Die schwarze Hand des Todes
das Sie aus dem Haus getrieben hat«, sagte Fry.
Yvonne Leach nickte. Sie bot ihnen einen Platz auf dem Bett an, und dann erzählte sie ihnen, dass ihr Mann sie mit Drohungen zum Sex gezwungen und sogar das Türschloss aufgebrochen hatte, als sie aus dem ehelichen Schlafzimmer ausgezogen war.
»Er ist förmlich von Sex besessen, seit jeher. Das war eins von den Dingen, die mir früher an ihm gefallen haben.«
Seit es mit der Farm finanziell bergab ging, war es mit Warren immer schlimmer geworden. Sie wusste nicht, wie hoch die Schulden waren – über so etwas hatte Warren nie mit ihr geredet –, aber die Lage war ernst. Sie konnte verstehen, dass Warren trank. Der Abstieg machte ihm schwer zu schaffen. Doch wenn er getrunken hatte, wurde er nur noch gereizter und ließ es immer an ihr aus. Allein ihre Anwesenheit schien ihn zu provozieren. Die Jungen sollten das nicht länger mit ansehen, deshalb war sie gegangen. Wenn sie aus dem Weg war, würde Warren sich vielleicht etwas beruhigen und weniger trinken.
»Es war die schwerste Entscheidung, die ich je getroffen habe«, sagte sie.
Yvonne Leach gehörte zu den Frauen, dachte Cooper, die nur existieren konnten, solange sie das Gefühl hatten, gebraucht zu werden und eine sinnvolle Rolle im Leben auszufüllen. Vor einem Ausbruch aus dieser Rolle scheuten sie zurück, aus Angst, die Lücke hinter ihnen werde sich sogleich wieder schließen. Yvonne würde im Nu vergessen sein, davor fürchtete sie sich; der Rest der Menschheit würde weiterleben, als wäre nichts geschehen, als hätte sie nie existiert. Und damit wäre klar, dass ihr Leben vollkommen bedeutungslos gewesen war.
»Ich liebe ihn nämlich immer noch«, sagte Yvonne.
Die Pensionsinhaberin klopfte und brachte Tee auf einem Tablett. Ihr neugieriger Blick schien zu besagen, dass sie gewillt war, die Besucher willkommen zu heißen, solange sie sich nicht mit Schuhen aufs Bett legten oder die Seife mitgehen ließen.
Cooper nahm einen Schluck Tee. Eine wässerige, fade Brühe. »Hat Ihr Mann viel Besuch gehabt, Mrs Leach?«
Sie ließ sich Zeit mit der Antwort. Ihre plötzlich verhärtete Miene erinnerte ihn flüchtig an Warren. Es musste eine Zeit gegeben haben, in der sie Gemeinsamkeiten gehabt hatten.
»Sie haben sich sicher auch schon gefragt, was in dem großen Schuppen vor sich geht?«, setzte er nach.
Yvonne nickte. Sein sanfter Ton trieb ihr die Tränen in die Augen.
»Es war entsetzlich. Die Männer kamen abends, wenn die Jungen im Bett waren. Warren hatte mir verboten, das Haus zu verlassen, aber trotzdem hörte ich die Hunde knurren und kläffen. Ich konnte mir schon denken, was da ablief. Warren sagte, anders könnte er die Schulden im Leben nicht abbezahlen. Aber bei den Leuten, mit denen er sich da abgab, musste ja irgendwann etwas schief laufen. Er ist nun mal nicht der Hellste. Mir war klar, dass sie ihn irgendwie übers Ohr hauen würden.«
»Und was ist schief gelaufen, Mrs Leach?«
»Ich weiß es nicht. Nach einem dieser Abende hatte er morgens eine Stinklaune. Er war besorgt, aber auch wütend.«
»Sie wissen nicht, was vorgefallen ist?«
»Nein, er hat kein Wort mit mir darüber geredet.«
»Wann war das?«
»Ungefähr vor sechs Wochen. Ich weiß es noch so genau, weil von da an mit den Treffen Schluss war. Sonst sind die Männer jede Woche am Sonntagabend gekommen.«
»Und warum dann nicht mehr, was meinen Sie?«
»Ich habe immer gedacht wegen des Rangers«, sagte sie.
»Owen Fox? Wollen Sie damit sagen, dass er an der Sache beteiligt war?«, fragte Fry.
»Nein, nein. Aber er wusste Bescheid. Ich glaube, er weiß über alles Bescheid, was in der Gegend passiert. Er hat mich gebeten, auf Warren einzuwirken, damit die Sache ein Ende hätte. Auf Warren einwirken! Ihm war natürlich nicht klar, wie es zwischen uns stand.«
»Aber warum ist er so vorgegangen? Er hätte doch einfach Meldung machen können?«, fragte Fry.
»Er wollte Warren nicht noch zusätzlich in Schwierigkeiten bringen. Er fürchtete wohl, dass damit das Maß endgültig voll wäre.«
»Und hat Ihr Mann davon etwas erfahren?«
»Weder von mir noch von dem Ranger.«
»Aber aus irgendeinem Grund haben sie mit den Kämpfen aufgehört«, sagte Fry.
»Ja.«
Fry blickte Cooper an und quittierte sein Kopfschütteln mit einem Stirnrunzeln.
»Waren Frauen mit im Spiel?«, fragte sie.
»Nein, ich glaube, nur Männer«, sagte Yvonne. »Aber ich habe natürlich nie irgendwen gesehen.«
»Ich meinte, andere
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