher