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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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mehr, als sie zugab. Sie hatte den Angreifer gesehen und die Attacke überlebt. Vermutlich handelte es sich um denselben Täter, der Jenny Weston getötet hatte. Mehr als je zuvor war die Polizei jetzt auf die Informationen angewiesen, die sie in sich einkapselte.
    Fry fragte sich, wie sicher die Wohnung war. Sie lag im zweiten Stock des Derwent Court, eines ehemaligen Hotels, das noch aus viktorianischer Zeit stammte, als Matlock ein Kurort gewesen war. Es hatte jahrelang leer gestanden. Dann war der Bedarf an Wohnraum durch den Zustrom städtischer Angestellter sprunghaft angestiegen, und man hatte das Hotel in Eigentumswohnungen umgewandelt. Die betuchten Bewohner genossen einen unbezahlbaren Blick auf das Tal des Derwent und konnten die Seilbahnen zählen, mit denen die Touristen auf die Heights of Abraham fuhren.
    Wenigstens hatte das Haus einen Portier. Fry würde ihm nachher noch sagen müssen, dass er die Besucher des Derwent Court von nun an besonders gründlich unter die Lupe nehmen sollte.
    Sie starrte in die Dunkelheit hinaus. Weiß und nackt leuchtete von Süden her die verwüstete Bergflanke herüber. Es hatte keine Versuche gegeben, die Narben, die durch die Sprengungen entstanden waren, zu kaschieren. Mahnend erinnerten sie an die Sünden der Vergangenheit. Und vielleicht stellten sie auch eine Warnung da. Eine Warnung davor, was sich jederzeit wieder ereignen konnte – wenn man es nicht verhinderte.
    »Ja, für manche Dinge braucht man eben Zeit«, sagte Maggie. »Für andere braucht man ein Wunder.«
     
    Ben Cooper hatte sich bereits ein klares Bild von Jenny Weston gebildet. Ausnahmsweise mangelte es in diesem Fall einmal nicht an Details. Der Eintrag im Register des Fahrradverleihs lieferte die ersten nackten Fakten. Darüber hinaus konnte der Verleiher sogar sagen, welchen Wägen sie gefahren hatte. Sie öffneten ihn und fanden im Handschuhfach Jennys Tasche mit ihrem Kalender, der auf der ersten Seite alle erdenklichen Angaben über sie enthielt, fein säuberlich eingetragen: nicht nur die Namen, sondern auch die Adressen und Telefonnummern ihrer nächsten Angehörigen, ihr Geburtsdatum, ihre Sozialversicherungs-, Konto- und Handynummer, die Namen ihres Haus-, Zahn- und Tierarztes, ihre Konfession, die Adresse der Versicherung, bei der sie arbeitete, ihre National-Trust-Mitgliedsnummer, Körpergröße, Gewicht und Schuhgröße. Und ihre Blutgruppe.
    Und dann die Auskünfte von ihrem Vater, Eric Weston, der sich, nachdem er die Nachricht erhalten hatte, sofort ins Auto gesetzt hatte und von Alfreton nach Partridge Cross gefahren war. Als Cooper von der Ringham Edge Farm in die Rangerstation zurückkam, konnte er an seiner Befragung durch Chief Inspector Tailby teilnehmen. Mr Weston hatte ihnen nur allzu gern von seiner Tochter erzählt. Er ging so eifrig ins Detail, als ob ihm erst durch die ausführliche Schilderung wieder bewusst würde, was für ein Mensch Jenny eigentlich war. Gewesen war.
    Jenny hatte mit einundzwanzig geheiratet, gegen den Willen der Eltern, die ihren Mann, Martin Stafford, nicht mochten. Diese Geschichte hörte man als Polizeibeamter immer wieder. Die meisten Eltern waren der Ansicht, dass der Mann, den sich ihre Tochter ausgesucht hatte, nicht gut genug für sie war. Aber in diesem Fall hatten die Eltern Recht behalten. Nach ungefähr dreieinhalb Jahren Ehe kam Staffords gewalttätige Seite zum Vorschein. Jenny blieb noch zwei Jahre bei ihm, um sich dann endgültig von ihm zu trennen.
    Es war das alte Lied. Eine misshandelte Ehefrau, die sich nur zögernd eingestand, dass ihre Ehe nicht mehr zu retten war, weil sie überzeugt war, dass ihr Mann nur aus Liebe zu ihr handelte. Cooper begriff nicht, warum sich manche Frauen so lange an ihre Ehe klammerten. Es dauerte lange, bis sie der Wahrheit ins Gesicht sahen.
    Mr Weston war stellvertretender Direktor an einer weiterführenden Schule im Eden Valley. Sein müder Blick war typisch für einen nicht mehr ganz jungen, ausgelaugten Lehrer. Er hatte eine Halbglatze, umrahmt von einem Kranz wirrer, lockiger Haare, die im Nacken zu lang waren. Sein grauer Anzug glänzte an den Knien, und es umgab ihn ein undefinierbarer Geruch, der Cooper an seine eigene Schulzeit erinnerte. Kreide und muffige Schulbücher, Kantinenessen und Schuljungen mit ungewaschenen Hälsen.
    Mr Weston machte Martin Stafford für Jennys Tod verantwortlich, obwohl sich die beiden, das gab er offen zu, seines Wissens seit zwei Jahren nicht mehr gesehen

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