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Die Schule der Nacht

Die Schule der Nacht

Titel: Die Schule der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Mia
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sich herausnehmen durften. Andererseits, was lief an dieser Schule schon normal?
    Plötzlich stutzte April. Sie hatte ein Geräusch gehört, das wie unterdrücktes Schluchzen geklungen hatte. Langsam schritt sie die Reihe der Toilettenkabinen ab und lauschte angestrengt. Das Schluchzen kam aus der Zelle ganz am Ende.
    »Hallo?«, flüsterte sie und klopfte sachte an die Tür.
    Diesmal war das Schluchzen ganz deutlich zu hören, und als sie versuchsweise am Griff rüttelte, stellte sie überrascht fest, dass die Tür nicht abgeschlossen war. Zusammengekauert auf dem Toilettendeckel, die Arme schützend um den Körper geschlungen, saß Ling Po.
    »Ling… Was ist denn los?«, fragte April sanft. Ling sah sie kurz an, dann senkte sie den Blick und wiegte dabei kaum merklich ihren linken Arm hin und her.
    »Was ist mit dir? Hast du dir wehgetan?«
    Ling schüttelte den Kopf und zog den Ärmel ihrer Jacke ein Stück herunter.
    April runzelte die Stirn und trat einen Schritt vor. »Darf ich mir deinen Arm mal ansehen?«
    Ling zuckte zurück. »Nein!«, rief sie. »Lass mich! Das geht dich nichts an.« Sie schaute angsterfüllt zu April auf. »Bitte sag es ihnen nicht«, flehte sie. »Sag ihnen nicht, dass du das gesehen hast!«
    »Hey, hey, ist ja gut. Ich werde bestimmt nichts sagen«, antwortete April, als sie bemerkte, dass Ling ein Papierhandtuch auf ihr Handgelenk presste. Sie beugte sich besorgt vor, aber Ling machte eine abwehrende Handbewegung.
    »Bitte, Ling, ich will dir doch bloß helfen.«
    »Wenn du mir wirklich helfen willst, dann lass mich in Ruhe!«, flüsterte Ling, sprang auf, schob sich an April vorbei und rannte aus der Toilette.
    April sah ihr verwirrt hinterher. Sie wollte gerade wieder in den Waschraum zurückkehren, als sie etwas bemerkte. Auf dem weißen Toilettendeckel waren kleine rote Sprenkel zu sehen. Blut? Sie beugte sich vor – ja, das war definitiv Blut. Einen flüchtigen Moment lang dachte sie an Mr Gill und seine Behauptung, es gäbe tatsächlich Vampire und sie würden mitten unter ihnen leben, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Unsinn. Es konnte eigentlich nur eine logische Erklärung für das Blut geben. Sie verzog mitfühlend das Gesicht. Ling war eine Ritzerin. Aprils Freundin Rachel aus Edinburgh hatte auch so eine selbstzerstörerische Phase durchgemacht, als ihre Eltern sich scheiden ließen. Wahrscheinlich litt Ling unter dem Wechsel an eine neue Schule und dem Druck, alles richtig machen zu wollen, um von den Schlangen akzeptiert zu werden. April konnte ihre Situation nur allzu gut nachfühlen.
    Kopfschüttelnd ging sie zum Waschbecken zurück und holte ihren Concealer aus der Tasche. Sie würde Caro fragen, ob sie mit jemandem an der Schule darüber sprechen sollte. Als sie sich zum Spiegel vorbeugte, kam ihr plötzlich ein Gedanke, der sie beinahe laut auflachen ließ. Wenn die Schlangen Vampire wären, könnten sie sich gar nicht im Spiegel anschauen. Da wäre Davina mit ihrem Schönheitswahn ziemlich angeschmiert.
    Auf einmal spürte sie einen scharfen Schmerz am Hinterkopf. Jemand hatte sie an den Haaren gepackt und riss ihren Kopf in den Nacken.
    »Ach, wir machen uns hübsch, ja?«, zischte Marcus dicht an ihrem Ohr. »Dafür braucht es aber noch ein bisschen mehr, fürchte ich.«
    »Hey, was soll…«, begann April, aber ihr Satz endete in einem entsetzten Aufschrei, als Marcus sie an den Haaren vom Spiegel wegzerrte, am Hals packte und gegen die geflieste Wand presste.
    »Du hältst das wohl für witzig, was?«
    »Ich hab keine Ahnung, wovon du redest«, stieß April zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Marcus verstärkte den Griff um ihren Hals. »Oh doch, du weißt genau, wovon ich rede«, flüsterte er heiser. »Du und deine miesen kleinen Freunde – ihr habt einen Haufen Mist über mich herumerzählt.«
    »So etwas würden wir nie…«
    »Halt die Klappe!«, brüllte er. »Ich hab doch ganz genau gesehen, wie deine Loser-Freundin Caro und diese elende Schwuchtel in der Cafeteria die Köpfe zusammengesteckt haben. Also versuch ja nicht, mich für blöd zu verkaufen.« Seine Stimme bebte vor Wut. »Wir Ravenwood-Schüler sind nämlich für unsere herausragende Intelligenz bekannt, falls du es noch nicht mitbekommen haben solltest.«
    »Nein, du liegst völlig falsch«, presste April hervor, während ihr vor Schmerzen die Tränen über die Wangen liefen.
    »Wenn hier jemand falschliegt, dann bist das du.« Der Blick, mit dem er sie ansah, ließ sie vor

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