Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
Vom Netzwerk:
Gutenachtkuss und wandte sich zum Gehen, als er ihr eine Hand auf den Arm legte und sie zurückhielt.
    »Und wie ist dein erster Eindruck?«, fragte er.
    April erstarrte innerlich. Er weiß es, dachte sie entsetzt, er weiß, dass ich sein Notizbuch habe.
    »Mein erster Eindruck wovon?«, fragte sie so ruhig wie möglich.
    »Na, von deiner neuen Schule, Schatz. Wie ist es dir an deinem ersten Tag so ergangen? Wir hatten noch gar keine Gelegenheit, uns richtig darüber zu unterhalten. Ist bestimmt anstrengend gewesen.«
    »Ach so, die Schule. Was meinst du mit anstrengend ?«
    »Na ja, ich dachte nur, wenn du um ein Uhr nachts noch wach bist, geht dir vielleicht irgendetwas durch den Kopf. Es macht dir dort doch hoffentlich niemand das Leben schwer, weil du neu bist, oder?«
    »Nein, keine Sorge. Obwohl es natürlich nicht einfach ist, vor allem weil ich mitten im Schuljahr eingestiegen bin. Aber ich hab schon ein paar ganz nette Leute kennengelernt. Und in meiner Klasse ist ein Mädchen, das dir bestimmt gefallen würde – sie ist dir ziemlich ähnlich.«
    Ihr Vater schnitt eine Grimasse. »Die Arme.«
    »Es gibt Schlimmeres, Dad«, lachte April und lief dann schnell in ihr Zimmer hoch.
    Wer ist der Ripper? Opfer seiner Umwelt. Infiziert? Durch verseuchte Böden ausgelöste Erkrankung? Mögl., aber warum die Gewalt? Verbindung zum Königshaus? Teil einer Vertuschungsaktion?
    Die Handschrift ihres Vaters war so unleserlich, dass April sich fragte, wie er es all die Jahre hindurch geschafft hatte, seinen Lebensunterhalt als Journalist zu bestreiten. Wobei es ihm wahrscheinlich genügte, wenn er seine Notizen hinterher selbst noch lesen konnte. Sie blätterte auf die nächste Seite des zerfledderten und eng beschriebenen Büchleins, aber bevor sie weiterlas, neigte sie kurz lauschend den Kopf. Zwischen ihren Eltern hatte es einen kleinen Wortwechsel gegeben, als ihr Vater wieder ins Schlafzimmer zurückgekehrt war.
    »Es ist doch nicht normal, die halbe Nacht aufzubleiben!« – »Sei nicht so streng mit ihr. Sie hatte heute ihren ersten Tag an der neuen Schule.« – »Ach, und wessen Schuld ist das?« So war es noch eine ganze Weile weitergegangen, aber nun war endlich Ruhe eingekehrt. April wandte sich wieder dem Notizbuch zu. Stellenweise konnte sie das Gekrakel ihres Vaters noch nicht einmal ansatzweise entziffern, und da er die Notizen nur für sich selbst geschrieben hatte, konnte sie sich zum Teil auch keinen Reim darauf machen.
    Bereich um Whitechapel, Pestmassengräber – def. Überreste altrömischer Bauten unter Spitalfields – Verbindung? Gerüchte um Sarg/West End; eventuell Großstadtmythos? Weitere Verbindung der Ripper-Morde mit dem Königshaus?
    Auf einer Seite stand in Großbuchstaben und mehrmals unterstrichen: » VERSEUCHUNG «.
    April erinnerte sich, dass ihr Vater bei ihrem Gespräch in der Küche schon davon gesprochen hatte, dass es in seinem neuen Buch um Krankheiten und Seuchen gehen würde, aber wie konnte eine Krankheit eine Mordserie erklären? Oder Jack the Ripper dazu bringen, all diese Frauen zu zerstückeln? Wenn das seine Theorie war, klang sie ziemlich an den Haaren herbeigezogen. Falls es tatsächlich ein Virus gäbe, das sich verbreitete und Menschen in mordlüsterne Bestien verwandelte, hätten die Medien das doch bestimmt schon als Thema aufgegriffen. Aber selbst wenn an der Geschichte etwas dran war, beantwortete das immer noch nicht die Frage, was das alles mit Highgate zu tun hatte. Anscheinend vermutete ihr Vater, dass diese »Verseuchung« sich über das U-Bahn-Netz ausbreitete, aber wo war der Bezug zu Highgate? Dadurch, dass sich das Viertel auf einer Anhöhe befand, war die U-Bahn nie bis hierher gebaut worden, weil man zur nächsten U-Bahn-Station immer erst den Hügel hätte hinabgehen müssen.
    Unter dem Wort VERSEUCHUNG wiesen mehrere Pfeile auf Stichpunkte wie »Zahnfleischbluten«, »blasse Haut«, »Hypersexualität«. Ihr Vater hatte die gesamte Wortgruppe umkringelt und darunter ein Wort notiert, auf das ebenfalls ein Pfeil deutete.
    »Vampire« .
    April musste unwillkürlich lachen. »Oh Gott, Dad – das kann nicht dein Ernst sein…!« Sie schüttelte den Kopf und musste sofort an Caro denken. Ihr würde das bestimmt gefallen.
    Fast war sie erleichtert. Sie hatte schon befürchtet, ihr Vater hätte ein Komplott zur Vergiftung der Londoner Bevölkerung über das U-Bahn-Netz oder etwas Ähnliches aufgedeckt, aber es ging anscheinend doch wieder mal um seine

Weitere Kostenlose Bücher