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Die Schule der Nackten

Die Schule der Nackten

Titel: Die Schule der Nackten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Augustin
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kurz war.
    Womit andere offenbar Schwierigkeiten hatten. Der Rudi zum Beispiel wollte und wollte nicht zum Ende kommen, entrollte ein weites Panorama, Kindheit, frühes und spätes Berufsleben (Dekorateur), Gesellschaft, Stellung und alles proper und gelungen. Nur, daß er von dem Gedanken besessen schien, die Menschheit wiche vor ihm zurück – – aber Rudi! Ja, darauf wollte er denn doch bestehen - nicht, daß er sich sehr deutlich ausdrückte, er benötigte fast eine Viertelstunde, um vom Zurücknehmen (eine zurückgenommene Gesellschaft) auf das Zurückweichen zu kommen. Während wir zwar teilnahmsvoll, doch eigentlich etwas unruhig dasaßen. Auf dem Fußboden im überheizten Raum.
    Oder, ich möchte mich vorsichtig ausdrücken: Ich war derjenige, der unruhig dasaß, für die anderen kann ich nicht sprechen, es kann durchaus sein, daß sie den Ausführungen mit großem Interesse lauschten. Obwohl wir - jetzt spreche ich wieder für alle - im Laufe der nächsten Tage alle ein wenig vor Rudi zurückwichen. Das zeigte sich zum Beispiel daran, wie er bei der Elle nicht ankam und bei der Ulli nicht, bei der Thea schon gar nicht – – – bis sich am Ende eben doch zeigte, daß er mit einem vielleicht unmerklichen Körpergeruch behaftet war? Von dem Gedanken besessen?
    Ja, leider.
    Weißt du, Rudi, das ist nun dein Problem. Du bist sicherlich ein wertvoller Mensch, ich meine, was die Beziehungsebenen angeht, Gruppenarbeit und alles. Aber wir lieben dich eben nur auf eine Entfernung von Armeslänge, da ist nun nichts zu machen, was deine Nähe angeht. Rudi.
    Ja, sonst war der Vormittag mit mehr oder weniger gestaltlosen Bekenntnissen angefüllt, wobei manche sich leichttaten, manche nicht. Insgesamt hatte ich hinterher - als wir zu Mittag unser Körneressen aßen - den Eindruck eines Sammelsuriums, das gar nichts besagte, nichts über das ältere Mädchen, die Friede, nichts über den jungen Spund (was will der hier), nichts über den schönen Mann. Allenfalls über den Rudi - der roch etwas.
    *
    Am Nachmittag wurden wir dann handgreiflich, sozusagen. Es wurde eine Übung praktiziert, die sich «Fette Engel» nannte. Fette Engel sein! Sich anschubsen, Raum behaupten, sich gegenseitig wegdrängen und sich mal so richtig breitmachen. Dazu nahmen wir Aufstellung, diesmal nicht auf Armeslänge, sondern schön eng - man stelle sich eine gut gefüllte Straßenbahn vor -, und dann, Herrgott, gab es Körperkontakt, e s gab endlich das, worauf wir gewartet hatten.
    Das sieht also so aus: Ich stehe am Rand rechts und hätte notfalls ausweichen können. Neben mir ist die Friede tätig, die mich kräftig anstößt, aber nicht bösartig, mehr kommunikativ, mehr kokett mit dem Ellenbogen, und ich stoße mit dem Ellenbogen ein wenig zurück. Während sie mich dann mit ihrer Brust anstößt. Wir haben uns hier gewissermaßen auf Körperwärme angenähert, die mir in ihrem Fall nicht unangenehm erscheint, wenn auch mehr im Rahmen der Gruppenerfahrung. Immerhin bedeckt. Ich meine, immerhin noch in Hemd und Hose, so daß, wenn sie mich mit ihrer Brust anstößt, ich mit meiner eben ein wenig zurückstoße. So etwa.
    Da gestaltete sich mein Verhältnis zum Vordermann - es war der Rudi - schon etwas drastischer. Der glaubte wohl, nicht genügend Platz zu haben, und rammte nach ein paar schwachen Versuchen, mich abzudrängen, seinen Naturarsch in mich hinein. Aber voll. Dem habe ich dann meinen Naturbauch voll in den Rücken gerammt. Immerhin waren wir ja fette Engel und brauchten Platz, und traurig die Versuche der Hespe, die ganz dünn hinter mir stand und mir als «fetter Engel» eine sehr dünne Schulter in die Seite schob, denn ich hatte mich inzwischen gedreht, hätte auch gerne die dicke Thea geschubst, aber die stand eigentlich nur ruhig da. Hatte wohl keinen Spaß an der Sache.
    Und Juliane, also Juliane schien voll auf ihre Kosten zu kommen, die war weiter entfernt mit dem schönen Hans und dem ganz jungen Spund im Gange, schubste, drängte, stemmte und gluckste lauthals, sie glucksten alle lauthals. Wie habe ich sie gehaßt! Ganz besonders die Juliane, die ihre schöne Hüfte dem schönen Hans in. die Seite schob, wie ich sehr wohl wahrnahm!
    Bis mich der Rudi ins Kreuz stieß. Aber diesmal ernsthaft. Ich weiß nicht, womit er stieß, mit der Faust vielleicht, oder auch nur mit sich selbst, jedenfalls stockte mir der Atem, und ich wäre fast in die Knie gegangen, stieß rückwärts zurück. Mit angezogenen Ellenbogen. Und das

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