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Die schwarze Hand des Todes

Titel: Die schwarze Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth
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der einem noch geblieben ist, viel mehr zu schätzen weiß?«, fragte Cooper.
    Owen sah ihn nachdenklich an. »Ja, da haben Sie Recht. Ich glaube übrigens, ich habe ein-, zweimal beruflich mit Ihrem Vater zu tun gehabt.«
    »Ja«, sagte Cooper. »Das würde mich nicht wundern.«
    Sie schwiegen eine Zeit lang, dann schmunzelte Owen in seinen Bart. »Nein, ich bin allein stehend. Ein glücklicher Junggeselle. Der typische Single: jung und frei und ungebunden. Na ja, vielleicht nicht ganz. Wirklich frei ist niemand.«
    Cooper nickte automatisch. In Gedanken war er auf der Ringham Edge Farm, bei Yvonne Leach und den beiden Jungen. Häusliche und familiäre Verpflichtungen, wie Owen sie beschrieben hatte, waren eine Sache. Aber ein Leben, das von Angst beherrscht wurde, war etwas völlig anderes.
    Instinktiv ahnte Cooper, dass sich das, was er auf der Farm beobachtet hatte, nur so erklären ließ. Nach außen hin war es vielleicht nicht auf Anhieb zu erkennen, aber es brodelte dicht unter der Oberfläche. Die Leachs waren Menschen, deren Leben von Angst beherrscht wurde.

5
    Seit Diane Fry in der Wohnung war, wandte die Frau den Kopf ab, blickte zum Fenster. Im Schein der Schreibtischlampe, der nur auf ihre linke Gesichtshälfte fiel, traten der hohe Wangenknochen und die gerade Nase scharf hervor. Die Haarsträhne, die sie sich hinter das Ohr gestrichen hatte, schimmerte golden, doch am Hals zeichnete das Licht gnadenlos die feinen Fältchen nach.
    Die Wohnung war mit einigen wenigen modernen Stücken möbliert und makellos sauber. Die kalte, harsche Beleuchtung zog klare Trennlinien zwischen Hell und Dunkel. Es war, als hätte jemand alles so geplant, dass man, wenn man in dem sachlich kühlen Raum umherging, immer genau wusste, wohin die Schatten fielen. Fry sah es förmlich vor sich, wie die Frau ihre Position in der Wohnung exakt einstudierte, ähnlich einer Schauspielerin, die sich über die Bühne bewegt und die ideale Stelle sucht, um dem Publikum ihre beste Seite zu präsentieren. Doch vielleicht huschte sie auch nur, vom Instinkt eines verwundeten Tiers geleitet, durch die dunklen Ecken. Denn es gab in diesem Zimmer keinen Spiegel, um die Wirkung zu überprüfen. Keinen Spiegel, nur einen hellen Fleck an der Wand, wo er gehangen hatte.
    Maggie Crew saß hinter dem Schreibtisch, als ob es sich bei der Unterredung mit Fry um ein Mandantengespräch handelte. Der Tisch war fast leer. Ein Telefon, ein Aschenbecher, ein Brieföffner, mehr nicht. Seitlich davon an der Wand hingen ein paar Bücherregale mit juristischen Fachbüchern und Zeitschriften, einer Stereoanlage in mattem Schwarz und akkurat aufgereihten CDs, deren Titel Fry aus der Entfernung nicht entziffern konnte.
    Hinter dem Schreibtisch war ein großes Schiebefenster. Der Blick ging über die Dächer von Matlock hinaus und weit bis hinunter zum Derwent, wo sich das Flusstal zu einer tiefen Schlucht verengte, überragt von einem durch Steinbrucharbeiten zerschundenen Berg, dessen Flanken die Narben von Sprengungen trugen. An einer Messingstange hing ein schwerer grüner Vorhang zum Schutz gegen das natürliche Tageslicht. Ansonsten war das Zimmer schmucklos. Es strahlte Selbstbewusstsein aus, ohne angeberisch zu wirken, und brachte auf subtile Weise zum Ausdruck, dass die Besitzerin auf äußerlichen Komfort nicht den geringsten Wert legte. Den Berichten zufolge ging Maggie Crew kaum noch aus dem Haus. Der Grund dafür, warum sie sich von der Welt abkapselte, lag auf der Hand. Sie war früher eine attraktive Frau gewesen.
    »Ich heiße Diane Fry, Maggie.«
    Maggie nickte. Sie trug eine Herrenarmbanduhr von Calvin Klein, ein minimalistisches Design aus geraden Linien und rechten Winkeln. Obwohl sie einen Block mit liniertem A4-Papier und einen silbernen Kugelschreiber vor sich liegen hatte, machte sie keine Anstalten, sich Frys Namen zu notieren.
    »Ich habe den Auftrag, eine Zeit lang mit Ihnen zu arbeiten, Maggie. Natürlich nur, wenn es Ihnen recht ist.«
    »Sie wissen doch, dass ich eingewilligt habe. Auch wenn ich nicht weiß, was es nützen soll.«
    »Ich möchte noch einmal alles mit Ihnen durchgehen, woran Sie sich erinnern. Jedes noch so kleine Detail könnte uns weiterhelfen.«
    Statt ihre Haare lang wachsen zu lassen, um ihre Entstellung zu verbergen, wie man es vielleicht erwartet hätte, hatte Maggie Crew sie sich kurz schneiden lassen, stirnfrei. Die linke Gesichtshälfte war glatt und weiß, wie bei einem Menschen, der sich zu oft im Dunkeln

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