Die schwarze Hand des Todes
bis alle nach seiner Pfeife tanzten.
Leach war in einem Schuppen mit den Traktoren zugange; in seinem Blick lag unverhohlene Feindseligkeit.
»Da schau her, unser Ranger Junior. Was liegt denn an?«
Mark rief sich Owens Ratschläge ins Gedächtnis, wie er mit aggressiven Reaktionen umgehen sollte. Manchmal sei es nötig, hatte er gesagt, auch die andere Wange hinzuhalten und über ungehobelte Provokationen hinwegzusehen. »Diplomatisches Vorgehen«, so seine Worte.
»Ich möchte mit Ihnen über Owen Fox sprechen, Mr Leach.«
»Der? Dem geht wohl der Arsch auf Grundeis. Sind ihm auf die Schliche gekommen, stimmt’s?«
»Wissen Sie etwas über die Sache?«
»Nur so viel, dass ich ihm keine Träne nachweine«, sagte Leach. »Ich habe schließlich an zwei Söhne zu denken.«
Mark runzelte die Stirn. Er hatte eine andere Antwort erwartet. »Was meinen Sie damit?«
»Was ich damit meine?« Leach blickte schlagartig noch finsterer drein. »Ich will doch hoffen, dass Sie nicht auch an meinen Jungs interessiert sind. Oder hat Ihr Kumpel Sie auf die gleiche Schiene gebracht?«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Die zwei komischen Vögel im Steinbruch, denen Sie’s neulich gezeigt haben: Wenn Sie mich fragen, hätte ich bei denen verdammt noch mal weniger Bedenken wegen meiner Jungen als bei Ihrem sauberen Freund.«
Mark blickte überhaupt nicht mehr durch. »Von wem reden Sie eigentlich?«
»Von wem wohl?« Leach lachte freudlos. »Vom Lone Ranger. Dem Halbgott in Rot. Von Ihrem Kumpel, Owen Fox. Der Weihnachtsmann, so nennen die Kinder in der Gegend hier ihn doch. Sie denken, er ist der Nikolaus, wenn er mit seiner roten Jacke zu ihnen in die Schule kommt. Und dann setzt er sich die kleinen Jungs aufs Knie und holt was Hübsches für sie aus dem Sack.«
Mark sah ihn verständnislos an.
»Was denn, was denn?«, sagte Leach. »Hat Sie wohl auch schon mal auf dem Schoß geschaukelt, was? Ich dachte, er hätte es gern ein bisschen jünger, der Scheißkerl.«
Mark überkam die blinde Wut, tief aus seinen Eingeweiden heraus, keinem Argument zugänglich und erschreckend in ihrer instinktiven Wucht. Ohne zu überlegen, sprang er auf den Farmer los und drosch wie wahnsinnig mit den Fäusten auf ihn ein.
Leach gab Mark eins aufs Maul und schickte ihn damit zu Boden. Er empfand eine wilde, ungezügelte Freude, endlich einmal zuschlagen zu können. Zornrot rappelte Mark sich auf, doch seine planlosen Konterschläge prallten an Leachs Schultern und Brustkorb wirkungslos ab. Nach zwei weiteren Volltreffern ins Gesicht lag der junge Ranger erneut am Boden, blutend und weinend.
Mark tastete nach einem Zahn, der nur noch locker saß, und wischte sich das Blut vom Mund. Bei aller Hilflosigkeit wollte er bloß eins: Leach wissen lassen, dass er nicht wegen der Schmerzen weinte.
Plötzlich bemerkte Leach seine Söhne, die mit weit aufgerissenen Augen um die Ecke des Kuhstalls lugten. Und da lag Mark im Staub, besiegt und gedemütigt, letztlich bloß ein Junge wie sie beide auch.
»Na los, hauen Sie ab«, sagte er.
Kaum war der Ranger fort, fiel Warren Leach in ein tiefes schwarzes Loch. Die Jungen hatten sich irgendwohin verzogen. Um das Kalb mussten sie sich jedenfalls nicht mehr kümmern. Das hatte beim Verkauf einen hübschen Preis erzielt, mit dem sich wenigstens ein paar der unzähligen Rechnungen begleichen ließen. Für ein, zwei Tage hatten sie zu essen – und genügend Whisky im Schrank: Das war für Leach in letzter Zeit das Wichtigste.
Die Jungen hatten sich vor ihm versteckt. Sie hielten Abstand zu ihrem Vater, das war ihm schon aufgefallen. Aber warum sollten seine eigenen Söhne ihm aus dem Weg gehen? Sicher steckte ihre Mutter dahinter. Nach all den Jahren war sie nun offenbar gegen ihn. Hielt zweifellos weiter Kontakt mit den Jungen und brachte sie gegen ihn auf. Keine Ahnung, wie sie das schaffte, aber irgendwie träufelte sie Gift in ihre Hirnwindungen. Sie waren nicht mehr so nett und brav wie früher.
Zugegeben, er war nicht immer der perfekte Vater gewesen. Und Will und Dougie hätten nicht sehen dürfen, wie er auf den jungen Ranger einprügelte. Erst hatte er gedacht, sie würden ihn dafür bewundern, würden den starken Vater in ihm sehen, der er immer gewesen war und der sich vor nichts und niemandem fürchtete. Doch jetzt schämte er sich eher. Das Jüngelchen, das er da zusammengeschlagen hatte, war schließlich nur ein paar Jahre älter als seine eigenen Söhne.
Wenn Leach darüber
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