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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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um ein Haar niedergetrampelt«, sagte sie. »Wie kann denn so was passieren?«
    Der Junge prustete bloß und ließ sie im Vorübergehen seine schiefen Zähne sehen. Hinter ihm stand Abel Pilkington, die Daumen in die Träger seiner Latzhose gehakt, und bedachte sie mit finsteren Blicken.
    »Wer ist denn auch so blöd, im Gang rumzustehen, wenn Vieh durchgetrieben wird. Wie sind Sie hier hereingekommen?«, fragte er.
    »Über die Laderampe.«
    »Da haben Sie nichts zu suchen. Können Sie nicht lesen? Unbefugten ist das Betreten verboten.«
    Der Junge hatte einen dicken Schlauch an einen Wasserhahn angeschlossen und spritzte jetzt mit Hochdruck den Mittelgang sauber. Fry musste die Stimme heben, um den Lärm zu übertönen. Pilkington schien daran gewöhnt zu sein.
    »Wir möchten mit Keith Teasdale sprechen«, sagte sie.
    »Warum sagen Sie das nicht gleich? Jetzt ist er weg. Nach Feierabend zischt er sofort ab zu seinem anderen Job in Lowbridge.«
    »Beim Schlachthof?«, fragte Cooper.
    »Ganz richtig. Da finden Sie unseren Schlitzer.«
    »Wieso Schlitzer?«, fragte Fry.
    »Das ist sein Spitzname. Wenn Sie ihn höflich fragen, zeigt er Ihnen vielleicht, was es damit auf sich hat.«
    Ohne ihren Gruß zu erwidern, blickte Pilkington ihnen finster nach. Auf dem Weg zum Auto humpelte Fry leicht.
    »Hast du dich verletzt?«, fragte Cooper.
    »Ich bin bloß ausgerutscht. Der Boden war an ein paar Stellen noch nass.«
    »Ahm, Diane, deine Schuhe haben auch ein bisschen was abgekriegt. Sieht aus wie Kuhscheiße.«
    Fry sah auf ihre Füße herab. »Viehtrieb«, sagte sie.
     
    Lowbridge war offiziell ein eigenständiges Dorf, doch die zunehmende Erschließung im Tal hatte es praktisch mit Edendale zusammenwachsen lassen. Statt grüner Feldern und Gehöften trennte die beiden Orte lediglich ein Schild. Die Häuser davor gehörten zu Edendale, die dahinter zu Lowbridge.
    Im Gegensatz zum Viehmarkt war der Schlachthof modern und blitzsauber, mit rostfreiem Stahl und weißen Kacheln. Er glich einem blank geschrubbten, riesigen Pissoir. Es roch nach Desinfektionsmitteln, und drinnen bewegten sich Gestalten in Plastikschürzen und langen Stiefeln, die Haare unter weißen Hauben versteckt. Die Atmosphäre erinnerte Fry an einen Operationssaal.
    »Ben«, sagte sie. »Teasdale behauptet zwar, er habe sich mit gutem Grund oben in Ringham aufgehalten, als Jenny Weston ermordet wurde …«
    »Aber du kaufst es ihm nicht ab. Macht dir sein Spitzname Sorgen? Schlitzer – das wäre doch wohl ein bisschen zu offensichtlich, oder? Ungefähr, als wenn ein Einbrecher mit einem gestreiften Kittel und einer Tüte herumläuft, auf der ›Beute‹ steht.«
    »Schau dir an, wo er hier arbeitet. Da lernt er doch wohl den
    Umgang mit einem Messer – und hat freie Auswahl unter lauter schönen, scharfen Klingen.« Es nervte sie, dass er keine Antwort gab. »Es liegt für dich zu sehr auf der Hand, ja? Du suchst vermutlich lieber nach den tieferen Bedeutungen?«
    »Nicht unbedingt. Aber ich finde, wenn man sich in Gedanken offen hält, kommt oft frischer Wind in eine Sache.«
    »Red du mir nicht von Offenheit. Deine Gedankengänge sind so was von hinterwäldlerisch, das grenzt schon an Beschränktheit.«
    »Danke.«
    Fry holte tief Luft. »Reden wir erst mal mit Teasdales Chef, bevor wir uns den Mann selbst vornehmen.«
    Sie spähte vorsichtig um die Ecke. Gott sei Dank, weder tote Tiere noch Blutlachen.
     
    »Teasdale?«, fragte der Chef. »Keith Teasdale? Ja, der arbeitet bei uns.«
    Sein Büro sah aus wie jedes andere – ein Computer in der Ecke und ein Schreibtisch mit Bergen von Papieren. Offenbar schlug sich der Betreiber eines Schlachthofs mit noch mehr Papierkram herum als ein Polizeibeamter. Aber das war kaum vorstellbar. Die Arbeitskleidung des Chefs hing in einer Art Vorraum neben einem Wäschbecken.
    »Wenn es unbedingt sein muss, können Sie natürlich mit Teasdale reden. Er schwirrt sicher irgendwo hier herum.«
    »Wie lange arbeitet er schon bei Ihnen?«, fragte Fry.
    »So ein, zwei Jahre. Da müsste ich nachsehen. Er arbeitet nur Teilzeit.«
    »Aber er hat Erfahrung?«
    »Erfahrung? In … in welcher Hinsicht?«
    »Erfahrung im Umgang mit einem Messer? Tiere ausbluten lassen, ihnen die Kehle durchschneiden und so weiter. Was Sie hier eben so machen.«
    »Teasdale?« Der Chef starrte Fry verblüfft an. »Wir sprechen doch von Keith Teasdale, oder?«
    »Ja, Sir.«
    Der Chef fing an zu lachen. »Erfahrung im Umgang mit einem Messer.« Er

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