Die Schwalbe, die Katze, die Rose und der Tod - Svalan, katten, rosen, döden
vor sich hin. »Madre mia, was zum Teufel soll ich tun? Es muss ihr etwas zugestoßen sein. Bestimmt ist sie auf dem Weg hierher von einer Straßenbahn überfahren worden. Oder überfallen. Oder von der Polizei geschnappt.«
Letzteres erschien ihm bei näherer Überlegung nicht besonders wahrscheinlich, und plötzlich fiel ihm ein, dass er ihr seine Telefonnummer gegeben hatte. Genauso war es gewesen: Er hatte ihre nicht bekommen, aber sie hatte seine. Aus irgendeinem Grund.
Falls irgendwas dazwischen kommen sollte, dachte er und tippte seine eigene Nummer ein, um den Anrufbeantworter abzuhören.
Es gab nur eine einzige Mitteilung, und zwar von ihr. Gesprochen um 18.21 Uhr. Ungefähr zu dem Zeitpunkt, als er in der Sauna saß.
Es täte ihr schrecklich Leid, sagte sie. Aber sie sei verhindert. Ein Kollege sei plötzlich krank geworden, und sie sei gezwungen, länger zu arbeiten. Wahrscheinlich wäre sie erst gegen elf Uhr zu Hause, aber sie hinterließ ihre Nummer, damit er zurückrufen konnte.
Rooth stellte das Handy ab und starrte es eine Weile an.
Leid, dachte er. So schrecklich Leid.
Und sie hatte ihre Nummer hinterlassen und bat ihn zurückzurufen.
Hm, dachte er. Vielleicht doch kein gar so schlechtes Zeichen? Vielleicht musste man sich einfach in Geduld üben.
Er winkte der Kellnerin. Bestellte noch ein Bier. Einen Salat und ein großes Stück Fleisch.
Man konnte nicht sagen, dass er sich arbeitswütig fühlte, aber so dazusitzen und Kaffee und Cognac zu trinken und dabei den Blick nur auf das Geschirr und die eigenen Hände richten zu können, war nicht gerade besonders zufrieden stellend.
Deshalb holte er die Namensliste aus der Aktentasche hervor.
Deshalb begann er, die sechsundvierzig Namen genauer zu studieren.
Deshalb reagierte er plötzlich bei einem.
Nur deshalb, weil er einfach so dasaß und das Papier genau mit dieser typischen Leck-mich-am-Arsch-Haltung betrachtete. Das Gehirn abgestellt, aber immer noch in dieser merkwürdigen Art und Weise aufnahmefähig, in der er bei einigen Anlässen mit Van Veeteren geredet hatte.
Es stand ein T in Klammern hinter dem Namen. T wie Tochter. Also hatte Jung ihn gefunden. Jetzt fiel es ihm wieder ein. In Monica Kammerles kleinem Collegeblock genauer gesagt, er hatte ihm überhaupt nichts gesagt, als er ihn zu den anderen Namen geschrieben hatte, aber jetzt klingelte es. So hieß er doch? Das war doch… ?
Er sah auf die Uhr. Fünf nach zehn. Das ging noch. Er zog sein Adressbuch heraus und tippte Ewa Morenos Nummer.
»Guten Abend«, sagte Rooth. »Hier spricht dein Lieblingskollege.«
»Das höre ich«, sagte Moreno.
»Du bist doch noch nicht im Bett?«
»Um zehn Uhr? Was denkst du von mir?«
»Alles Mögliche«, sagte Rooth. »Aber auch egal. Hast du dir die Liste angeguckt?«
»Welche Liste?«
»Welche Liste! Mein Gott, hier arbeitet und schuftet man im Schweiße seines Angesichts und stellt ein pädagogisches Verzeichnis zusammen, und dann haben die Brüder und Schwestern im Corps nicht einmal…«
»Ach so, die«, sagte Moreno. »Nein, dazu habe ich noch keine Zeit gehabt. Warum fragst du?«
»Ja, hrrm«, räusperte Rooth sich. »Es steht ein Name drin, von dem ich plötzlich glaube, dass ich ihn kenne.«
»Plötzlich?«
»Ja, er ist mir nicht aufgefallen, als wir dabei waren und alle Namen aufgelistet haben, Jung und ich, aber jetzt sitze ich bei Kraus mit der Liste in der Hand, und da taucht der auf…«
»Was?«, unterbrach ihn Moreno.
Er hielt inne, und ein paar Sekunden lang blieb der Hörer still.
»Du sitzt bei Kraus und arbeitest?«
»Nicht direkt, ich wollte hier mit einer Frau essen, aber die ist nicht gekommen, und da… ja… ist ja auch scheißegal. Willst du jetzt mal die Liste holen oder nicht?«
»Okay«, sagte Moreno. »Warte einen Augenblick.«
Rooth wartete und trank seinen letzten Schluck Cognac.
»Nummer elf«, sagte er, als Moreno zurück war. »Tomas Gassel. Sagt dir das etwas?«
Moreno antwortete nicht, und einen Moment lang überlegte er, ob etwas mit der Verbindung vielleicht nicht stimmte.
»Hallo? Bist du noch dran?«
»Ja, natürlich«, sagte Moreno. »Natürlich bin ich noch dran. Ich war nur einfach so überrascht… ja, es stimmt, was du sagst. Tomas Gassel, das muss dieser Pfarrer gewesen sein… der vor den Zug gestürzt ist. So heißen sicher nicht noch viele andere. Was zum Teufel hat der hier zu suchen?«
»Genau das frage ich mich auch«, sagte Rooth. »Was haben da die Ermittlungen
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