Die schwarze Hand des Todes
sie vorhatte, und habe ihr dabei geholfen. Genau genommen bin ich an einem Komplott zu einem Sprengstoffanschlag beteiligt.«
Die beiden Beamten schwiegen. Im Augenblick beschäftigten sie dringlichere Probleme.
»Ros hatte das Benzin in zwei große Plastikwasserflaschen gefüllt. Keine Ahnung, wer ihr das beigebracht hat. Ich weiß ja nicht einmal, wie ihre Erziehung eigentlich ausgesehen hat und wer ihre Adoptiveltern sind. Ich weiß absolut nichts von ihr – von meiner eigenen Tochter. Vielleicht hätte ich im Lauf der Zeit einiges zurechtrücken können. Aber die Chance haben sie mir genommen.«
»Wen meinen Sie mit ›sie‹?«
»Die Männer auf der Farm. Die Teilnehmer an den Hundekämpfen. Sie haben Ros umgebracht.«
»Sind Sie sicher? Haben Sie es gesehen?«
»Gesehen nicht. Aber gehört.«
»Erzählen Sie uns bitte davon.«
»Bei der Farm muss irgend etwas schief gelaufen sein. Ich habe beide Sprengsätze detonieren hören. Der zweite klang leiser als der erste. Keine Ahnung warum, aber Ros kam nicht so schnell weg wie geplant. Die Männer setzten ihr nach, mit ihren Kampfhunden, über den Hügel bis hinauf zum Tower. Dort war ja unser Treffpunkt, dort wollte sie hin, und ich sollte tun, was in meiner Macht stand, um sie vor Gefahr zu bewahren. Aber sie hatte nicht die geringste Chance. Den Männern wäre sie vielleicht noch entwischt, irgendwohin ins Dunkle zwischen die Bäume. Aber den Hunden nicht.«
»Das hieße, Ros hätte es gar nicht bis zum Tower hinaufgeschafft …«
»Ich habe die Männer brüllen hören. Und irgendwo im Dunkeln bellten und knurrten die Hunde. Ich wusste nicht, was vor sich ging, und ich sah absolut nichts. Dann kam ein Schrei –« Maggie stockte. »Das Einzige, woran ich mich noch erinnere, ist der Mann, der plötzlich auf mich zugerannt kam, und dann das Messer und der Schmerz …« Sie blickte zu Tailby. »Sagen Sie mir, was ist denn genau mit Ros passiert?«
»Ihre Tochter hat versucht, den Hunden zu entkommen, und ist dabei über einen der Katzensteine oben beim Tower in die Tiefe gestürzt.«
Maggie brauchte ein paar Sekunden, um die Vorstellung zu verdauen und sie mit dem Bild zu vereinbaren, das sie sich von der Situation gemacht hatte. »Welche Ironie. Alles wegen der Hunde. Der Hunde, die sie retten wollte.«
»Ich fürchte, diese speziellen Hunde waren zum Töten abgerichtet«, sagte Tailby. »Im Rahmen unserer Verhaftungen haben wir insgesamt sechs Pitbull-Terrier festgesetzt. Ihr Schicksal ist so oder so besiegelt.«
»Also ist sie an den Folgen des Sturzes gestorben.« Maggie holte tief Luft. »Wird die Staatsanwaltschaft Anklage wegen Mord erheben? Oder werden die Männer auf Totschlag plädieren? Tut mir Leid, aber da meldet sich wieder die Juristin in mir.«
Tailby sprach sehr langsam. »Es sieht leider so aus, als ob Ihre Tochter nicht direkt durch den Sturz gestorben ist. Die Pathologin ist der Ansicht, dass sie noch eine Weile gelebt hat, als sie auf dem Sims lag. Sie ist noch ungefähr einen halben Meter gerobbt. Unter ihren Fingernägeln haben sich Sandpartikel von der Stelle gefunden, wo sie gelegen hatte.«
Maggie wurde kalkweiß, und die ruhige Bestimmtheit schwand aus ihrem Blick. »Sie hat also noch gelebt. Und ich habe sie ihrem Schicksal überlassen.«
»Das konnten Sie doch nicht wissen«, sagte Cooper.
»Ich habe sie dort dem Tod überlassen.«
Der Chief Inspector warf seinem Kollegen einen scharfen Blick zu. Doch Cooper verstand, was in Maggie vorging. Er kannte die unerbittlich nagenden Schuldgefühle, beim Schutz einer Person, die auf ihn vertraute, versagt zu haben.
»Sie hätten nichts mehr ändern können«, sagte er.
»Ich habe sie ein zweites Mal im Stich gelassen«, sagte Maggie. »Und diesmal kommt sie nicht mehr zurück.«
Maggie durfte sich eine Weile ausruhen. Sie würde noch lange in Untersuchungshaft bleiben, bis ihr Fall vor Gericht kam. Ohne weiteres Beweismaterial ließ sich nicht entscheiden, wie viele Mordanklagen gegen sie erhoben werden würden.
»Warum haben Sie sich der Tierschutzbewegung angeschlossen?«, fragte Tailby sie später.
»Ich wollte herausfinden, wo Ros hingegangen war, warum sie sich nicht bei mir gemeldet hatte. Ich konnte mich nicht mehr richtig erinnern und dachte, ich hätte die Einzelheiten durcheinander gebracht, so wie in einem Albtraum. Und vor allem konnte ich einfach nicht glauben, dass sie tot war. Ich dachte, sie hätte mich fallen gelassen, weil sie mich nicht mehr
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