Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
überflog. Dann noch einmal eine Runde schlafen und anschließend eine lange, heiße Dusche nehmen.
Danach wäre sie bereit, zur Arbeit zu gehen.
Aber im Augenblick – im Monat Januar des Jahres 2001, in dem sie bald die Vierunddreißig erreichen sollte – gab es zwei ernsthafte Hindernisse, was die Verwirklichung dieses idealen Morgens betraf.
Zum einen war sie sich nicht sicher, ob sie nun den Mann ihres Lebens gefunden hatte, auch wenn sie mehr und mehr dazu neigte, zu glauben, dass Mikael Bau diese Rolle durchaus einzunehmen in der Lage war. Das hieß, wenn er immer noch Lust hatte, aber es gab nichts, was in eine andere Richtung deutete, und irgendetwas sagte ihr, dass es langsam an der Zeit war.
Zum anderen wäre sie gezwungen, schon um vier Uhr aufzustehen, um alle Punkte auch einlösen zu können.
Und, dachte sie, als sie an diesem Morgen die Treppen hinunterlief, nur mit einer halben Tasse Tee und einer zweiminütigen Dusche im Gepäck, wie sollte es überhaupt möglich sein, schon um vier Uhr morgens intensiv zu lieben und dann ausgeruht aufzustehen?
Unmöglich. Also hatte so ein perfekter Morgen nichts mit dem wirklichen Leben zu tun, basta.
Außerdem hatte sie schlecht geschlafen. Sie hatte von der jungen Kammerle und ihren schwarzgeschminkten Klassenkameradinnen geträumt, von diesen jungen Damen, mit denen sie sich vor ein paar Monaten im Café unterhalten hatte. Im Traum hatte sie sich an einem Strand befunden, an einem großen, menschenleeren Sandstrand, auf dem Monica Kammerle weinend herumkroch, während sie nach ihren verschwundenen Unterschenkeln suchte und ihre Klassenkameradinnen sie verspotteten und verhöhnten. Moreno selbst lag ein Stück weiter entfernt auf einem Badelaken und versuchte, in einem Buch zu lesen, wurde aber von den Mädchen gestört.
Es war in erster Linie ihre eigene Rolle in dem Traum, die ihr zu denken gab und an der sie schwer zu schlucken hatte. Sie hatte sich keinen Deut um das verletzte Mädchen gekümmert, nur gehofft, sie möge doch in eine andere Richtung kriechen, damit sie selbst in Ruhe und Frieden weiterlesen konnte.
Während sie auf die Straßenbahn wartete, kam ihr die gestrige Eingebung wieder in den Sinn. Der Gedanke an einen Zusammenhang zwischen der Kammerlegeschichte und der verschwundenen Ester Peerenkaas.
Vertraue deinen Einfällen!, hatte der
Hauptkommissar
einmal gesagt. Gib ihnen zumindest eine Chance, das kostet nicht viel.
Die Straßenbahn kam, und sie drängte sich hinein. Es gelang ihr sogar, einen Sitzplatz zu ergattern – zwischen einem dicken Mann, der in der Bibel las, und einer Frau, die wie eine außerordentlich magere Barbiepuppe aussah –, und sie setzte ihre Überlegungen fort.
Sie begann, diese ganze traurige Geschichte der isolierten Familie in der Moerckstraat zu rekapitulieren… wobei Familie vielleicht zu viel gesagt war. Schließlich war nur von zwei Personen die Rede, einer Mutter und ihrer Tochter. Konnte man solche intimen Konstellationen überhaupt schon als Familien bezeichnen?
»Meine Familie besteht aus einer Person«, hatte sie irgendwo mal gelesen. »Und die bin ich.«
Jetzt waren sie jedenfalls fort. Martina und Monica Kammerle. Tot.
Getötet.
Ein Mörder lief frei herum, wie man so sagte. Vielleicht hatte er noch andere ermordet, diese Frau in Wallburg beispielsweise? Und vielleicht hatte er – sie bekam es nicht aus dem Sinn – vielleicht hatte er auch etwas mit Ester Peerenkaas’ Verschwinden zu tun…
Dass der Kerl, den sie im Restaurant getroffen hatte, hinter dem Ganzen steckte, das war auf jeden Fall unbestritten. Der sich Amos Brugger nannte.
Ester Peerenkaas hatte ihrer Freundin erzählt, dass er gesagt habe, er heiße so.
Amos Brugger?
Es gab niemanden diesen Namens in Maardam, wie Reinhart behauptet hatte, und außerdem hatte er noch erklärt, dass das etwas bedeuten würde.
Bedeuten?, dachte Moreno. Namen bedeuten doch eigentlich nichts, oder?
Sie schaute aus dem Fenster. Die Straßenbahn fuhr gerade zur Haltestelle am Ruyders Plejn.
Sie schaute auf die Uhr.
Viertel vor neun. Sie bekam eine neue Idee und stieg aus.
»Der Tag fängt ja gut an«, stellte Van Veeteren fest. »Ich hätte nicht erwartet, zwischen all diesen Wälzern eine so hübsche Kriminalinspektorin zu sehen.«
»Ach, Quatsch«, sagte Moreno. »In hundert Jahren haben wir alle eine Glatze. Ich glaube, das war der Hauptkomm… ich glaube, du warst das, der mir den Spruch beigebracht hat.«
»Das stimmt
Weitere Kostenlose Bücher