Die schwarze Hand des Todes
mit Warren verheiratet, da ist es wohl kein Wunder.«
Teasdale schien die Unterhaltung zu langweilig zu werden. Er klatschte den Blättermatsch schwungvoll in eine Schubkarre.
»Haben die da drin Ihnen erzählt, wie sie mich nennen?«, fragte er.
»Ja, das haben sie.«
Teasdale nickte. »Das finden sie ganz toll. Lachen sich kaputt darüber, hier und beim Markt. Und zu allen sagen sie, sie sollen es sich doch vorführen lassen. Zu Ihnen auch?«
»Ja«, erwiderte Cooper. »Aber bemühen Sie sich nicht.«
Richtung Ringham Edge schlichen sie hinter einem Traktor her, dessen Anhänger hoch mit Strohballen beladen war. Goldene Halme wirbelten sich frei und streiften die Windschutzscheibe.
»Auf Leachs Farm sollten wir möglichst die ganze Familie zu Gesicht bekommen«, sagte Cooper.
»Wozu das?«
»Irgendwas stimmt da nicht.«
»Die Aussagen deuten nicht daraufhin.«
Cooper betrachtete sie von der Seite. Sie wurde wirklich immer dünner. Sie wirkte hager und abgehetzt, nicht mehr so robust und kantig wie noch vor ein paar Monaten, als sie aus den West Midlands hierher kam. Sie trug auch ihr Haar kürzer; es sah aus, als hätte sie es irgendwann satt gehabt und mit einer Schere einfach um zehn Zentimeter gestutzt.
Noch etwas fiel ihm auf: Seit sie wieder hier war, hatte Diane Fry noch kein einziges Mal seinen Vater erwähnt. Sergeant Joe Cooper spielte für sie keine Rolle.
Was sie wohl nach Dienstschluss machte? Heute zum Beispiel, an ihrem Feierabend? Doch bei dieser Frage ließ seine Fantasie ihn ausnahmsweise komplett im Stich.
Er hatte Todd Weenink versprochen, heute Abend mit ihm einen trinken zu gehen. »Auf eine Runde« hatte Weenink gesagt, was hieß, dass er sich voll laufen lassen wollte. Cooper wäre eigentlich lieber zur Probe des Polizeichors gegangen. Im Winter hatten sie die meisten Aufführungen, in Gemeindesälen und Altersheimen der umliegenden Orte. Außerdem wusste er mittlerweile, wie übellaunig und aggressiv sein Kollege werden konnte, wenn er getrunken hatte.
Aber sie waren nun einmal Partner, und deshalb konnte er sich um solche Sauftouren nicht drücken. Sie waren so eine Art von Verbrüderung. Seit seine Ehe gescheitert war, hatte Weenink sonst niemanden mehr, bei dem er sich aussprechen konnte. In seinen Beziehungen zu Frauen standen Gespräche vermutlich nicht im Vordergrund. »Auf eine Runde« hieß, dass
Weenink jemanden zum Reden brauchte; es war das verschlüsselte Eingeständnis, wie einsam er sich fühlte. Und genau deshalb schaffte Cooper es nicht, nein zu sagen.
Warren Leach stand auf der Winterweide der Ringham Edge Farm. Seine Stimme klang wie erstickt vor Zorn.
»Bringt das Vieh her«, sagte er.
Seine Söhne sahen ihn mit offenem Mund an; Dougie war den Tränen nahe. Beide wussten sie Bescheid, was mit den Tieren auf der Farm passierte. Sie hatten die Riesengrube gesehen, die der Bagger vor einiger Zeit hinter der Scheune ausgehoben hatte. Und sie hatten die Schüsse gehört, mit denen ein Mutterschaf nach dem anderen erledigt wurde. Danach waren sie aus dem Haus geschlichen und hatten in schaudernder Erregung vor dem frisch aufgeworfenen Erdhügel gestanden. Sie versuchten, sich die leblosen Leiber der Schafe unter ihren Füßen vorzustellen: wie sie da auf dem Rücken lagen, mit glasigen Augen, die dünnen Beine steif emporgereckt, feuchte Erdklumpen in Fell und Maul.
»Nein, Dad. Bitte nicht«, sagte Will.
Sein flehender Ton brachte Leach um den letzten Rest an Selbstbeherrschung.
»Rede ich vielleicht zur Wand? Setzt euren Arsch in Bewegung und holt das Vieh her, aber fix! Sonst bläue ich’s euch mit dem Gürtel ein.«
Unentschlossen zog Will seinen Bruder am Ärmel mit sich weg. Aus einem alten Segeltuchbeutel zog Leach das Bolzenschussgerät, das Keith Teasdale ihm überlassen hatte. Stählern, schwer und solide lag es in seiner Hand.
»Scheißvieh«, murmelte er vor sich hin. »Frisst mir die Haare vom Kopf. Schluss damit.«
Er dachte an den Tag, als sie das Kalb auf dem Viehmarkt in Edendale gekauft hatten. Yvonne hatte es selbst ausgesucht, es war ihre Idee gewesen, es den Jungen zu schenken. Ein Prachtkalb, aus dem bestimmt eine hübsche Färse geworden wäre.
Aber Leach konnte es nicht mehr sehen, seit Wochen schon nicht. Es glotzte ihn so vorwurfsvoll an wie ein verfluchter Märtyrer; sein glänzendes Fell war ein Luxus, den er sich einfach nicht leisten konnte.
Mittlerweile ertrug er nicht einmal mehr den Gedanken, dass das Tier noch auf
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