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Die Schule der Nackten

Die Schule der Nackten

Titel: Die Schule der Nackten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Augustin
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Bauch wie eine Klinge. Es ist Wedisch, der «Gott der Entmannung».
    Kein Zweifel, Pradi war gebildet.

    *
    Aber nun der Traum in dieser ersten Nacht, den ich zusammen mit Ehemann Klaus und dem Naturmenschen Rudi träumte. Wobei die klumpige Matratze, das leise Röcheln auf der einen Seite, das lautere auf der anderen eine Rolle spielten. Ich träumte von einer «langsamen» Landschaft, die sich durch meinen Traum wälzte. Von einem Weg, auf dem niemand kam. Niemand außer dem Weg selbst. Es war so, daß ich immer wieder aufwachte und die Bedeutung erkannte und darüber immer wieder einschlief.
    Ich wußte, daß ich sie kannte. Aber welche?

    *

    In der Frühe ging es dann ernsthaft zur Sache. Es war wie erwartet ein kühler Morgen, noch etwas näßlich am Boden, als wir uns draußen aufstellten: Im Stehen hochschwingen und sich ins Becken fallen lassen, es begann, einen Sinn zu ergeben. Außerdem kündigte sich ganz im Süden mit einem schmalen hellblauen Streifen besseres Wetter an. So daß wir zuversichtlich waren. Hochschwingen und fallen lassen. Hoch und– – voll ins Becken, Brahhh.
    Es nannte sich «Dynamische Meditation», die wir hier betrieben, eine Entspannungsübung, nicht mit dem Kundalinischütteln zu verwechseln. Vorher hatte ich noch Gelegenheit, mit Juliane zu sprechen, die sich an diesem Morgen gelöst und glücklich gebärdete. Sie umhalste mich, nannte mich ihren Alex, offenbar hatte sie sich die ganze Nacht über mit ihren Schlafgenossinnen unterhalten, Kinderbilder seien gezeigt worden, Berührungen. Ja, Berührungen habe es auch gegeben, Liebkosen von Schultern und Bauch. Schenkel? Schenkel auch. Für meinen Geschmack eine etwas suspekte Angelegenheit, doch schien es sie glücklich zu machen. Jedenfalls gebärdete sie sich so.
    Und jetzt: Sich ganz hochhängen, hoch, hoch mit gestreckten Armen, bis sich dann doch ein leiser Unwillen einschleicht, aber das ist eben die Disziplin, die noch sehr viel bringen wird. Den Unwillen zu überwinden. Um uns dann so hochaufgehängt und wirklich hochauf - massiv ins Becken fallen zu lassen. Herrgott, diese Erschütterung!
    Das sollte man erst einmal erfahren haben. Brahhh und Broaaahhhoh… Das stößt die Seele frei! Das öffnet den Kanal! Insbesondere nach dem zehnten, dem zwanzigsten Mal, so daß sich ein tagelanger Muskelkater einstellen wird. Ich nehme an, daß diese Muskeln normalerweise nicht betätigt werden - wir sollten noch erfahren, zu welchem Zweck. Ich für meinen Teil bekam etwas Rheuma.
    Zunächst gab es aber ein Frühstück, bestehend aus Tee und Butterbroten, und danach allgemeine Aussprache. Das heißt, man stellte sich vor, man stand auf und erklärte, wer man sei, wo und warum. Möglichst mit allen vorhandenen Gebrechen. Ich glaube, es war so gedacht, daß man sich erst einmal psychisch auszog, bevor es ins Körperliche ging. Zum Beispiel erklärte ein relativ kleiner Mann, den ich bisher noch nicht wahrgenommen hatte, daß er sich zum Sex nur unter Brechreiz zwingen konnte.
    Aha.
    Das sah also so aus: Da hatte sich dieser bedauernswerte Mann schon den ganzen Morgen lang vor dem gefürchtet, das kommen sollte. Trat nun beherzt vor, der Gerhard, und erklärte sich bereit, den Anfang zu machen - ich weiß nicht, was ihn dazu bewog. Berichtete, der wirklich nette und geschlagene Mann, daß ihn einerseits die ganze Sache abstoße (er nickte uns zu), so sehr abstoße, daß er nur mit Widerwillen, ja, mit körperlicher Übelkeit daran denken könne. Automatisch mit einem sich einstellenden Würgen. Daß er aber andererseits den Sex nur «leben» könne, wenn ihn ebendieser Übelkeitsreiz überkomme. Versteht ihr? Wir konnten das zwar nicht so ganz verstehen, saßen trotzdem teilnahmsvoll auf dem Fußboden. In dem überheizten Raum.
    Oder die Dicke, die sich überwand - die Dünne übrigens auch -, die sich beide überwanden, über ihre Eßzwänge zu sprechen, was ich als mutig empfand. Sie hatten beide das genau gleiche Problem, wobei nicht ganz geklärt schien, wieso es einmal die sehr Füllige und einmal die sehr Magere betreffen sollte. Ich selber, als ich an die Reihe kam, gab eine Kurzfassung meiner Studien, was nicht so recht ankam, erwähnte meine augenblickliche Situation, nämlich mit der Partnerin nicht als Paar aufzutreten, was nun wieder recht gut ankam. Der Pradi blickte zwar mißtrauisch herüber, im allgemeinen stieß ich aber mit meiner kurzen Darstellung auf Verständnis und zustimmendes Kopfnicken, vielleicht weil sie so

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