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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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hatten.
    »Das ist ihm zuzutrauen, dass er wieder bei ihr angekrochen gekommen ist. Und Jenny hätte sich bestimmt mit ihm getroffen, ohne uns etwas davon zu sagen.«
    »Wissen Sie, wo Mr Stafford wohnt?«, fragte Tailby.
    »Nein, leider nicht. Ich glaube allerdings, dass Jenny es wusste. Aber davon hat sie uns ebenfalls nichts erzählt.«
    »Warum nicht?«
    »Weil sie dachte, wir würden uns einmischen. Wir haben uns solche Sorgen um sie gemacht. Wenn es um diesen Kerl ging, konnte man nicht mit ihr reden.«
    »Die beiden hatten keine gemeinsamen Kinder?«
    »Nein.«
    »Da kann man ja fast zum Glück sagen.«
    »So würde ich es nicht unbedingt ausdrücken«, antwortete Mr Weston.
    Jenny hatte Stafford während des Studiums an der University of Derby kennen gelernt. Er war Journalist und schrieb für das Lokalblatt, den Evening Telegraph – als gestandener Reporter mit einem Flair für ungewöhnliche Themen, so beschrieb er sich zumindest selbst. Laut Mr Weston hatte Stafford ein neunmalkluges, zynisches Image gepflegt, zu viel getrunken und sich im Grunde für nichts und niemanden interessiert, außer für sich selbst und für seine Karriere.
    »Jenny wollte Radiologin werden«, sagte er. »Sie war bereits im dritten Studienjahr und sehr erfolgreich. Ohne Stafford hätte sie es weit bringen können. Sie hat ihn in Derby in einem Pub kennen gelernt, und er hatte es von Anfang an auf sie abgesehen. Sie war ein attraktives Mädchen. Und viel zu vertrauensselig.«
    »Was passierte?«
    »Sie war völlig vernarrt in ihn. Sie wollte nicht auf uns hören, als wir sie gewarnt haben, dass sie ihr Studium nicht vernachlässigen soll, dass ihre eigene Karriere wichtiger war. Sie hat schließlich die Uni abgebrochen, um Stafford zu heiraten. Sie wollte mit ihm eine Familie gründen. Das mussten wir akzeptieren.«
    »Aber sie haben keine Kinder bekommen?«
    »Nein. Irgendwann haben sie sich scheiden lassen.«
    Nach der Trennung kam es immer wieder zu Streit und Versöhnung, für Jennys Vater nur ein weiterer Beweis dafür, wie geschickt Martin Stafford seine Tochter manipulieren konnte. Er hatte eine unerklärliche Macht über sie, die er nicht verlieren wollte. Es dauerte quälend lange, bis die Scheidung endlich durch war.
    »Nachdem es endlich vorbei war, hat Jenny bei der Global Assurance in Derby eine Stelle gefunden«, sagte Mr Weston. »Aber als dann in Sheffield das neue Call-Center eröffnet wurde, musste sie umziehen. Das haben wir gar nicht gern gesehen. Sie war ja nun so weit weg von uns. Sie nahm sich ein Reihenhäuschen draußen in der Ecclesall Road. Da wohnte sie dann allein mit ihrer Katze. Wenn sie wenigstens einen Hund gehabt hätte … Ihre Mutter hat sich große Sorgen um sie gemacht. Genau wie ich.«
    »Sie hatten Angst, Mr Stafford könnte wieder den Kontakt zu ihr suchen?«
    »Ja, natürlich. Und dass wir nichts davon erfahren würden. Es hätte Gott weiß was passieren können.«
    »Aber es ist nichts passiert?«
    »Nein. Jedenfalls nicht, soweit wir wissen.«
    Mr Weston versuchte sich an die häufig wechselnden Freunde zu erinnern, mit denen sich Jenny in Sheffield eingelassen hatte. Nicht einer der Kerle taugte etwas, davon war er noch immer überzeugt. Für Ben Cooper hörte Jenny sich wie eine Frau an, die etwas suchte, was sie nie finden würde, wie eine Frau, die ihr Urteilsvermögen über Bord geworfen hatte. Warum? Als eine Art Buße? Irgendwann hatte Jenny eine Abtreibung gehabt, von der ihr Vater erst sehr viel später von seiner Frau erfuhr.
    »Das konnte ich überhaupt nicht begreifen«, sagte er kopfschüttelnd. Er hatte Tränen in den Augen. »Und ich werde es auch nie verstehen. Jenny hat sich doch immer Kinder gewünscht.«
    Jenny hatte ihre Arbeit gehasst. Sie war gut gewesen, war sogar zur Abteilungsleiterin befördert worden. Sie hatte fünfundzwanzig Frauen unter sich, trug Verantwortung und bekam ein gutes Gehalt, sie wurde von ihren Vorgesetzten und Kolleginnen gleichermaßen geschätzt, aber sie hasste ihren Beruf.
    »Sie sagte, es wäre der reinste Ausbeuterbetrieb. Das fand sie unerträglich. Dauernd dieser Druck und die unerreichbaren Zielvorgaben, die ständige Überwachung durch die Vorgesetzten, die kontrollierten, dass man auch ja keine Pause machte. Und dazu die Monotonie und die Anstrengung, die es sie kostete, immer höflich zu den Kunden zu sein, die sie eigentlich nur abwimmeln wollten. Ach ja, und über die Poster an den Wänden hat sie sich auch noch beklagt. Poster,

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